Husum – Da wächst zusammen, was zusammen gehört: In die Husumer Friedenskirche zieht die Diakonie ein, und gleichzeitig bleibt die Kirchengemeinde vor Ort. Im Kirchraum findet unter der Woche die Tafelausgabe statt, am Sonntag zurzeit etwa 14tägig ein Gottesdienst. Das Amtszimmer und Büro von Pastor Andreas Raabe ist und bleibt in der Schobüller Straße 10. Landespastor Heiko Nass besuchte das Projekt und packte auch gleich mit an.
„Kirchengemeinde und Diakonie – wir sind ja Geschwister“, sagte Volker Schümann, Leiter des Diakonischen Werks (DW) Husum. Die Tafelausgabe war während der Pandemie in die Friedenskirche verlegt worden, weil die Räume in der Theodor-Storm-Straße zu klein waren, um die gebotenen Abstände zu realisieren. Inzwischen mag sich das niemand mehr anders vorstellen. Im Keller lagern Lebensmittel, im Garten steht ein Kühlhaus, und auch für die Fahrzeuge ist auf dem Gelände genug Platz.
Aber die Gemeinsamkeit DW und Kirchengemeinde beschränkt sich ja nicht auf die Lebensmittelausgabe, so Schümann: Auch das Mehrgenerationenhaus, die Bahnhofsmission und andere Einrichtungen arbeiten schon längst eng mit der Kirchengemeinde zusammen. Jetzt soll der Gebäudekomplex in der Schobüller Straße in die Trägerschaft der Diakonie übergehen. Die Kirche bleibt Gotteshaus für besondere Anlässe, der Pastor bleibt vor Ort, auch die Versammlungsräume können weiterhin von der Kirchengemeinde genutzt werden. „Hier ist etwas Beispielhaftes entwickelt worden“, sagte Schümann.
Zum Hintergrund erklärte Pastor Andreas Raabe, dass nach dem neuen Pfarrstellenplan auf lange Sicht nur noch zwei Pastorinnen oder Pastoren Dienst in der Kirchengemeinde tun werden. Vier Kirchen und vier Gemeindehäuser seien einfach zu viel für die weniger werdenden Mitglieder, schon lange suche man nach guten Lösungen. Und die ist mit der Diakonie gefunden: So bleibt das Gebäude Kirche und wird doch von vielen genutzt. „Wir haben uns überlegt: Was können wir zusammen besser machen?“, sagt er. So sei die Idee entstanden. Künftig werden im Pastorat die Migrations- und die Suchtberatung unterkommen. Der Seniorennachmittag findet nun im nahe gelegenen Liette-Eller-Haus statt, die Helferinnen könnten sich weiter im Gemeindehaus treffen.
Zugleich diskutierten die Vertreter von Diakonie und Kirchengemeinde mit dem Landespastor die Situation der Tafeln. „Die Tafeln sind für viele Menschen der letzte Anker“, sagte Heiko Nass und hob das große ehrenamtliche Engagement hervor. Gleichzeitig betonte er die politische Dimension: „Wir brauchen eine bessere Grundlage für die Existenzsicherung“, sagte er und plädierte für neue Berechnungsmodelle. „Es ist eigentlich ein Skandal, dass es Tafeln geben muss.“ Karl-Heinz Häuber berichtete von neuen Entwicklungen. So soll in Zukunft die Teilnahme digitalisiert werden, um das lange Schlangestehen der Kunden zu minimieren. Adelheit Marcinczyk als Leiterin des Geschäftsbereichs Soziales und Arbeit, bedankte sich bei allen Spendern und insbesondere bei den Service-Clubs, die wertvolle Unterstützung leisten.
Info: Das Diakonische Werk ist Trägerin von vier Tafeln in Nordfriesland: Bredstedt, Husum, Tönning und die Mobile Tafel. Mehr als 100 Menschen aus ganz verschiedenen gesellschaftlichen Zusammenhängen engagieren sich ehrenamtlich. Deutschlandweit gibt es 960 Tafeln mit sozial-ökologischer Mission: Lebensmittel retten und armutsbetroffenen Menschen helfen. Die Tafeln retten Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können und geben sie an Menschen in Armut weiter, die sich eine ausgewogene Ernährung nicht leisten können.