Von Inke Raabe
Man kannte sich und man kannte sich nicht: Zum ersten Mal trafen sich Mitglieder der Facebook-Gemeinde Gemeinsam Füreinander in der analogen Welt. „Das ist ein Wagnis“, sagte Pastorin Inke Raabe, Referentin für Digitale Kirche im Kirchenkreis Nordfriesland, zu Beginn. „Vielleicht mögen wir uns in Wirklichkeit gar nicht? Vielleicht können wir uns nicht riechen?“ Aber das „Beschnuppern“ war schnell abgehakt. Viel zu vertraut sind sich die Mitglieder schon aus dem täglichen, digitalen Kontakt. Denn seit zwei Jahren versammeln sie sich jeden Morgen um die Tageslosung, erzählen einander von dem, was sie persönlich bewegt, nehmen aneinander Anteil in Freud und Leid. Vertrauen ist gewachsen und ein Gefühl von Gemeinschaft. Und dieses Gefühl trägt auch in der „realen“ Welt – das stellte die Gruppe auf ihrem kleinen Kirchentag fest.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ – die Admins der Gruppe hatten den Tag, der in der Kreuzkirche Wesseln bei Heide stattfand, rund um die Jahreslosung organisiert. Der Ort bot sich an: Liegt er doch so ziemlich in der Mitte derer, die sich aktiv mit Kommentaren oder Likes beteiligen. Die kommen aus Hamburg, aus dem Rendsburger Raum, aus dem Norden des Kirchenkreises, aus Heide und Umgebung und aus Husum und Umgebung.
Seit 2017 postet Inke Raabe täglich einen kurzen Impuls zur Tageslosung auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen. Aber nur auf Facebook ist eine Gemeinschaft entstanden, die sie für die Dauer ihres Sabbaticals 2022 nicht verwaist lassen mochte. Sie gründete die Gruppe „Gemeinsam Füreinander“ und bat Ilke Andresen und Christel Bielfeld, sie während ihrer Abwesenheit zu betreuen und zu begleiten.
Es ist nicht die Größe, die diese Gemeinschaft so besonders macht. Es sind die Achtsamkeit, die Toleranz und der Respekt. Kleinliche Rechthabereien, wie man sie sonst von Social Media kennt, kommen dort nicht vor. Es gibt keine Bosheiten, keine Gehässigkeiten, kein Niedermachen, kein Mobbing. Im Mittelpunkt steht täglich die biblische Tageslosung, mal auf Inke Raabes Kanal, mal in der Gruppe.
Der Admin-Kreis ist inzwischen von Renate Conrad und Anne Katrin Sumbeck verstärkt worden. Gemeinsam bereitete die Gruppe den Kirchentag vor. Es gab einen Bibliolog, verschiedene Workshops, eine Bastelecke und einen kleinen Gottesdienst zum Schluss. Wichtig war dabei das Motto: die Liebe. Wichtig war aber auch Authentizität: Jede der Admin brachte sich mit ihren Begabungen ein. Wichtig war, ebenso wie im Digitalen, die Toleranz: Nichts ist falsch, alles darf sein. Du bist willkommen. Du bist Kind Gottes.
Als Inke Raabe zu Beginn ihre Sorge äußerte, man könne vielleicht in der „realen“ Welt gar nicht miteinander auskommen, wehte ihr gleich Protest entgegen. „Was mir machen, ist real! Unsere digitale Gemeinschaft ist ein Teil unserer täglichen Wirklichkeit!“ Und das bewährte sich über den Tag. Da war Liebe zwischen Christenmenschen, Wertschätzung und Achtsamkeit – ganz real.
„Wir lesen uns!“, war der Abschiedsgruß. Denn am nächsten Morgen ging es mit den Tageslosungen digital weiter. Und um eine Wiederholung dieses so besonderen Kirchentages wurde nachdrücklich gebeten.