Husum -Lautsprecheransagen, Bremsen quitschen, dazu das Geräusch schwerer Eisenbahntüren, wenn sie sich öffnen und schließen, Rollkoffer rattern über den Bahnsteig, ein Kind schreit, jemand rennt aufgeregt-eilig die Treppe hoch, Stimmengewirr – ganz normale Geräusche eines Bahnhofs. Auf dem Husumer Bahnhof wurden diese Geräusche heute vom Husumer Posaunenchor übertönt: „Lobe den Herren“, „Komm, Herr, segne uns“ und das Spiritual „Rock my soul“ schallten über das Bahnhofsgelände. „Wir können lauter“, sagte Chorleiterin Heike Müller lächelnd, und dann begann auch schon der Gottesdienst mit Propst Jessen-Thiesen zum Tag der Bahnhofsmission.
Make Nächstenliebe great again!
„Die Bahnhofsmission hat eine 125jährige Erfolgsgeschichte“, sagte der Propst. Und dann fing er an zu predigen: über den Zöllner Zachäus, der sich ebenfalls an ungewohnten Ort begab, um Jesus zu hören. Der nämlich kletterte auf einen Baum, um „nur mal zu gucken“. Aber dann kam Jesus auf ihn zu, und die Begegnung veränderte sein Leben. Zachäus war vor dieser Begegnung ein Ich-zuerst-Mensch, so der Propst, so einer, wie es heute viel gibt. „Aber diese Haltung hat das Problem“, so Jessen-Thiesen und ziterte das „America first“ des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, „dass man Grenzen ziehen muss, dass man niemanden mehr hineinlässt – nicht in sein Land und nicht in sein Leben.“ Dagegen setzte er das Motto des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros Nordfriesland (EKJB) „Make Nächstenliebe great again!“ und verteilte die zur Kampagne gehörenden Armbänder und Motivationskarten.
Vater-Unser zwischen den Zügen
Rund um Propst und Posaunenchor sammelte sich die „Familie“ der Bahnhofsmission: Ehrenamtliche, Mitarbeitende, Freunde und treue Gäste. Erk Paulsen, Leiter der Bahnhofsmission Husum und Frauke Tramm, die Hauswirtschaftsleiterin der Einrichtung, sprachen das Fürbittgebet. Und im Schatten zweier einfahrender Züge, unterbrochen von Lautsprecheransagen, begleitet von den Geräuschen des Bahnsteigs betete die Gemeinschaft das Vater-Unser. Und wer weiß: Vielleicht betete manch einer von denen, die von den anderen Gleisen neugierig herübersahen, es laut oder leise mit.