Hinter dem Altar das in die Wand eingelassene, gläserne Kreuz, das das Licht durchlässt; am anderen Ende des Kirchenraums, hinter einer dezenten Trennwand, Lebensmittel in Körben und Kisten sowie jene Geräte, die zum Betrieb der Tafel notwendig sind: Die Verbundenheit von Kirche und Diakonie kann kaum besser demonstriert werden, als auf diese einfache, freundliche und „anwendungsorientierte“ Weise. Die Friedenskirche in Husum an der Schobüller Straße ist seit Anfang des Jahres in die Obhut des Diakonischen Werks Husum (DW) übergegangen und somit zur „Diakoniekirche“ geworden. Dies wurde mit einem festlichen Gottesdienst und einem anschließenden Gemeindefest gebührend gefeiert.
DW-Geschäftsführer Volker Schümann bekräftigte die vorbildliche, segensreiche Zusammenarbeit: „Wir schätzen und ergänzen einander, wir sind gemeinsam Kirche.“ Wichtig ist auch der Wahlspruch „Kirche bleibt Kirche“ – mit allen üblichen Gottesdiensten und kirchlichen Angeboten, die Tradition haben. Schümann dankte Pastor Andreas Raabe für das gute Miteinander.
Die Geschichte dieser Kirche – ein ehemaliges Schulgebäude – ist durchaus besonders: Der nach dem Krieg als Flüchtlingspastor eingesetzte Geistliche Heinrich Welsch beobachtete, wie die Menschen in die Stadt zur Marienkirche pilgerten, um dort dem Gottesdienst beizuwohnen. Dies waren zumeist Flüchtlinge, die in dem nördlich liegenden Neubaugebiet ein neues Zuhause gefunden hatten. Der Weg in die Stadt war weit, und so wurde Mitte der 1950er Jahren zunächst ein Andachtsraum eingerichtet. Mit Mut und Hartnäckigkeit warb Pastor Welsch dafür, dass er einen „eigenen“ Glockenturm bekam, der rund zehn Jahre später tatsächlich erbaut wurde. Der Seelenhirte hatte viel zu tun: Rund 100 Trauungen und 150 Taufen nahm er jährlich vor. „Glaube und Frömmigkeit der Menschen haben diesen Raum geprägt“, sagten Kurt Puls und Thomas Baum, zwei Pastoren, die Heinrich Welsch im Amte folgten und sich bei dieser Veranstaltung an alte Zeiten erinnerten. Schon sehr bald wurzelte der diakonische Gedanke in der Kirche ein: Kurt Puls wurde „Diakoniebeauftragter“, die Anonymen Alkoholiker wählten das Gotteshaus für ihre Zusammenkünfte, und in einem Raum hatte das „Hilfswerk“ ein Lager, aus dem dringend benötigte Artikel abgegeben wurden. Auch das Fachkrankenhaus in Bredstedt wurde unter dem Dach der Friedenskirche von einem Komitee gegründet. Im Laufe der Zeit wurden bestimmte Angebote an sich verändernde Bedarfe angepasst. So wurde beispielsweise eine „Klönstuuv“ mit fachlicher Betreuung in einem Gebäude in der Nähe eingerichtet.
Keine Abgrenzung, sondern Verbundenheit mit den Menschen und Aufmerksamkeit für jene, die in vielerlei Hinsicht „nicht auf Rosen gebettet“ sind – das wird in der Friedenskirche von jeher vorgelebt: „Das Leben ist immer im Fluss, stets in Veränderung und wir sind auf einem guten Weg“, sagte Andreas Raabe, seit 2005 Pastor der Friedenskirche und Nachfolger von Pastorin Martina Bubert. „Die Menschen haben Hunger nach Gemeinschaft und guten Worten“, formulierte es Propst Jürgen Jessen-Thiesen in seiner Predigt. „Heilsame Worte brauchen wir auch heute.“ Der Ursprung dieser Kirche sei „nicht wegschicken, sondern sich kümmern“, ähnlich einem der Wunder, das Jesus Christus vollbrachte, als er bei der „Speisung der 5000“ alle Menschen sättigen konnte. Auf heute übertragen bedeute dies: Mit Überblick und Organisation das Vorhandene teilen, wobei für alle genug da ist und wahrscheinlich sogar noch etwas übrigbleibt – so manifestiere sich ein ganzheitlicher Geist. „Friedenskirche und Diakonie sind kein pragmatischer Zweckverband, sondern zusammengehörend im Geiste Jesu.“
Die Veranstaltung wurde auf dem Kirchenvorplatz eingeleitet von Musik, die der Posaunenchor Husum mit Gästen aus Mildstedt und Hattstedt spielte. Sinnbildlich zum Motto „sich kümmern und teilen“ hatte Kirchengemeinderatsmitglied Inge Matthiesen ein Brot gebacken, das seinen Platz auf dem Altar einnahm. Einen symbolischen Schlüssel übergab Pastor Raabe an den neuen Hausherrn, Volker Schümann. Karsten Wolff vom Kirchenkreis Nordfriesland übergab das Siegel „Ökofaire Gemeinde“: Damit kann die Kirchengemeinde Husum zukünftig punkten, denn sie gestaltet ihre Beschaffungsprozesse fair und ökologisch nachhaltig. Lilo Lenhard hatte sich besonders um dieses Thema gekümmert und nahm das Siegel entgegen.
Text und Bilder: Sonja Wenzel, Bild Mitte: Friedemann Magaard