Es ströme das Recht wie Wasser

Wie das wohl gehen soll, um die Wette zu predigen? Fünf eindrucksvolle Kandidaten wiesen heute in der St. Marienkirche Kritiker des Projekt in die Schranken. Klug und witzig waren ihre Beiträge, sorgfältig durchdacht, glaubwürdig und in je eigener Weise fromm – am Ende überzeugten sie im vollem Gotteshaus von der Vielfalt evangelischer Predigt und gleichzeitig von der Einzigartigkeit des Wortes Gottes.

Fünf wunderbare Donnerwetter
Aufgegeben war ihnen als Predigttext ein Stück aus dem Propheten Amos. „Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen!“ – der Prophet spart nicht Kritik an der Religion seiner Zeit. Das nahmen die Theologinnen und Theologen in je eigener Weise auf. So verlegte Michael Goltz aus Schwabstedt den Text in die Neuzeit und ließ den Propheten auf Facebook wettern – mit den entsprechenden Kommentaren seiner Follower. Gesche Schaar, Vikarin der Friedenskirche und Vorjahres-Siegerin, ließ für Amos und Jesus „Amy“ und „Joshua“ am Arbeitsplatz zu Wort kommen. Ingo Pohl aus Keitum fragte genau nach, ob unsere kirchliche und gottesdienstliche Praxis wirklich von der Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit gedeckt werde. Hildegard Zeriadtke, Prädikantin aus Sörup, ging in das direkte Gespräch mit Gott und bat ihn, seine Haltung zu den schönen Gottesdiensten und Gesängen noch einmal zu überdenken. Sehr nachdenklich machte Philipp Busch von Föhr und ließ den Strom der Gerechtigkeit zu denen fließen, die in Unrecht leben müssen.

And the winner is….
Jeweils drei Minuten hatten die „Kontrahenten“ Zeit, und Kai Krakenberg, Kirchenkreiskantor, hatte die Aufgabe, den Predigenden einige Sekunden vor dem Ende ins Wort zu orgeln. Am Ende konnte Michael Goltz den Slam für sich entscheiden: Nach jeder Vorstellung sang die Gemeinde Strophen von „Die güldne Sonne“ und kürte mit der Lautstärke ihres Gesangs den Sieger.

Karneval auf Evangelisch
Am Sonntag Estomihi, dem letzten vor Beginn der Passionszeit, dürfe das mal sein, dieses „heilige Spiel“ erklärte Pastor Friedemann Magaard die Idee. Der Wettstreit sei ein Spiel, im Mittelpunkt stehe die Verkündigung des Wortes Gottes. Er führte witzig und eloquent durch den Gottesdienst und sorgte dafür, dass bei allem Spaß der Lobpreis im Vordergrund blieb. Gemeinsam mit Pastorin Inke Raabe hatte er das Konzept entwickelt. Letztere gab das „Opferlamm“, eine Art Testlauf außer Konkurrenz.

Der Predigttext aus Amos 5
Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen – es sei denn, ihr bringt mir rechte Brandopfer dar –, und an euren Speisopfern habe ich kein Gefallen, und euer fettes Schlachtopfer sehe ich nicht an. Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

„Ihr kotzt mich an“ – Michael Goltz

„Es ströme das Recht wie Wasser“ Philipp Busch

Von Menschen, die Opfer bringen“ – Gesche Schaar

„Gott, du spinnst“ – Hildegard Zeriadtke

„Ich wäre gern wie Amos“ – Ingo Pohl

„Ich Schaf“ – Inke Raabe, das Opferlamm

Ein neues Jahr für die Jugend

Nordfriesland – Freizeiten, Fortbildungen, Events und Veranstaltungen – der neue Jahreskatalog des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros Nordfriesland (EKJB) hat es in sich. Nicht nur in den Ferien, sondern das ganze Jahr über sind junge Menschen eingeladen, mal etwas anderes zu erleben und Gemeinschaft zu erfahren. Das Programm richtet sich nicht nur an gesunde Kinder und Jugendliche: Bei den allermeisten Veranstaltungen können auch Kids mitmachen, die Hilfe im Alltag brauchen.

Inklusion ist wichtig
„In 2018 haben wir das inklusive Programm ausgeweitet, so dass noch öfter auch Kinder mit erhöhtem Assistenzbedarf teilnehmen können“, sagt dazu Susanne Kunsmann vom EKJB. Das sei für alle eine besondere Erfahrung, betont sie. Alle Kinder entdecken, dass jeder besondere Talente hat und zum Gelingen beitragen kann. Und die Eltern lernen, ihre Kinder auch mal loszulassen und sehen, dass es auch in einer größeren Gemeinschaft Geborgenheit finden kann.

Angebote für jede Altersstufe
Es gibt für alle Altersklassen Angebote. Dazu gehören die bewährten Kinderfreizeiten im dänischen Skovmose. Für die etwas Größeren sind die Klima-Sail, die Kanufreizeit oder die Jugendbegegnung mit Lettland interessant. Eine Zirkusfreizeit in Bredstedt fördert Geschicklichkeit und Bewegung. Der Kracher dürfte das Bigball-Fußballturnier werden: Teams von jeweils Vieren treten gegeneinander an und steigen dafür in große, mit Luft gefüllte Bälle. Eine Verletzungsgefahr ist dabei quasi ausgeschlossen, dafür rempelt es natürlich umso leichter mal. Fairplay heißt das Motto dafür am 7. Juli in Niebüll.

Verantwortung übernehmen
Ein besonderes Augenmerk hat das EKJB für junge Menschen, die sich für andere engagieren mögen. Auch in diesem Jahr finden wieder Jugendgruppenleiter- und Erste-Hilfe-kurse statt. Für die, die bereits ehrenamtlich oder auch hauptamtlich mit Kindern unterwegs sind, gibt es ein Spieleseminar und natürlich das umfangreiche Material- und Unterstützungsangebot des Teams vom EKJB. Außerdem wird ein Anregungs- und Beschwerdemanagement eingeführt. Für Erwachsene und Ehrenamtliche organisiert Anna Ihme, Pädagogin im EKJB, außerdem eine Workshopreihe „Mach‘s mit, mach’s nach, mach’s nachhaltig“, bei der die Teilnehmenden miteinander Methoden entdecken, die die Schöpfung zu bewahren helfen.

Ohne Ehrenamt geht es nicht
„Die Vielfalt der Angebote ist nur möglich, weil so viele Ehrenamtler so viel Verantwortung übernehmen“, sagt Susanne Kunsmann. Die Freizeiten werden von jungen Erwachsenen begleitet, die nicht nur viel Erfahrung, sondern auch eine pädagogische Qualifikation mitbringen. Ein bisschen stolz sei sie schon, sagt die Diakonin. „So viele junge Leute engagieren sich bei uns. Das ist schon etwas ganz Besonderes.“

Mehr Info und Download: www.ev-kinderundjugend-nf.de

Trauer um Harald Richter

Harald Richter war von 1957-1992 Pastor der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Petri Ladelund.
Als direkter Amtsnachfolger von Pastor Johannes Meyer übernahm er auch dessen Selbstverpflichtung, sich um die Gräber der in Ladelund ermordeten und begrabenen KZ–Häftlinge zu kümmern. Die Erinnerung an das KZ-Ladelund, das Gedenken und die Bemühungen um Verständigung und Versöhnung über den Gräbern wurden zu einem zentralen Anliegen seiner pastoralen Arbeit.

Ein politisch engagierter Mensch
Pastor Harald Richter war ein politisch engagierter und friedensbewegter lutherischer Theologe und zugleich ein empathischer, willensstarker und für viele Menschen unbequemer Zeitgenosse.
Er war bis ins hohe Alter die treibende Kraft der Gedenkstättenarbeit in Ladelund, suchte Kontakte zu den Angehörigen der KZ–Opfer, vor allem in den Niederlanden und in Polen.
Pastor Harald Richter arbeitete u.a. eng mit der Stichting Oktober1944 in Putten (Niederlande) und dem Historiker Dr. Jörn-Peter Leppien zusammen. der mit Schülern der Auguste-Vikoria-Schule Flensburg die erste Wanderausstellung über das Konzentrationslager-Außenkommando Ladelund erarbeitete und 1989 die erste wissenschaftliche Dauerausstellung kuratierte.

Das Dokumentenhaus in Ladelund
In seiner Kirchengemeinde setzte Harald Richter gegen viele Widerstände 1989 den Bau des Dokumentenhaus durch, in dem die wissenschaftllche Ausstellung über das Konzentrationslager, seine Vor- und Nachgeschichte ihren dauerhaften Standort erhielt Dieses Gebäude wurde 2006 baulich erweitert und ist bis heute das Zentrum der Ausstellungen, Vermittlungs- und Gedenkstättenarbeit in Ladelund.

Unterstützer der Gedenkstättenarbeit bis zuletzt
Nach seiner Pensionierung als Gemeindepastor leitete Harald Richter die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund bis 1995. Um die Verantwortung für das historische Erbe und die Gedenkstättenarbeit auf breitere Schultern zu legen initiierte er einen Kooperationsvertrag zwischen der Kirchengemeinde Ladelund und dem Ev.-Luth. Kirchenkreis Südtondern (heute Kirchenkreis Nordfriesland). 1995 sorge er dafür, dass für die Leitung der Gedenkstättenarbeit erstmalig eine hauptamtlichen Stelle geschaffen und mit einer pädagogisch-theologischen Fachkraft des Kirchenkreises besetzt wurde. Als Berater und Mentor unterstützte er die Gedenkstättenarbeit, begleitete die wissenschaftlichen Arbeiten und die internationalen Beziehungen der Gedenkstätte bis zum Ende seines Lebens
Text und Bild: Karin Penno-Burmeister

Predigt-Wettstreit um den Propheten Amos

„Die Idee ist bundesweit einzigartig“, sagt Poetry-Slammer Björn Högsdal, der nun wirklich schon einiges gesehen hat. Am Sonntag, 11. Februar, findet in Husum der 2. Predigt-Slam der Westküste statt: Fünf Theologen treten in den Wettstreit um die beste Auslegung der Bibel. Die Gemeinde entscheidet mit ihrem Gesang, welche der Predigten ihr am besten gefallen hat.

„Uns ist es wichtig, dass es sich dabei um einen Gottesdienst handelt“, betont Friedemann Magaard, Leiter des Christian Jensen Kollegs in Breklum. Er regte das Projekt gemeinsam mit Inke Raabe, Pastorin für Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland, an. Gottesdienst bedeutet: Der Ablauf ist eigentlich „normal“. Es gibt Lesungen, Gebete und Lieder, und in der Mitte steht die Predigt. Nur die ist – und das kann in evangelischen Gottesdiensten schon mal vorkommen – eben anders als sonst. Statt der einen Predigt des einen Pastors gibt es diesmal fünf kurze Predigten von verschiedenen Personen zu einem vorgegebenen Predigttext. Die „Kontrahenten“ sind Michael Goltz, Pastor in Schwabstedt, Philipp Busch, Pastor in St. Johannis auf Föhr, Ingo Pohl, Pastor in Keitum auf Sylt, Hildegard Zeriadtke, Prädikantin im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg, und Gesche Schaar, Vikarin in der Friedenskirche Husum. Sie ist übrigens die Vorjahres-Siegerin vom 1. Predigt-Slam 2017 in Heide.

Sie zu entthronen könnte erklärtes Ziel der übrigen vier sein. Dem ist aber keineswegs so. Die Kolleginnen und Kollegen sind begeistert bei der Sache und freuen sich miteinander über jede gelungene Formulierung. Denn darauf kommt es an beim Predigt-Slam: Jeder hat nur drei Minuten Zeit. Da muss jedes Wort sitzen, da müssen die Pointen stimmen, da darf auch mal geschmunzelt werden. Es sind nur drei Minuten, um die Herzen der Gemeindeglieder zu erobern und für den Predigttext zu begeistern. Das ist schon hohe Kunst.

Aus diesem Grund hatten Friedemann Magaard und Inke Raabe auch Björn Högsdal eingeladen. In einem Workshop stellte der erfahrene Slammer Techniken und Methoden vor, er führte die Teilnehmenden in den Welt des Poetry-Slams ein und begleitete ihre ersten Schritte in diesem Metier. „Ich bin ganz begeistert, was in so kurzer Zeit entstanden ist“, sagte er am Ende. Er mag die Arbeit mit den Theologen, sie sind es gewohnt, mit Menschen und mit Worten umzugehen, und sie lernen schnell. Björn Högsdal organisiert zahlreiche Poetry-Slams in Schleswig-Holstein und Hamburg und gibt darüber hinaus viele Workshops in Schulen.

Eine besondere Herausforderung ist dieses Mal der ausgewählte Predigttext aus dem Buch Amos: 750 Jahre vor Christus rechnet der Prophet scharfzüngig mit der etablierten Religion seiner Zeit ab und kritisiert insbesondere die Gottesdienste seiner Zeit als „Geplärr“. Die fünf Predigenden legen auf kreative Weise aus, was das für unsere Zeit und unsere Kirche bedeuten kann. Der Gottesdienst in der St. Marien-Kirche Husum beginnt am 11. Februar um 9.30 Uhr.

Vortrag zum Jahresthema mit Jan Christensen

Breklum – „Guten Morgen – aufgeweckt die Schöpfung gestalten“ – so lautet das Jahresmotto des Kirchenkreises, bei dem die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Mittelpunkt stehen. Ein wichtiger Referenzrahmen der Weltgemeinschaft dafür sind die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, in denen erstmals betont wird, dass auch die Industrieländer ihre Produktions- und Konsummuster ändern müssen. Um die nötigen Konsequenzen für die Bundesrepublik und um den möglichen Beitrag der Kirche geht es in einem Vortragsabend mit anschließender Diskussion im Christian Jensen Kolleg (CJK) Breklum, den Jan Christensen Umweltbeauftragter der Nordkirche, am Donnerstag (18.) halten wird. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Die Leitung des Abends liegt bei Karsten Wolff, Ökumenereferent im Evangelischen Regionalzentrum Westküste (ERW) und Friedemann Magaard, Leiter des CJK.

Mache Dich auf und werde Licht

Zu einem Nachmittag mit spirituellen Liedern laden die Evangelische Frauenarbeit und das Zentrum für Mission und Ökumene am Sonnabend, 13. Januar nach Husum ein.
Die Lieder entstammen verschiedenen Kulturen und sind mal dynamisch, mal meditativ. Die Melodien sind schnell erlernbar und entfalten ihre Kraft, indem sie längere Zeit gesungen werden.
Unter Anleitung der Musiktherapeutin und Sängerin Carola Schlageter will das gemeinsame Singen dazu anregen, aufmerksam zu sein für das innere und das äußere Geschehen. Dabei geht es um hören und wahrnehmen, um die Verbindung miteinander und mit Gott, um getragen werden und einander mittragen im gemeinsamen Tun.
Frauen und Männer jeden Alters sind herzlich willkommen. Insbesondere diejenigen, die gerne singen würden, sich aber nicht so richtig trauen, mögen sich zu dieser Veranstaltung eingeladen fühlen.

Carola Schlageter
Beginn ist um 16 Uhr im Gemeindehaus der Versöhnungskirche, Berliner Straße 72, Husum, Ende um 18 Uhr.
Die Veranstalterinnen Jutta Jessen-Thiesen und Britta Jordan bitten um eine Anmeldung bei Petra Conrad unter Tel. 04671 911214 oder buerobreklum@nordkirche-weltweit.de.

Einander Würde geben

Es gibt so schöne Weihnachtslieder, und jedes ist mir lieb und wert. Ohne „O du fröhliche“ kann ich mir Weihnachten nicht denken, und auch „Stille Nacht, heilige Nacht“ gehört irgendwie dazu. Aber gefragt nach meinem liebsten Weihnachtslied fällt die Antwort mir leicht: Es ist „Ich steh an deiner Krippen hier“ von Paul Gerhard.

Es ist so schön sinnlich – wie Weihnachten! „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen. Und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen“ – das Lied versetzt mich mit meinen Sinnen und Gedanken in den Stall von Bethlehem. Ich kann mit Paul Gerhard an der Krippe stehen, und alles, was mein Leben ausmacht, alles, was mich bewegt, alles, was mich sorgt, das bringe ich mit.

So bin ich da – mitten im Stall an der Krippe bei Maria und Josef. An der Seite der Hirten und der heiligen drei Könige beuge ich mich über die Krippe – sehend, staunend, anbetend. Erfüllt von „siehe, ich verkündige euch große Freude“.

Diese Szene im Stall ist für mich das Urbild der Zuwendung und des Hinsehens, der Anbetung und der Ehrfurcht, des Staunens und der Freude. Nichts brauchen wir dringender als das.

Denn stellen Sie sich vor, wir würden einander so begegnen: voller Ehrfurcht und Respekt, voll des Staunens und der Freude aneinander. Dann gäbe es keine niederträchtigen Herablassungen und keine Gleichgültigkeit, keine menschenverachtende Abgrenzung und kein „was gehen mich die anderen an?“.
Maria und Josef, die Hirten und die heiligen drei Könige bestaunten das Kind, klein und schwach, aber voller Lebendigkeit. Ein Haufen Elend, doch auch ein Bündel Hoffnung.
Stellen sie sich vor, wir würden allem Elenden und Schwachen, allem Kleinen und Zerbrechlichen in unserem Leben so begegnen: staunend, wertschätzend, erwartungsvoll, verheißungsvoll. Wir würden etwas erfahren von dem „Frieden auf Erden“ und dem Frieden mit uns selbst.

Es ist ein sehr würdiger Moment, der in dem Lied von Paul-Gerhard beschrieben wird. Er gibt dem Leben Würde. Dem Leben des kleinen Kindes und derer, die „sonst keine Herberge“ haben. Dem Leben der Hirten, die arm und verachtet sind genauso wie dem Leben der Könige und Menschen, die auf der Suche sind.

Er gibt meinem Leben Würde. Denn Paul Gerhard schreibt: „So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“ – wie schön!
Ich wünsche Ihnen zu Weihnachten Momente der Stille, des Staunens und der Anbetung. Und dass Sie dann weiter und ins kommende Jahr gehen können mit neuer Kraft und Inspiration.

Ihr Propst
Jürgen Jessen-Thiesen

Eka von Kalben und Kirchenkreisarchitekt Pieter Dubbeldam

Mitreißendes Engagement für Eiderstedt

Eiderstedt – Das Problem ist nicht ein bisschen abblätternde Farbe oder ein zugiges Fenster. Bei den Eiderstedter Kirchen geht es um 18 Gotteshäuser, die teilweise einsturzgefährdet sind. Auf dem Spiel steht eine ganze Landschaft, die ohne ihre Kirchen nicht mehr so wäre wie sie ist. Es geht um die Sorge, dass unwiederbringlich verloren sein könnte, was Menschen über Jahrhunderte prägte und begleitete. Das deutlich zu machen war Ziel einer Bereisung, zu der der Kirchenkreis Nordfriesland Eka von Kalben, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag, und MdL Andreas Tietze ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen eingeladen hatte.

Kirchen sind auf Eiderstedt landschaftsprägend
„Es geht um sehr viel mehr als um die Sanierung von Kirchen“, betonte Propst Jürgen Jessen-Thiesen bei der Begrüßung. „Eiderstedt ist ein Anziehungspunkt für Touristen mit wachsender Bedeutung, es ist geprägt durch die vielen Kirchen, das Ensemble ist bundesweit einzigartig.“
Von der touristischen Bedeutung der Kirchen erzählte zum Beispiel Pastorin Inke Thomsen-Krüger in Oldenswort. Sie berichtete von ihrer Arbeit mit Pilgerinnen und Pilgern: Im Gemeindehaus hat die Kirchengemeinde eine schlichte Herberge eingerichtet, und von Oldenswort aus bietet die Seelsorgerin geistlichen Touren zu den Nachbarkirchen oder auch mal ins Wattenmeer an. „Das ist Slow-Tourism“, merkte Andreas Tietze nachdenklich an. „Das ist genau das, was wir wollen.“

Kummer machen die Sanierungsversuche früherer Generationen
Sechs Kirchen standen auf dem Reiseplan für die beiden Abgeordneten. An jeder erklärte Kirchenkreis-Architekt Pieter Dubbeldam die Probleme: Mal sind es Warften, die sich absenken, mal ist es ein Gewölbe, das einzustürzen droht. Kummer machen vor allem die Sanierungsversuche früherer Generation. So hat man mit Zement oder neueren, härten Steinen versucht, Schäden zu kitten und damit auf lange Sicht das Problem vergrößert: Denn Zement lässt die Feuchtigkeit nicht durch, die Steine saugen sich voll wie ein Schwamm und sprengen schließlich bei Frost die Zementverfugungen weg. In Tönning sind Eisennägel für die Befestigung der Schiefertafeln verwendet worden, und die rosten natürlich. „Wir versuchen, möglichst originale Baustoffe bei der Sanierung zu verwenden – die haben immerhin Jahrhunderte gehalten.

Zuschuss vom Land – wie geht das?

Andreas Tietze, Eka von Kalben, Jürgen Jessen-Thiesen und Pieter Dubbeldam vor der Kirche in Kotzenbüll.

Das „Projekt zum Erhalt der Kirchenlandschaft Eiderstedt“ ist auf acht Jahre angelegt, mit der Fundraising-Aktion „Eiderstedter Schutzengel“ wirbt der Kirchenkreis Spendengelder ein. Mehr als 18 Millionen Euro wird die Sanierung kosten. Der Bund hat eine Zusage über die Hälfte gegeben, jetzt bemüht sich der Kirchenkreis um weitere Zusagen für den anderen Teil, den er nicht alleine tragen kann. Ralf Pehmöller, Gesamtkoordinator des Projekts, führt gemeinsam mit dem Propst Gespräche mit Politikern vieler Fraktionen im schleswig-holsteinischen Landtag. „18 Millionen Euro – das ist ja auch in Konjunkturpaket“, sagte er. „Wir wollen die Bundesmittel hier in der Region investieren.“
Eine Zusage konnte Eka von Kalben bei der Bereisung nicht geben, aber sie gab wertvolle Hinweise, was die nächsten Schritte sein könnten. „Diese verborgenen Schätze auf Eiderstedt haben mich zutiefst beeindruckt“, sagte sie. „Mitreißend, wie begeistert die Eiderstedter sich für ihr besonderes Kulturgut einsetzen. Was so viele Jahrhunderte überlebt hat, darf jetzt nicht zerfallen.“

Halleluja! Händels Messias in Husum

Husum – „Halleluja! Denn Gott der Herr regieret allmächtig!“ – mit Pauken und Trompeten schließt Händel den zweiten Teil seines Oratoriums „Der Messias“. In der voll besetzten Marienkirche gaben gestern Chor und Orchester dieses Stück als Zugabe bei weit geöffneter Tür, so dass der Lobpreis über den Weihnachtsmarkt in die Welt schallte.

Im Unterschied zu anderen Oratorien hat der Messias keine Handlung, sondern besteht ausschließlich aus Bibelstellen. Im ersten Teil sammelte Charles Jennens 1741 Texte über Verheißung und Geburt des Heilands, im zweiten Teil geht es um Passion und Auferstehung, im dritten schließlich um Erlösung. So umfasst der Messias die ganze Heilsgeschichte und deutet theologisch das Leben Jesu als Rettungshandeln Gottes durch sein Leben, Sterben und Auferstehen. Jennens bat Georg Friedrich Händel, diese Texte zu vertonen. Im April 1742 wurde das Werk schließlich mit großem Erfolg in Dublin uraufgeführt.

In nur sechs Proben hatte die Husumer Stadtkantorei sich auf dieses Projekt vorbereitet und dazu Gastsänger aus dem ganzen Kreisgebiet eingeladen. Insgesamt standen gut 70 Sängerinnen und Sänger auf der Tribüne im Altarraum der Marienkirche. Kai Krakenberg führte sie und das Orchester aus Mitgliedern norddeutscher Sinfonie-Orchester mit klarer, musikalischer Linie – überaus akzentuiert – durch 33 Partituren.

Überzeugend waren die Solisten: mit warmen Timbre Altistin Susanna Frank, ausdrucksstark der Tenor von Victor Schiering und kraftvoll Hongyu Chen als Bass, der für Ulf Bästlein eingesprungen war. Herausragend gestaltete die Sopranistin Frøya Gildberg die anspruchsvollen Koloraturen. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet“ sang sie hingebungsvoll mit klarer und doch warmer Stimme und zog so das Publikum in ihren Bann. Auch die Bass-Arien mit Hongyu Chen, die Händel teilweise so komponiert, dass das Orchester die Melodien parallel spielt, waren eindrucksvoll dicht und sauber abgestimmt. Kai Krakenberg hatte zu jedem Zeitpunkt guten Kontakt zu Musikern und Sängern, er leitete konzentriert und führte die musikalische Gemeinschaft durch kniffelige Stellen hindurch. So ist das berühmte Halleluja, das so leichtfüßig und fröhlich wirkt, ein schwieriges Stück mit wechselnden Klangfarben und Rhythmen, bei dem Händel die Stimmen kunstvoll fugisch miteinander verwebt, so dass es von den Sängerinnen und Sängern viel Konzentration erfordert. Bei der Zugabe stimmte dann alles, und das Publikum bedankte sich mit herzlichem Applaus.

Foto: Herbert Müllerchen

Hinsehen, wo andere wegsehen

Husum – Christa Graunke ist „Mensch des Jahres 2017“. Leserinnen und Leser der Husumer Nachrichten wählten die 73-Jährige, die seit 25 Jahren ehrenamtlich in der Suppenküche des Diakonischen Werks (DW) Dienst tut, für diese besondere Auszeichnung. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (shz) rief diese Aktion 2002 ins Leben, um das Ehrenamt in der Gesellschaft zu würdigen.

Lobende Worte von Kreispräsident Heinz Maurus
Kreispräsident Heinz Maurus fand wertschätzende Worte für alle vier Kandidaten: Daniela Dorn (39) setzt sich in besonderer Weise für den Tierschutz ein. „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandeln“, zitierte er den indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi. „Tiere sind Geschöpfe Gottes wie wir“, sagte Maurus, „sie haben Gefühle, Bedürfnisse und Würde.“ Nominiert war auch der 17jährige Gunnar Jensen, der sich in vielfältiger Weise in die Kommunal- und Schulpolitik einbringt. „Wir brauchen Sie“, sagte Maurus, das jugendliche Engagement in Norstedt sei vorbildlich und zeichne die Gemeinde vor anderen aus. Mit einer ganz spontanen Initiative kam Kathrin Lutz zu Ehren. Die 31jährige Eiderstedterin organisiert via Facebook einen Fahrdienst, der täglich eine ältere Dame zu ihrem Ehemann ins Pflegeheim fährt. „Sie geben ein Gegenbeispiel gegen die zunehmende Entsolidarisierung“, lobte Maurus.

Arme sind nicht sozialschwach, sie sind ökonomisch schwach
Nachdenkliche Töne schlug der Kreispräsident bei der Würdigung von Christa Graunke an. „Wo andere wegsehen, sehen Sie hin“, sagte er. In der Suppenküche der Bahnhofsmission gibt es jeden Tag für wenig Geld eine warme Mahlzeit. Waren es früher überwiegend Obdachlose, die dieses Angebot nutzten, sind es jetzt zunehmend auch Rentner, die alleine kaum mehr auskömmlich leben können. „Sozialschwach, das sagte man früher“, so Maurus, „das ist aber Unsinn.“ Arme Menschen seien nicht sozial schwach, sie seien ökonomisch schwach. Sozial schwach seien eher die, die viel hätten, aber nichts gäben. Christa Graunke habe trotz ihrer vier Kinder und mehrere Pflegekinder sowie der Betreuung einer behinderten Nachbarin immer Zeit fürs Ehrenamt gefunden. „Das ist gelebte Nächstenliebe, wie sie im Buche steht, das heißt in diesem Fall im Buch der Bücher, der Bibel.“

Viele Gäste begleiteten die Würdigung Der Fortunasaal des Husumer Schlosses war gut gefüllt: Die gesamte Husumer Redaktion hatte sich für die Ehrung Zeit genommen, Bürgervorsteher Peter Empen, Propst Jürgen Jessen-Thiesen, Volker Schümann, Geschäftsführer des DW und Mitarbeitende der Bahnhofsmission waren der Einladung des shz gefolgt. „Für uns sind Sie alle Gewinner“, sagte Redaktionsleitung Friederike Reußner mit Blick auf die vier Kandidaten, „für mich und meine Kollegen ist dieser Tag eine Gelegenheit, Ihnen Dank zu sagen für Ihr Engagement.“