Husum – Es ist ein Kreuz mit dem Klima! Wir spüren den Klimawandel auch bei uns, und immer drängender wird die Frage nach der Klimagerechtigkeit – denn schon jetzt sterben Menschen aufgrund unseres ausbeuterischen Umgangs mit der Schöpfung. „Wie viel Zeit bleibt noch?“, fragte darum die Kirchengemeinde Husum und lud zu einer Podiumsdiskussion in die Marienkirche ein.
Eingeladen waren Tobias Goldschmidt, Minister für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur, Gottfried Timm, Geschäftsführer des Unternehmens Kirchliches Energiewerk Mecklenburg und Ann-Kathrein Gräning, Auszubildende und „Klima-Aktivistin“ im besten Sinne. Denn sie engagiert sich für den Klimaschutz auf allen kirchlichen Ebenen bis hinauf zur EKD. Für sie sei, so erzählt sie, die Klima-Sail, an der sie teilgenommen hatte, zum Aha-Erlebnis geworden, dass Klimaschutz nicht nur wichtig und nötig sei, sondern darüber hinaus auch Spaß mache. Seitdem ist sie eine Art Botschafterin, die junge Menschen – und nicht nur die – motivieren möchte.
Tobias Goldschmidt von den Grünen ist erst seit einem dreiviertel Jahr im Amt. Davor war der studierte Politikwissenschaftler aber schon viele Jahre als Staatssekretär aktiv und an vielen Entscheidungen im Hintergrund beteiligt. „Wir hätten viel früher viel mehr tun müssen“, gab er zu. Aber er gab auch zu bedenken, dass Demokratie Prozesse nicht nur verbessere, sondern auch verlangsame. Da gebe es viele Verharrungskräfte und viele Lobbyisten, Politik habe die Aufgabe, sie alle zu hören und gute Kompromisse zu finden. Manchmal kollidieren Interessen wie zum Beispiel bei Windenergie und Artenschutz. Für die VertreterInnen der „Letzten Generation“, die mit Klebe- und Boykott-Aktionen Aufmerksamkeit erregen, habe er durchaus Verständnis. Wenn aber strafrechtliche Tatbestände vorlägen, sei das aus seiner Sicht nicht verhandelbar.
Gottfried Timm, studierter Theologe, ist Gründer und Geschäftsführer des Kirchlichen Energiewerks (KEW) Mecklenburg. Am Anfang stand die Idee, kirchliche Flächen und Länderein selber unternehmerisch zu nutzen zum Beispiel für Windenergie oder Photovoltaik. „Das KEW mit Sitz in Schwerin wurde 2014 vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Mecklenburg und dem Schweriner Energieversorger Wemag gegründet. Der Kirchenkreis ist mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter“, hieß es in einer epd-Meldung von 2020. „Das KEW soll konkrete Beiträge zur Unterstützung der Energiewende in Mecklenburg leisten.“ Große Themen sind außerdem E-Mobilität und die Energieberatung von Kirchengemeinden, wobei er bereits benannte Verharrungskräfte auch von Kirchens kennt. „Was zwischen Daumen und Zeigefinger funktioniert, das funktioniert auch bei Kirche gut“, sagte er lächelnd. Das meint: Wo sich Klimaschutz rechnet, da ist er gut vermittelbar.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Pastor Friedemann Magaard. Es wurde deutlich: Es ist eigentlich schon zu spät, der Klimawandel ist da, wir spüren ihn überall. Von Schadensbegrenzung sprach Ann-Kathrein Gräning, aber auch von der Kirche als Hoffnungsträgerin. Bildungsprojekte, um die Menschen mitzunehmen, regte Gottfried Timm an, Menschen wach zu machen, für die Spiritualität der Natur und diese einzubinden in liturgisches und rituelles Handeln, das wäre sein Wunsch. Tobias Goldschmitt stellte das Thema außerdem in den globalen Zusammenhang. „Das andere Regionen der Welt da nicht mitziehen, das macht mir richtig Angst“, gab er zu, wohl wissend, dass moderne Industriestaaten des Westens immer noch ihre Umwelt-Probleme ins Ausland verlagern. Es ist ein Kreuz mit dem Klima: Die Aufgabe ist groß, die Hoffnung aber auch.
Eine Fortsetzung der Gesprächsreihe in der Passionszeit gibt es am Freitag, 17. März ab19 Uhr in der Marienkirche. Dabei geht es um „das Kreuz mit Corona“. Gäste sind: Heiner Garg, ehem. Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren; Susanne Baum, Familienberatung Diakonischer Werk und Kinderschutzzentrum; Kirsten Zobel, Leiterin Soziale Begleitung Cura und Levke Schuchardt, Studentin