Husum – „Ich mach das jetzt.“ – unter diesem Motto hatte die Evangelische Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland ins Albert-Schweitzer-Haus zum Frauenmahl eingeladen. Mehr als 80 Teilnehmerinnen trafen sich an festlich gedeckten Tischen und hörten Lebensgeschichten, die genau dieses Motto für sich und gegen innere oder äußere Widerstände umgesetzt hatten.
Dabei war es die Verschiedenheit der Erzählungen, die anrührte und begeisterte. Birgit Hansen-Annus lebt in Westerrhönfeld und hat ein schwerst-mehrfachbehindertes Kind, das inzwischen 25 Jahre alt ist. Ohne Schnörkel und Umschweife erzählte sich von Freude und Leid, davon wie schwer es anfangs war, sich Hilfe zu holen, wie kummervoll die Erfahrung der begrenzten eigenen physischen und psychischen Belastbarkeit war. „Ich mach das jetzt!“ – so entschied sie sich zu einer Umschulung, zum Engagement in der Kirchengemeinde, zum Muttersein mit Hingabe und Grenzen. Denise Loop ist Mitglied des Bundestags für Bündnis90/Die Grünen und bekannte offen, dass ihre politische Karriere als „Quotenfrau“ begonnen habe. Dann aber habe sie Mut gewonnen und sich mehr zugetraut. „Man braucht Verbündete, mit denen man sich auf ein gemeinsames Handeln verständigt“, so beschreibt sie ihre politische Arbeit. Erika Fischer ist Heilerzieherin und Mitglied der Schwesternschaft Ordo Pacis, eine Gemeinschaft von Frauen in verschiedenen Lebensformen, die das Gebet in den Mittelpunkt stellt. Lange habe sie sich nicht getraut, um Aufnahme zu bitten, erzählte sie. Aber dann stand fest: „Ich mach das jetzt. Denn ich werde die Antwort nicht kennen, wenn ich die Frage nicht stelle.“ Von ihrem aufregenden Leben als Erzieherin, Trabrennfahrerin, Heilpädagogin und schließlich als Hotelierin erzählte Bärbel Finn aus Bokel. Die 60-Jährige kündigte vor zwei Jahren ihren sicheren Job und machte sich selbständig mit dem Projekt Ulliwood. Gemeinsam mit ihrem Mann arbeitete sie Zirkuswagen zu Ferienwohnungen um und findet nun ihre Erfüllung darin, Gastgeberin für Erholung-Suchende zu sein. „Es erfüllt mich richtig“, sagte sie, „das war schon immer mein Herzenswunsch.“
Organisiert und geleitet wurde der Abend vom Team der Evangelischen Frauenarbeit um Frauenreferentin Claudia Hansen. Für ein wahrhaft fürstliches, vegetarisches 4-Gänge-Mahl sorgte Alex Kitchen, und am Cello begeisterte Julia Polziehn. „Wir brauchen einen Sinn in dem, was wir tun“, sagte Claudia Hansen, „ich brauche eine Vision von mir, von meinem Land, von der Welt, um ins Handeln zu kommen.“ Sie freute sich sehr über den guten Zuspruch und kündigte eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe in zwei Jahren an. „Wir können Großes bewegen in der Gemeinschaft“, sagte sie.
Info: Das Format Frauenmahl gibt es seit einigen Jahren bundesweit. Es nimmt Bezug auf Luthers Tischreden: „Luther gelang es in seinen Tischreden, Theologie und Alltag überzeugend zusammen zu bringen“, so Ulrike Wagner-Rau, Professorin für Praktische Theologie und Mitorganisatorin des Marburger Frauenmahls, „dieses Redeformat möchten wir für heute neu entdecken.“