Ein Herz für den Kirchenkreis

Nordfriesland – „Ein Platz für dich – 10 Jahre Kirchenkreis Nordfriesland“ – unter diesem Motto plant der Kirchenkreis ein Fest zum Jubiläum. Am 1. Mai 2009 waren die Kirchenkreise Eiderstedt, Husum-Bredstedt und Südtondern fusioniert. „Seitdem hat sich eine Menge bewegt“, so Propst Jürgen Jessen-Thiesen. „Wir wollen das Jubiläum zum Anlass nehmen, Begegnungen zu ermöglichen und das, was inzwischen entstanden ist, zu feiern.“

 

Großes Fest am 3. Mai
Mit einer besonderen Aktion will nun eine Arbeitsgruppe diese Begegnungen ermöglichen: Dienste und Werke, Kirchengemeinden und Mitarbeitende der Verwaltung haben die Möglichkeit, ein kleines Herz aus Birkenholz für ihre Einrichtung in eine vorbereitete Box zu tun. Bei der nächsten Synode am 9. März 2019 werden die Partner ausgelost. Sie haben dann bis Ostern (21. April) Zeit, einander kennenzulernen in welcher Form auch immer. Es können gemeinsame Aktionen oder gegenseitige Besuche geplant werden. Dabei geht es nicht um großartige Ergebnisse oder gemeinsame Projekte, sondern schlicht darum, einmal mit Menschen aus dem Kirchenkreis zusammenzukommen, denen man sonst vielleicht nicht begegnet wäre. Mit dabei sind zum Beispiel die Tafel Bredstedt, die Husumer Horizonte, das Kita-Werk und das Evangelische Regionalzentrum Westküste. Entscheidend dabei ist das Zufallsprinzip und die Freiwilligkeit. „Am 3. Mai wollen wir dann ein großes Grillfest mit allen Beteiligten in Breklum feiern“, so der Propst. An diesem Tag könne dann von den Erfahrungen berichtet werden.

Wo gibt es die Herzen?
Die Birkenholz-Herzchen sind bei Alexandra Wohlgemuth im Propstenbüro erhältlich. Dort steht auch die „Lostrommel“, die dann bei der nächsten Synode ihren großen Auftritt hat. Gerne beschriftet Frau Wohlgemuth auch in Ihrem Auftrag die kleinen Holzrinden mit dem Namen Ihrer Einrichtung, das können Sie über eine Email an wohlgemuth@kirchenkreis-nordfriesland.de auf den Weg bringen. Darüber hinaus werden Herzen und Los-Box auch bei den verschiedenen Veranstaltungen des Kirchenkreises zur Verfügung stehen.

Dank für großes ehrenamtliches Engagement

Husum – Gleich zwei Ansgarkreuze verlieh die Nordkirche verdienten Gemeindegliedern aus Husum, St. Marien: Am 1. Advent zeichnete Propst Jürgen Jessen-Thiesen Frigga Kamper und Stefan Klocker für ihren langjährigen, ehrenamtlichen Dienst an der Gemeinde aus. Beide haben über Jahre die Gemeinde als Vorsitzende des Kirchengemeinderats geleitet, beide haben schwierige Vakanzzeiten gemanagt und dabei eigene Akzente gesetzt, die nachhaltig Bedeutung für das Ganze haben.

Einsatz für Musik, Bildungs- und Seniorenarbeit
Frigga Kamper (65) hatte 2009 den Vorsitz des Kirchengemeinderats übernommen. In ihre Amtszeit fiel die aufwändige Restaurierung der Marienkirche. Aber es wurde auch deutlich, dass es damit nicht getan ist: Die Altenbegegnungsstätte (ABS) entsprach nicht mehr den Sicherheits-Anforderungen, ihr Umbau würde ein größeres Unterfangen werden, dessen Vorbereitung fast zehn Jahre in Anspruch nehmen sollte. Ähnlich war es mit der Orgel: Schon damals war erkennbar, dass die Orgel abgängig war. Frigga Kamper gründete den Orgelbauverein, der dazu beigetragen hat, dass bald mit dem Bau begonnen werden kann. Hinzu kamen der Freundeskreis der Kirchenmusik und die Fahrten zu Domen und Dorfkirchen. „Sie haben“, so der Propst, „gemeinsam mit ihrem Kirchengemeinderat diese Kirchengemeinde in Zeiten des Umbruchs neu aufgestellt und auf beharrliche und nachhaltige Weise das Profil dieser Kirchengemeinde geprägt als Kirchengemeinde der Kirchenmusik, der Bildungs- und Seniorenarbeit. Dafür danken wir Ihnen von ganzem Herzen.“

Geschäftsführung und vieles mehr
Seit 2015 ist Stefan Klocker (51) Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Marien Husum. Fast ein Jahr lang war die Pfarrstelle vakant, in diese Zeit fiel die Vorbereitung der Fusion und natürlich die Weiterarbeit an den begonnenen Projekten Orgelneubau und ABS, für die Klocker außerdem die Geschäftsführung übernahm. Ihm gelang es, die ABS in die Trägerschaft der Diakonie zu überführen. Darüber hinaus habe Stefan Klocker unzählige alltägliche Angelegenheiten wie den Lektoren- und den Küstendienst versorgt, zeigte sich bei offiziellen Veranstaltungen und sprach Grußworte als „Hausherr“ der vakanten Kirchengemeinde. „Sie haben die Kirchengemeinde nicht nur repräsentiert, sondern während der langen Vakanz auch zusammengehalten. Dafür danken wir ihnen ganz besonders. Wir wissen, dass das auch manchmal bis an oder über die Grenzen ging.“
Zum 1. Januar 2019 fusioniert die Kirchengemeinde St.-Marien mit der Versöhungs-, der Friedens- und der Christuskirche zur einen Kirchengemeinde Husum. Der Kirchengemeinderat habe die Gelegenheit nutzen wollen, diese beiden für ihren außerordentlichen Dienst an St. Marien zu ehren.

Erinnerung an den Heiligen Ansgar von Bremen
Die Verleihung des Ansgarkreuzes an Gemeindeglieder geschieht im Gedenken an Ansgar von Bremen, der im 9. Jahrhundert als Erzbischof von Hamburg-Bremen in Norddeutschland und Skandinavien gewirkt hat und als „Apostel des Nordens“ erinnert wird. Mit der Verleihung des Ansgarkreuzes dankt die Nordkirche für ein ehrenamtliches Engagement, das langjährig oder in besonderen Projekten insbesondere in einer Kirchengemeinde oder in einem Dienst und Werk ausgeübt wurde.

Krippen aus aller Welt zu Gast in Langenhorn

Langenhorn – Zwischen dem 2. und 3. Advent ist in der Langenhorner Kirche eine große Krippenausstellung zu Gast.
In ihr stellt Pastor Weinrich aus Fulda seine Krippensammlung aus, die über 200 Exponate zählt: Es sind Krippen aus der Rhön, von der mecklenburgischen Ostsee und aus aller Welt. Neben klassischen Holzkrippen können auch manche moderne und außergewöhnliche Krippen besichtigt werden.
Die Ausstellung ist am Sonntag, dem 2. Advent, im Rahmen des Langenhorner Adventsmarktes von 11-19 Uhr geöffnet. An den folgenden Tagen (10.-15. Dezember) besteht jeweils zwischen 16.00 und 17.30 Uhr die Möglichkeit, die Krippen zu besichtigen. Nach dem Gottesdienst am 3. Advent, 16. Dezember, 10.00 Uhr ist letztmalig Zeit zur Entdeckung der Kunstwerke.

Für Gruppen besteht die Möglichkeit, die Krippenausstellung auch außerhalb der Öffnungszeiten zu besuchen. Dazu bitte im Pfarramt melden: 04672-777162.

Ein schönes Zeichen

Husum – Schausteller trugen am Montag feierlich den Adventskranz in die St.-Marien-Kirche Husum hinein: Seit vielen Jahren stiften sie zum Beginn des Weihnachtsmarktes das vorweihnachtliche Symbol und eröffnen die besinnlichen Wochen mit einer kleinen Andacht. „Das ist ein schönes Zeichen“, so Pastor Friedemann Magaard. Er dankte den Marktbeschickern sehr herzlich: „Ohne Sie wäre die Adventszeit nur halb so schön“, sagter er.

Weihnachtsmärkte sind Orte der Begegnung
Denn in der Tat bieten die kleinen und großen Weihnachtsmärkte in Nordfriesland mehr als Punsch und gebrannte Mandeln. Sie sind zu Treffpunkten und Begegnungsstätten geworden. Besonders nach Feierabend nutzen viele Werktätige die Möglichkeit, noch eine Weile mit Kollegen zusammenzustehen und auch mal über andere Dinge als die Arbeit zu reden.

Violett als Farbe der Buße
Der Adventskranz in der St.-Marien-Kirche ist in dunklem Violett gehalten. Damit greifen die Schausteller eine uralte Tradition der Kirche auf: Violett ist die Farbe der Buße, und Adventszeit ist von ihrem Ursprung eine Bußzeit, eine Zeit der Vorbereitung auf das Kommen des Herrn. Schön ist auch, dass die Beschicker des Husumer Weihnachtsmarktes den stillen Ewigkeitssonntag respektvoll verstreichen lassen, bevor sie ihren Markt eröffnen. Das ist in Städten wie Hamburg oder Berlin anders: Dort beginnen die Märkte schon nach dem Volkstrauertag. Die eigentliche Adventszeit beginnt am Sonnabend vor dem 1. Advent um 18 Uhr mit dem Abendläuten, sie endet mit dem Heiligen Abend.

Mit Freuden wieder berufen

Niebüll – Sie sei kompetent und kreativ, sie packe Dinge an und habe in den vergangenen fünf Jahren Hervorragendes für das Diakonische Werk (DW) Südtondern geleistet: In den höchsten Töne lobte Jürgen Jessen-Thiesen, Propst des Kirchenkreises Nordfriesland und Vorsitzender des Aufsichtsrats des DW, Nicole Saballus, die neue und alte Geschäftsführerin der gGmbH. Turnusmäßig stand sie erneut zur Wahl. „Wir haben sie mit Freuden wieder berufen“, so der Propst.

Soziale Arbeit für alle
Der Aufgaben sind umfangreich: Sie ist verantwortlich für den ganzen Bereich des ehemaligen Südtondern. Dazu gehören die Inseln und Halligen, Leck und Niebüll sowie die Dörfer und Kommunen nördlich der Soholmer Au. Mit ihren 120 Mitarbeitenden organisiert die 49-Jährige ein umfangreiches Betreuungs- und Beratungsangebot für die Menschen, die hier leben und in unterschiedlichsten Situationen Unterstützung suchen. Ein großer und fröhlicher Bereich ist die Familienbildungsstätte in Niebüll. Aber die stilleren Bereiche wie die Jugend- und die Wohnungslosenhilfe, der Dienst an Arbeitslosen und SGBII-Empfängern, die Sucht- und Lebensberatung sind der Volkswirtin genauso wichtig. Täterberatung gehört dazu – ein sensibles Feld, Schulsozialberatung – ein wachsender Bereich, die Arbeit mit jungen Migranten – sehr schnell und sehr kompetent konnte das DW auf die neuen Anforderung durch die vielen Geflüchteten reagieren. Das DW hat frühe Hilfen im Angebot, damit Probleme rechtzeitig erkannt und angegangen werden können.

Hilfe zur Selbsthilfe
„Die Vielfalt unseres Angebots ist der große Vorteil“, sagte Nicole Saballus im Pressegespräch. Ihr ist es wichtig, dass im DW die unterschiedlichen Kompetenzen zusammenkommen, die Vernetzung – auch mit anderen Sozialhilfeträgern – ist sehr gut. So kann professionell und individuell geholfen werden. Niedrigschwellige Hilfe für alle Lebenssituationen, darum geht es Nicole Saballus und ihren Mitarbeitenden. „Wir haben einen umfassenden Blick auf die Systeme“, erklärte sie, „Kern der Hilfestellung ist die Hilfe zur Selbsthilfe.“

Vertrauen ist gewachsen
„Wir sind gute Partner für die öffentliche Hand“, sagte Jürgen Jessen-Thiesen. Da sei viel Vertrauen gewachsen in den vergangenen fünf Jahren. Und Nicole Saballus konnte das bestätigen: „Wir sind auf einem guten Weg, ein moderner Dienstleister zu werden“, sagte sie. Dabei gehe es nicht um Gewinnoptimierung, sondern um den Dienst am Menschen und am Gemeinwohl. „Hier wird nicht nur Einzelnen geholfen“, betonte der Propst, „dies ist ein Dienst an der Gesellschaft.“
Das Diakonische Werk ist ein unabhängiges Tochterunternehmen des Kirchenkreises Nordfriesland, das sich über Drittmittel finanziert und kostendeckend arbeitet. Die Geschäftsführung wird vom Aufsichtsrat für jeweils fünf Jahre gewählt.

Geschäftsführung mit Herz und Verstand
Und die nächsten fünf Jahre? Gibt es da Pläne? „Nein“, sagten Jürgen Jessen-Thiesen und Nicole Saballus übereinstimmend. Wichtig ist Flexibilität und die Orientierung am Bedarf der Menschen. Da mache es wenig Sinn, sich eigene Ziele zu setzen. Und dennoch: „Mir liegen die Alleinerziehenden so am Herzen“, so Saballus. „Immer noch sind Kinder ein Armutsrisiko, das kann doch nicht sein.“ Das Recht auf Teilhabe für alle Kinder und die steigende Zahl von Rentnerinnen, die an der Armutsgrenze leben: Es gibt noch so viel zu tun, und Nicole Saballus ist zum Anpacken bereit.

Before you accuse me

„Bevor du mich anklagst, wirf mal einen Blick auf dich selbst“ – das, so Pastor Thomas Knippenberg beim Blues- und Bettagsgottesdienst in Garding, ist der Sinn des Bußtags: Sich einmal an die eigene Brust zu fassen, sich selbst zu reflektieren, in sich zu gehen und nachzudenken. Und genau das ist auch das Wesen des Blues, deswegen passen der Blues und die Buße so gut zusammen.

Der erhobene Zeigefinger hat zwei Richtungen
Die St.-Christian-Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Und das nicht ohne Grund: Thomas Knippenberg hatte seine Jungs von der St.-Jürgen-Blues-Band dabei, und die hat auf Eiderstedt schon einen guten Ruf. Auch diesmal rockten sie das Gotteshaus und zeigten, dass Nachdenklichkeit mit Stimmung, Fröhlichkeit mit Gebet, Bibel und Blues gut zusammengehen. Als Predigttext stand die Geschichte vom Pharisäer und vom Zöllner im Mittelpunkt, gespannt verfolgte die Gemeinde den Dialog, den Knippenberg mit Bandmitglied Peter Kruse so in Szene setzte, dass er selbst als Pharisäer der Gegenwart von der Kanzel auf den „Zöllner“ herabsah. Beim erhobenen Zeigefinger, so wurden sich am Ende beide einig, weisen immer drei Finger auf einen selbst zurück.

Die St.-Jürgen-Blues-Band kommt aus Heide
Die St.-Jürgen-Blues-Band zeigte sich gewohnt spielfreudig. Thomas Knippenberg als Frontmann scheute den Publikumskontakt ebenso wenig wie Gitarrist und Sänger Sönke Dwenger, der außerdem an der Mundharmonika Großartiges leistete. Lead-Gitarrist Peter Kruse braucht den Vergleich mit den ganz Großen der Gitarrenszene nicht zu scheuen, Jörg Maaß am Schlagzeug, Christian Lütje am Bass und Jörn Engler an der Gitarre sorgten für den Rhythmus und den Drive. Neu im Team ist Johann Hagenah am Saxophon.

Die Blues-Brothers des Nordens
Beeindruckend ist die Band auch durch ihr Äußeres. Sie kommen in schwarzen Anzügen mit Hut und Sonnenbrille auf die Bühne, und das kundige Publikum versteht diese Anspielung auf die berühmten Blues-Brothers mühelos. Aber wenn die Musiker einen Gottesdienst gestalten, treten sie zusammen vor den Altar, nehmen sich einen Moment der Stille und legen dann die Hüte ab: eine Reminiszenz an das Göttliche, in dessen Dienst sich zu stellen sie bereit sind.

Sputnik: Niemand wird vergessen

Seit etwas mehr als einem Jahr läuft in der Trägerschaft des Diakonischen Werks Husum (DW) ein Förderprojekt für Kinder und Jugendliche, deren junges Leben bereits von Abbrüchen und „Diskontinuitätserfahrungen“ geprägt ist, die vom „normalen“ schulischen Angebot nicht erreicht werden und darüber hinaus in Maßnahmen der Jugendhilfe nicht den erwarteten Erfolg zeigen.

Kooperation ist das Zauberwort
„Sputnik“ ist ein Projekt, das niemanden vergisst oder durch die Systeme vieler unabhängig voneinander arbeitender Einrichtungen rutschen lässt, denn: „Hier kooperieren alle Beteiligten engmaschig und intensiv zusammen“, betont Peter Raben vom Jugendamt des Kreises Nordfriesland. Dazu gehören die Jugend- und Eingliederungshilfe, die Schulaufsicht des Kreises Nordfriesland, das „Förderzentrum Lernen Pestalozzischule Husum“, das Förderzentrum „Geistige Entwicklung Rungholtschule Husum“, die Ambulanz der Kinder- und Jugendpsychiatrie Husum und das DW Husum. Augenblicklich nehmen fünf junge Menschen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren an dem Projekt teil. „Alle, die in diesem Netzwerk zusammenarbeiten, haben unterschiedliche Ansätze und Sichtweisen. So kommen viele verschiedene Ideen darüber zusammen, was zum Wohle der betroffenen Kinder und Jugendlichen unternommen werden kann“, erklärt Projektkoordinator Benjamin Kühnberger vom DW Husum. „Die jungen Menschen sollen auf jeden Fall im schulischen Rahmen gehalten werden“, so Raben. Durch die Zusammenarbeit vieler Stellen sei schnelle Hilfe möglich – und auch die gelegentliche Umsetzung „einer verrückten, aber hilfreichen Idee“ habe dadurch einen Nährboden erhalten.

Außerschulische Lernorte
Ganz konkret ruht „Sputnik“ auf zwei Säulen: Als fester Anlaufort steht den jungen Menschen stundenweise einerseits ein Bauern- und Reiterhof in Ahrenviöl zur Verfügung. „Dieser ist als außerschulischer Lernort wichtig, weil die Teilnehmenden hier etwas Praktisches tun können und die Gleichwertigkeit von Schule und Natur erfahren. Sie lernen etwas über das Leben auf dem Bauernhof und über den Umgang mit Tieren, die sie mit versorgen“, so Raben. Oder, wie es Simone Bock vom Förderzentrum Lernen der Pestalozzischule auf den Punkt bringt: „Die Teilnehmenden nehmen sich selbst anders wahr. Die richtige Behandlung von Tieren hat einen großen Lerneffekt.“ Die zweite Säule ist das Familienhaus Wichern, das zeitweise Räumlichkeiten zur Verfügung stellt zum Malen und Basteln, Gestalten oder Kochen.

Ein multiprofessionelles Team
„Alle Teilnehmenden werden nach einem individuellen Plan betreut“, sagt Peter Raben. Sie sollen auch weiterhin auf jeden Fall in ihre Schulen gehen. Auch mit diesen Schulen arbeitet das Netzwerk intensiv zusammen. So kann es sein, dass individuelle Lehrpläne für die Projektteilnehmenden wöchentlich geändert und an die Bedürfnisse angepasst werden. Freilich gibt es auch immer wieder Krisen – doch zerstören diese das Beziehungsgeflecht nicht: „Die Kinder werden kontinuierlich in ihren Systemen gehalten, sie erleben keine Abbrüche“, so Raben. Grundsätzlich ist die Klammerfunktion dieses Projekts, das alle Beteiligten mit ihren speziellen Potenzialen an einen Tisch holt, so einfach wie genial – wenn auch keineswegs leicht in der Umsetzung. Kühnberger: „Es gibt kaum ein anderes Projekt, bei dem der Aufwand so immens ist, fast täglich Gesprächsbedarf besteht und ein so intensives Krisenmanagement nötig ist.“ Aktuell arbeiten zwei pädagogische Fachkräfte, zwei Assistenten und zwei Sonderpädagoginnen mit den Kindern und Jugendlichen. Dazu die pädagogische Fachkraft vom DW, Christoph Peter Bachmann: „In diesem multiprofessionellen Team können wir gemeinsam Chancen auf einen Bildungsweg mitgeben, der den Fähigkeiten der jungen Menschen entspricht und ihnen eine soziale Teilhabe ermöglicht.“ Oder, wie es Heiko Huwendiek, ebenfalls pädagogische Fachkraft, ausdrückt: „Die Herausforderung des Projekts ist es, die Teilnehmenden Vertrauen in Wertschätzung, Stabilität und Bindung zurückgewinnen zu lassen, damit wir gemeinsam die Basis für das Ziel ‚Schulabschluss‘ erarbeiten zu können.“ Nicht immer seien, so Kühnberger, die Lernfortschritte sofort sichtbar, aber: „Wir möchten einen Anker für die Teilnehmenden einschlagen, etwas Positives initiieren und alternative Handlungsmodelle anbieten“, umreißt es griffig Simone Bock.
Text und Bild: Sonja Wenzel

Ich bete an die Macht der Liebe

Schwesing – 300 Stelen, für jeden Toten eine. Sie stehen wie mit hängenden Köpfen, vereinzelt, verzweifelt im Nirgendwo zwischen Schwesing und Husum. Sie erinnern an die 2500 Lagerinsassen des KZ-Außenlagers, das hier im September 1944 belegt wurde, 300 von ihnen starben an Hunger, Auszehrung, Misshandlung und unerträglicher Demütigung. Am Volkstrauertag gedachten ihrer Soldaten der Fliegerhorst-Kaserne Husum, Mitglieder des Freundeskreises KZ-Husum-Schwesing – unter ihnen Altbischöfin Maria Jepsen -, Kommunalpolitiker und die Kirchengemeinde.

Es ist wichtig, für seine Überzeugungen einzutreten
„Die Erinnerung ist eine moralische Verpflichtung gegenüber den Toten“, sagte Major Daniel Neuenhofen und weitete das Gedenken aus auf die Kriegsopfer – Männer, Frauen und Kinder – aller Nationen. Aus der Erinnerung erwachse die Mahnung, alles zu tun, damit derartiges sich nicht wiederholen könne, sich zu zeigen und nicht kopfschüttelnd in der Menge stehen zu bleiben. „Gerade im Moment ist es wichtig, aufzustehen und für seine Überzeugungen einzutreten.“

Volkstrauertag als mahnende Erinnerung
Der Volkstrauertag wird zwei Sonntage vor dem 1. Advent begangen – das ist der vorletzte Sonntag des Kirchenjahres. Und wenngleich der Anlass ein staatlicher Gedenktag ist, nehmen sich die Kirchengemeinden in Nordfriesland dieses Anliegens an und gestalten seit vielen Jahren ihre Gottesdienste an diesem Tag als Friedens- und Mahngottesdienste. Gemeinsam mit den kommunalen Partnern nehmen sie an den Veranstaltungen und Kranzniederlegungen teil, die anschließend an den Gedenktafeln für die Gefallenen stattfinden. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge stellt seit langem die Opfer von Krieg und Gewalt aller Nationen in den Mittelpunkt des Gedenkens.

Ich bete an die Macht der Liebe
In der Schwesinger Kirche kamen Vertreter der Bundeswehr, eine Abordnung der Feuerwehr und der Kommunalgemeinde waren zum Gottesdienst zusammen. Pastor Jürgen Kaphengst hielt die Predigt, sein Thema waren Verfolgungssituationen, denen sich Christen heute weltweit ausgesetzt sehen. „Ich bete an die Macht der Liebe“ – eine einzelne Trompete spielte dieses anrührende Stück auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers und fasste ohne Worte zusammen, was alle bewegte: Dass Hass und Gewalt dort keine Chance haben, wo Liebe regiert und Menschen füreinander statt gegeneinander einstehen.

KZ-Schwesing

Gerechtigkeit durch fairen Handel

Garding – Gerechtigkeit ist ein großes Wort und ein dickes Brett, das es zu bohren gilt. Das fängt auf dem Schulhof an und hört mit globalen Problematiken nicht auf. Teamer und Mitarbeitende des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros Nordfriesland (EKJB) setzten sich mit einem Jugendgottesdienst mit dem Thema auseinander. Dabei war ihnen wichtig, dass die Besucher selbst erlebten, wie sich Ungerechtigkeit anfühlt und so zu eigenen Schlüssen kommen konnten.

Fairer Handel für bessere Bedingungen
„Gleich am Eingang wurden die Besucher begrüßt und mussten Kiesel-Steine nach vorne tragen“, erzählt Anna Ihme, Mitarbeiterin am EKJB. Für diese „Arbeit“ wurden sie dann mit Schokolade „bezahlt“. Doch dabei ging es keineswegs gerecht zu. Plötzlich war zum Beispiel die Augenfarbe ein Kriterium für die Höhe des Lohnes. Und obwohl alle das Gleiche geleistet hatten, verdienten einige bis zu drei Schoko-Täfelchen, andere gingen leer aus.
„Wir allen kennen es, ungerecht behandelt zu werden“, erklärt Anna Ihme. Den sieben Jugendlichen, die den Gottesdienst erarbeitet hatten und ihn auch leiteten, war wichtig gewesen, auf die Situation der Kakaobauer im globalen Süden hinzuweisen: Sie haben keinen geregelten Zugang zum Exportmarkt, stark schwankende Weltmarktpreise für Kakao machen ihnen zu schaffen, auf den hohen Produktionskosten bleiben sie allzu leicht sitzen. „Fairer Handel bietet Chancen und setzt sich für bessere Bedingungen ein“, war das Credo des Gottesdienstes. „Kakaobauer sind Menschen, wie du und ich“, so die Jugendlichen. „Ihr könnt etwas tun, achtet auf das Fairtrade-Zeichen.“

Von Jugendlichen für Jugendliche
Der Gottesdienst in Garding war der letzte von dreien, vorher gab es schon Feiern in Bredstedt und Niebüll. Die Jugendlichen hatten ihn nicht nur vorbereitet, sie besorgten auch die Musik mit Bass, Gitarre, Cajon, Geige, Saxophon, Ukulele und E-Piano. Insgesamt nahmen etwa 150 Jugendliche und Konfirmanden an den Gottesdiensten teil und nutzten die Gelegenheit, sich vertieft zu informieren und eine eigene Position zu finden.
Jeder kennt Erfahrungen von Ungerechtigkeit und jeder versucht auf seine Weise, für Gerechtigkeit einzutreten. Und so geschah es auch in Garding. Am Ende der Predigt wurde die Schokolade gerecht verteilt, Äußerlichkeiten wie Hautfarbe oder Herkunft spielten keine Rolle mehr. So soll es sein in der Welt, war der Tenor. Und jeder und jede kann etwas dafür tun.

Elias: Große Emotionen in der Marienkirche

Husum – Gänsehaut-Momente gab es gestern in der Marienkirche: Vor vollem Haus führte die Husumer Stadtkantorei gemeinsam mit der Kantorei Büsum-Wesselburen das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy auf. Das Werk erzählt die Geschichte des alttestamentlichen Propheten, der im Ringen um den rechten Glauben in Israel an seine Grenzen gerät und am Ende von Gott mit „feurigen Rossen“ in den Himmel heimgeholt wird.

Scharfe Konflikte im alten Israel
Elia wirkt im Nordreich Israel um 870 bis 850 vor Christi. Als Prediger des wahren Gottes setzte er sich mit dem Baals-Kult auseinander, der von König Ahab protegiert wurde. Dabei kam es zu dramatischen Szenen zwischen dem Propheten und den Baals-Anhängern. Felix Mendelssohn-Bartholdy goss 1846 diesen Stoff in eine meisterliche, musikalische Erzählung.
In der Marienkirche gab Ulf Bästlein den Elias. „Rufet lauter!“, spornte er den Chor an, als dieser in der Position der Baals-Anhänger um Regen flehte. Bästlein verstand es, seinen Bass mit dem feinen Spott zu würzen, den Mendelssohn dem Elias angediehen hatte. Der Funke zwischen dem Solisten und dem Chor sprang über, vor den inneren Augen der Zuhörer entstand das Bild einer scharfen Auseinandersetzung auf dem Karmel, an deren Ende es der Gott Elias ist, der der Dürre ein Ende setzt und den so sehr erflehten Regen schenkt.

Zauberhafte Solisten
Besonders anrührend bei diesem Werk sind die Duette und Quartette, die Mendelssohn überaus sparsam orchestriert. Martina Möbius (Sopran) und Katharina Sternberg (Alt) intonierten gemeinsam mit Chorsängerin Ilse Bublitz das berühmte „Hebe deine Augen auf zu den Bergen“. Für das Doppelquartett „Denn er hat seinen Engeln“ kamen noch die Chorsänger Friedemann Magaard und Harald Meyenburg dazu. Michael Gehrke (Tenor) setzte sich als König Ahab stimmgewaltig mit dem streitbaren Propheten auseinander. Und als Knabe, der nach Regen Ausschau hält, stieg Hanna Leonora Hollesen sogar in die Kanzel.

Die musikalische Leitung lag bei Gunnar Sundebo und Kai Krakenberg
Die Lübecker Sinfonietta spielte kraftvoll und konzentriert. Die Aufführung des Elias war ein Gemeinschaftsprojekt der Kantoren Kai Krakenberg (Husum) und Gunnar Sundebo (Wesselburen). Die Kantoreien hatten sich fast ein Jahr lang mit ihren Chorleitern vorbereitet und führten das Stück am Freitag bereits in der Wesselburener St. Bartholomäus-Kirche unter Leitung von Gunnar Sundebo auf. In Husum dirigierte Kai Krakenberg und verhalf der gut zweistündigen Inszenierung zu großen Emotionen.