Husum – Nun ist sie fast fertig, die neue Klais-Orgel für die Husumer Marienkirche. In den vergangenen Tagen besuchte eine Gruppe von Engagierten die Orgelbaufirma in Bonn und durfte vor Ort staunen über das, was da zuwege gebracht wurde: Da stand mitten in der Halle der fertige Spieltisch mit seinen drei Manualen, an den Wänden türmten sich Regale mit beschrifteten Kartons für all die kleinen, handgefertigten Teile, die so ein Werk braucht, dicht an dicht standen die großen Pfeifen aus handgegossenem Zinn, mannshoch die Holzregister, feinste Tischlerarbeit und sorgfältige Handwerkskunst.
„Ein bisschen wie eine Geburt“
„Es ist ein bisschen wie eine Geburt“, sagte Kai Krakenberg, der Kirchenmusiker an St. Marien ist und den Orgelneubau von Anfang an begleitete. Gemeinsam mit Orgelbauer Philipp Klais hatte er an der Umsetzung seiner Klangideen getüftelt. 42 Register sind es geworden, 2430 Pfeifen werden in 41 Pfeifenreihen aufgestellt. Die Spieltraktur ist mechanisch, die Registriertraktur elektrisch, so dass die gewählten Klangfarben im Vorwege abgespeichert und während des Spiels per Knopfdruck abgerufen werden können. „Der Klang der neuen Orgel soll an einen sommerlichen Urlaubstag erinnern“, so hatte Kai Krakenberg seine Klangidee auf der Webseite des Projekts beschrieben.
Handwerkskunst von Anfang an
Philipp Klais führte die Gruppe gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Gesa Graumann durch die Werkstatt des Familienbetriebs, und die Teilnehmenden konnten den Werdegang „ihrer“ Orgel nachvollziehen: Dicke, grade Eichenstämme lagern im Hof und warten auf ihre Weiterverarbeitung durch die Fachleute. Die Windläden, so erklärte der Orgelbauer, treiben die Luft in die Pfeifen und sind damit ihre Energieversorgung, neun Stück seien davon in der Marien-Orgel verbaut. Zinnplatten werden hier in unterschiedlichen Legierungen noch genau wie vor hundert Jahren von Hand gegossen. Pro Jahr entstehen etwa vier Orgeln bei Klais, und der Meister liebt besonders auch die Arbeit an alten Instrumenten. „Wir lernen dabei so viel“, sagte. Denn an den alten Instrumenten ist zu sehen, welche Materialien Jahrhunderte überdauern und welche besonders anfällig für Schädlinge oder Korrosion sind. Ein Warmleim aus Knochen und Gräten zum Beispiel erwies sich als unschlagbarer Werkstoff, ökologisch und seit Generationen erprobt. Klais und Graumann führten die Gruppe durch ein Meer von Pfeifen, einige meterhoch, andere kleiner als ein Finger. Und es wurde deutlich, wie viel Liebe und wie viel Sorgfalt in so einem Instrument stecken.
Ein Traum wird wahr
Ende August wird die Firma Klais das große Werk nach Husum bringen und mit dem Einbau in die Marienkirche beginnen. Am 5. Dezember, dem 2. Advent, soll die Orgel eingeweiht werden. Orgelbauverein und Orgelprojektgruppe blicken dann auf zehn Jahre Arbeit zurück. Die Ehren- und die Hauptamtlichen haben unermüdlich dafür gearbeitet, Gelder eingeworben, mit staatlichen und kirchlichen Stellen gerungen, Rückschläge eingesteckt und doch nie aufgegeben. In diesen zehn Jahren wurde aus einer Idee ein Traum – ein Traum, der nun Wirklichkeit wird. Sichtlich bewegt standen die Engagierten in der Klais-Werkstatt, und manch einer strich versonnen über das Prospektholz, das bald in Husum auf der Empore steht.
Die Königin. Sie kommt.
Wie sie wohl klingen wird? Eine Ahnung vermittelten Besuche des Kölner und des Altenberger Doms, in denen bereits eine Klais-Orgel steht. Ein gewaltiges Donnern und ein mächtiges Rauschen, filigranes Glockenspiel und tönende Tuben, strahlende Trompeten und sanfte Geigen, zarte Flöten und wummernde Bässe in fast unendlichen Kombinationsmöglichkeiten – die Orgel gilt als die Königin der Instrumente. Und die Klais-Orgel, so wie sie in der Marienkirche zu hören sein wird, wird diesem Titel Ehre machen.