Wie Puppen lebendig werden

Husum – Sie niest, sie staunt, sie erschrickt, sie zögert, sie seufzt. Wenn Olaf Möller sich die große Puppe über die Hand streift, wird sie lebendig, und alle Augen folgen ihr gebannt. Spätestens als sie mit ihm zu schimpfen beginnt, vergessen auch Erwachsene, dass sie nur eine Puppe ist. „Olaf, du spuckst!“, sagt sie und schaut empört zum ihm hoch. „Tschuldigung“, sagt er und wischt sich über den Mund. Am Wochenende führte er in Husum in die Kunst des Puppenspiels ein.

Handpuppen für die pädagogische Arbeit

„Jedes Mal, wenn ich ins Evangelische Kinder- und Jugendbüro (EKJB) komme, sitzen da 40 Puppen und sagen: Spiel mit mir!“, so erklärte Susanne Kunsmann vom EKJB ihre Initiative, den Sozial- und Theaterpädogen aus Niedersachsen mal zu einem Workshop einzuladen. Im Flur des EKJB hocken sie neben alle nebeneinander im Regal, die großen Handpuppen, und warten drauf, dass jemand sie ausleiht. Die Pastoren Wiltraud Schuchard aus Bredstedt und Thomas Knippenberg aus Garding organisierten den Termin mit ihr gemeinsam, wissend, wie wertvoll die lebendigen Puppen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sein können. Insgesamt waren es 14 Teilnehmende aus verschiedenen kirchlichen Bereichen, die am Ende über Olaf Möller staunten und von ihm lernten. Einer kam sogar aus der Altenpflege. Er wollte wissen, ob und wie das Puppenspiel bei der Arbeit mit dem Demenzkranken nützlich sein könne.

Den Puppen Persönlichkeit geben

„Living Puppets“ – so werden die bis zu 65 Zentimeter großen Puppen genannt. Sie haben ein sogenanntes „Klappmaul“, in das der Spieler seine Hand einführt. Mit der zweiten Hand schlüpft er meist in einen Ärmel und bewegt so die Puppenhand. Olaf Möller gab viele praktische Tipps, und die Teilnehmenden lernten schnell, entwickelten sichtlich Spaß und identifizierten sich im Laufe des Tages zunehmend mit ihren zotteligen Partnern. „Wenn ihr ins Spiel geht, ist das eine Verwandlung, ein besonders verletzlicher Moment“, sagte er. Und er lud dazu ein, der Puppe Persönlichkeit und damit ein Stück von sich selbst zu geben. Er spiele zum Beispiel gerne mit den Kinderpuppen, erklärte er. Das innere Kind bleibe ja ein Teil von ihm. Und es mache ihm besonderen Spaß, die Puppe Nein sagen zu lassen. „Warum muss ich eigentlich die ganze Trotzphase den Kindern überlassen?“, sagte und lachte. Aber er möge es auch, in die Konfrontation zu gehen. Und beim ersten Handyklingeln ließ er eine etwas grimmig aussehende Figur mit tiefer Stimme über Handys in Workshop grollen, ohne dass irgendwer ihm hätte böse sein können.

Olaf Möller zauberte und verzauberte

Olaf Möller ist Sozial- und Theaterpädagoge, seit 1999 leitet der 52jährige national und international Fortbildungen und Workshops zum spielpädagogischen Einsatz großer Handpuppen. „Gebt den Puppen Emotionen“, riet er und zeigte den Teilnehmenden wie es geht: Neugierig reckten sich die Puppenhälse nach vorne, guckten forsch und frech in die Runde, senkten bedrückt ihre Köpfe, öffneten staunend ihre Münder und fuhren erschrocken zurück. Olaf Möller zauberte und ließ zaubern. Und irgendwie verzauberte er auch sich selbst, veränderte sich im Spiel und offenbarte den Teilnehmenden einen Blick in die vielen Möglichkeiten, die sich in jedem einzelnen verbergen und die in Living Puppets zum Leben erwachen.