Breklum – Der eine hat zuviel davon, dem anderen fehlen sie
aufs Bitterste. Die Rede ist von Immobilien. Im Kirchenkreis Nordfriesland gibt
166 Gebäude verschiedenster Art und Qualität, und die Fachleute sorgen sich,
wie das in Zukunft gehen kann. Die Mitarbeitenden der Diakonischen Werke hingegen
leiden darunter, dass immer mehr Menschen wohnungslos oder von
Wohnungslosigkeit bedroht sind. Da muss doch was gehen, dachten sich Nora
Stehen vom Christian Jensen Kolleg Breklum und Adelheit Marcincyk vom
Diakonischen Werk Husum und luden zum „Fachtag Wohnen“ ein.
Es fehlt vor allem an kleinen Wohnungen
„Was kann Kirche tun, um Wohnraum zu schaffen?“ – mit dieser
Leitfrage eröffnete Adelheit Marcincyk den Nachmittag vor etwa 40 Teilnehmenden.
Christian Grelck vom Kreis Nordfriesland betonte, dass Wohnen ein Grundrecht
sei. Wohnraum sei rein rechnerisch mehr als genug vorhanden, aber die hohe Zahl
von Ferienwohnungen verfälsche die Statistik, es fehle eklatant besonders an
kleinen Wohnungen in den Stadtgebieten. Felix Arnold vom ALP-Institut für
Wohnen und Stadtentwicklung belegte anhand von Zahlen und Daten die besondere
Situation Nordfrieslands und bestätigte die Einschätzung Grelcks: „Weniger als
10 Prozent der Wohnungen haben weniger als 60 Quadratmeter“, sagte er. „Es ist
wichtig, dass der Kreis und die Kommunen sich mit diesem Thema beschäftigen.“
Zu viel, zu alt, zu teuer
Mit Zahlen arbeitete auch Kirchenkreis-Architekt Pieter
Dubbeldam: In 62 Kirchengemeinden leben knapp 95000 Kirchengemeindeglieder, das
sind 17000 weniger als noch 2009. Es gibt 88 Kirchen und Kapellen, 55 Pastorate,
in denen teilweise Gemeinderäume vorgehalten werden, und 23 alleinstehende
Gemeindehäuser. Insgesamt schätze er den Sanierungsbedarf auf mehr als 23,3
Millionen Euro. „Wir haben zu viele, zu alte und zu teure Gebäude“, sagte er.
Und Propst Jessen-Thiesen ergänzte. „Es werden immer weniger Gemeindeglieder,
die die Gebäude nutzen“, sagte er. Auch die Zahl der Amtshandlungen gehe stetig
zurück. Bereits im Jahr 2030 werde es, weil es weniger Pastoren gibt, deutlich
weniger bewohnte Pastorate geben. „Wir wollen nach Möglichkeit unsere Gebäude
der Allgemeinheit zur Verfügung stellen“, sagte er.
Projekte und Ideen
Vier Projekte stellten sich vor: In Heide gibt es den
Kommunal-Diakonischen-Wohnungsverband, bei dem Stadt und Kirche sehr eng
zusammenarbeiten, um von Wohnungslosigkeit bedrohten und Wohnungslosen zu
helfen. Sie unterhalten zusammen ein Wohnprojekt mit 28 Einheiten – ein
Erfolgsmodell, auch wenn es in Heide weiterhin an geeignetem Wohnraum fehle. Der
Kirchengemeindeverband Elmshorn erzählte von seinem Präbandenstift, das 23 Altenwohnungen
in kirchlicher Trägerschaft unterhält. Lukas Lehmann von der Hempelstiftung
Kiel konnte berichten, dass die Stiftung ein Mehrfamilienhaus gekauft habe, um
darin auch Menschen mit Mulitproblemlagen unterbringen zu können, die eine
Wohnungsfähigkeitbegleitung brauchen. Die Kirchengemeinde Norderstedt hat auf
ihrem Grundstück Katenwohnungen für Menschen mit Altersarmut bauen lassen.
Kooperationen anstreben
Sehr viele Antworten gab es bei diesem ersten Treffen noch
nicht, aber doch Ideen und Impulse. Der Markt, so Bernd Hannemann, der Grüße
vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein überbrachte, werde das Problem nicht
lösen. Es wurde deutlich, dass Möglichkeiten, aber auch Sprengstoff in diesem
Thema enthalten sind, und die Notwendigkeit, Angebot und Bedarf besser
aufeinander abzustimmen. Immer wieder waren Kooperationen das Thema: Wo
Kommune, Kirche und Sozialhilfeträger gut zusammenarbeiten, kann es zu
kreativen und nachhaltigen Lösungen kommen.