St. Severin: Gastfreundlich und segnend

Zu vielen kritischen Anfragen in kirchlichen Kreisen führte der Gottesdienst anlässlich der Eheschließung von Finanzminister Christian Lindner und der Journalistin Franca Lehfeldt in Keitum/Sylt. Medienberichten zufolge sind beide nicht Kirchenmitglied.

„Es ist auch bei uns in St. Severin die Ausnahme, dass Paare getraut werden, die nicht in der Kirche sind“, teilte Susanne Zingel, Pastorin der Kirchengemeinde in Einvernehmen mit dem Kirchengemeinderat mit. „Aber es findet statt.“ Dabei verwies sie auf einen Synodalbeschluss der Nordkirche aus dem Jahr 2019, in dem es darum geht, auf Mitglieder und Distanzierte zuzugehen und in Erprobungsräumen neue Wege – auch mit Ausgetretenen – zu gehen. „Wir sind in diesem Erprobungsprozess eine teilnehmende Gemeinde“, so die Pastorin.

Auf diesem Hintergrund und in enger Absprache mit Pröpstin Annegret Wegner-Braun war es nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Ehepaar rechtlich und seelsorgerlich möglich, diesen Gottesdienst zu feiern und dem Paar Gottes Segen zuzusprechen. „Wir sind eine gastfreundliche, segnende und betende Gemeinde, die sich vor Gott in St. Severin immer neu zusammenfindet“, zitiert Susanne Zingel in einem offenen Brief aus dem Leitbild der Kirchengemeinde. „Uns verbindet die Hoffnung auf das Wirken des Heiligen Geistes, der die Gemeinde Jesu Christi lebendig erhält.“

Bank mit Botschaft

Wenn „Tafeltag“ in Husum ist, stehen die Kundinnen und Kunden oft schon Stunden vorher vor der Friedenskirche und bilden aus ihren Taschen eine lange Schlange. Denn wer zuerst kommt, mahlt zuerst, die gespendeten Waren sind begrenzt, und die Not ist groß. Um ihnen die Wartezeit ein wenig angenehmer zu machen, haben Mitarbeitende des Diakonischen Werks eine Bank mit Botschaft aufgestellt. „Kein Platz für Rassismus“ steht auf der Lehne, und darunter ist ….. kein Platz zum Sitzen.

„Wir haben diese Bänke im Projekt ‚Anpacken‘ erstellt“, erzählt Thomas Pevec, Tischler und Fachanleiter im Diakonischen Werk Husum. Das Projekt ist eine handwerkliche Qualifizierungsmaßnahme für Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen. Für die Teilnehmenden sei das ein interessantes Projekt gewesen, sagt er: Die Bänke sind carbonisiert und mit einem Gemisch aus Leinöl und Chinaöl imprägniert, so dass sie sehr widerstandsfähig gegen nordfriesische Schmuddelwetter sind. Die Buchstaben seien von Hand geschnitzt und farblich abgesetzt worden. Das Projekt „Anpacken“ ist auf sechs Monate angelegt. Die Teilnehmenden lernen viel über Holz und das Tischlerhandwerk, in einer zweiten Phase beschäftigen sie sich mit dem Trockenbau. Hinzu kommen wöchentliche Theorie-Einheiten, die sich mit Arbeitsrecht und Arbeitssicherheit, aber auch mit Materialkunde beschäftigen. Das Zertifikat, das sie im Abschluss erhalten, soll künftigen Arbeitgebern zeigen, dass die Teilnehmenden schon Erfahrungen in der praktischen Arbeit haben und sie somit für den ersten Arbeitsmarkt auszeichnen.

„Eine witzige und schöne Idee“, sagt Andreas Raabe, der Pastor in der Friedenskirche ist, in der zurzeit die Tafelausgabe stattfindet. Er erlebt hautnah, wie früh die Gäste kommen und wie lang sie auch bei schlechtem Wetter auf dem Vorplatz ausharren, denn Arbeits- und Wohnraum des Pastors liegen direkt nebenan. „Kein Platz für Rassismus“ und „Gott liebt Vielfalt“ – diese Aussagen sind der Kirchengemeinde so wichtig, dass sie gleich vier von den Bänken bestellt hat, die an und bei den vier Gotteshäusern der Kirchengemeinde ihren Platz finden werden.

BU: Thomas Pevec (2. v. li.) und Andreas Raabe (2. v. r.) freuen sich mit Teilnehmenden des Projekts „Anpacken“ über die neuen Bänke

Fahrradsternfahrt nach Garding

Im Rahmen der Sanierungen laden die Eiderstedter Kirchengemeinden zu einer Fahrradsternfahrt ein. „Tour de Kark“ heißt das Motto: Am Sonnabend, 6. August, geht es um 13 Uhr von drei verschiedenen Startpunkten los in Richtung Garding. Auf dem Weg können die Teilnehmenden jeweils eine Kirche besichtigen und sich über Geschichte und Baufortschritt informieren. „Wir kommen mit den Bauarbeiten gut voran“, sagt Michael Goltz, Pastor für St. Peter-Ording und Tating sowie Fundraiser für das Projekt „Eiderstedter Schutzengel“. „Wir haben mit den Sanierungsarbeiten begonnen. Eiderstedter, Urlauber, Wochenendbesucher, Vereine, Geschäfte, Unternehmen jeglicher Art haben bereits 425000 Euro gesammelt.“ Allerdings fehlen noch weitere 900000 Euro. Bei der Fahrradsternfahrt können SpenderInnen und Interessierte sehen, was mit dem Geld gemacht wird und wo es noch fehlt. Goltz und seine Frau, Pastorin Sylvia Goltz, stehen ab 13 Uhr an der Ordinger Kirche bereit und radeln dann weiter nach Tating, wo der Trupp um 14 Uhr eintrifft – dort gibt es eine kurze Führung durch die die älteste Eiderstedter Kirche mit ihrer Ausstellung zu digitaler Kunst.

„Wir laden ein, die Kirchenlandschaft Eiderstedt mit dem Fahrrad zu entdecken“, sagt Inke Thomsen-Krüger, Pastorin in Oldenswort. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Christian Fritsch beginnt sie die Tour um 13 Uhr in Witzwort und fährt dann weiter nach Oldenswort. Dort soll es dann um 14 Uhr eine kleine Bauführung geben.

In Vollerwiek startet der dritte Trupp um die Pastoren Jörg Reglinski (Eiderstedt-Mitte) und Alexander Böhm (Tönning) um 13 Uhr. Ab 14 Uhr geht es in Welt weiter. Um 16 Uhr treffen sich die Radlergruppen in der St.-Christian-Kirche Garding. Dort gibt es eine kleine Orgelmusik und anschließend Kaffee und Kuchen als Stärkung für die Rückfahrt. Insgesamt sind die Touren jeweils 30 bis 40 Kilometer lang und eignen sich für Familien ebenso wie für E-Bikes oder herkömmliche Fahrräder. „Wir werden nicht ganz so schnell wie die Tour de France sein“, sagt Inke Thomsen-Krüger lächelnd, „wir nehmen aufeinander Rücksicht. Das klappt schon.“ Gerne kann man zwischendurch aufschließen. Bei ihr kann man sich unter Tel. 04864/10181 anmelden und auch weitere Informationen zum Streckenverlauf erfragen.

Foto: Thorsten Beetz

Der lange Weg

Ladelund: Die KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund zeigt auch in diesem Sommer eine Sonderausstellung. Vom 26. Juli bis zum 4. September 2022 wird die Ausstellung zu den normalen Öffnungszeiten (Di-Fr 10-16, Sa und So 14-16) in der KZ-Gedenkstätte zu sehen sein.

Die diesjährige Sonderausstellung steht unter dem Titel „Der lange Weg. Aus Vergangenheit lernen – Zukunft gestalten“ und thematisiert die lange Geschichte der Ausgrenzung der Volksgruppe der Sinti und Roma. Seit letztem Herbst wird die vom Landesverband Deutscher Sinti und Roma konzipierte Ausstellung in ganz Schleswig-Holstein gezeigt.

Auf 21 Schautafeln wird die Geschichte der Verfolgung, Diskriminierung und Entmenschlichung der Sinti und Roma seit dem Mittelalter gezeigt. Biografien, die davon ein beredtes Beispiel geben, stehen im Zentrum der Ausstellung. Ein besonderes Gewicht besitzen die historischen Bilder, die deutlich zeigen, wie Sinti und Roma in das gesellschaftliche Leben und im lokalen Geschehen eingebunden waren.

Der Verband der Sinti und Roma setzt mit der Wanderausstellung im Rahmen der Aufklärung und im Kampf gegen Antiziganismus ein Zeichen zur Information, Austausch, Präsenz und Begegnung.

Die Ausstellung wird am 26. Juli 2022 um 19.00 mit einem Vortrag von Matthäus Weiß, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Sinti und Roma, eröffnet. Herr Weiß wird unsere Veranstaltung in Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Jens Rönnau, Kurator der Ausstellung, gestalten. Dazu laden wir Sie gerne ein und bitten um eine Anmeldung unter info@kz-gedenkstaette-ladelund.de oder der Tel. 04666-449.

Titelfoto: Rolf-Ulrich Schlotter

Abschied mit Zimbelstern

Neukirchen-Aventoft-Rodenäs – Mit ihm geht eine Ära zu Ende: 28 Jahre lang war Jochen Seeger Organist für die drei Kirchengemeinden, 26 Jahre war er im Kirchengemeinderat, 22 Jahre lang außerdem Küster für Neukirchen. Jetzt wagt der 55-Jährige noch einmal einen beruflichen Neuanfang. Mit großem Dank nahmen die Kirchengemeinden Abschied von dem engagierten Mitarbeiter.

Am 1. April 1994 habe Jochen Seeger in Neukirchen angefangen, erzählte Swen Hansen vom Kirchengemeinderat Neukirchen. 1998 schloss er die C-Prüfung ab und seit 2000 war außerdem Küster in Neukirchen, und das sei „ein Geschenk für die Gemeinde“ gewesen, weil Jochen Seeger seinen Beruf immer als Berufung angesehen habe. Zuletzt habe er in fünf Kirchengemeinden den Orgeldienst versehen, ein großer logistischer Aufwand, der durch den scheidenden Mitarbeiter perfekt organisiert gewesen sei und im Kirchenkreis zum Vorzeigeprojekt wurde.

Ihm zu Ehren hatte sich auch Kirchenkreiskantor Kai Krakenberg auf den Weg gemacht und übernahm die Orgelbegleitung nach der Entpflichtung, die Pastor Ernst Wagner durchführte. Der hatte, gemeinsam mit seiner Frau Pastorin Meike Meves-Wagner viele Jahre mit Jochen Seeger eng zusammengearbeitet. Maike Mewes-Wagner hielt die Predigt und sprach anrührende und anerkennende Worte zum Abschied. „Danke für deine Treue, dein Engagement und deine Zuverlässigkeit“, sagte sie. In ihren Dank bezog sie auch Ehemann Christoph Marschner ein, der unzählige Male mitangepackt hatte, wenn zwei Küsterhände nicht ausreichten.

Musikalisch wurden zum Abschied noch mal alle Register gezogen. Sogar der Zimbelstern kam unter dem Raunen der Gemeinde zum Einsatz: Er wird nur bei sehr festlichen Anlässen bespielt. Auch der Flötenkreis ließ es sich nicht nehmen, den scheidenden Musiker zu ehren. Jochen Seeger geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. In Zukunft wird er im Kirchenkreis Nordfriesland für das Archivwesen zuständig sein, und der Kirchengemeinde Süderlügum-Humptrup bleibt er als Organist erhalten. „Ich habe mich immer schon fürs Archiv interessiert“, erzählt er. Er freue sich auf die neue Aufgabe. Auf der anderen Seite endet eine sehr intensive Zeit, in der er viel bewegen und bewahren konnte.

Abschied Jochen Seeger

Nachhaltig heiraten

Husum – Sie sind ein echter Hingucker, die Velo-Bikes der Radstation Husum: Luftig wie eine Rikscha, elegant wie eine Limousine, ökologisch wie ein Fahrrad, edel wie eine Kutsche. Zwei Stück davon stehen bei der Husumer Radstation und können von jedermann inklusive Fahrer gebucht werden. Aktuell hat das Diakonische Werk (DW) als Träger der Radstation neue Kooperationen geknüpft, um die Velos gut zu nutzen.

„Wir bieten verschiedene Velo-Routen für Touristen an“, erzählt Adelheit Marcinczyk vom DW. Es gibt zum Beispiel eine Kulturroute zu den wichtigsten Kultur-Spots Husums, aber auch eine Gedenkroute, die bis zum ehemaligen Konzentrationslager Schwesing führt. Die Touren dauern jeweils zwei Stunden und werden in Zusammenarbeit mit der Tourismuszentrale beworben. Immer ist der Fahrer Werner Zimmermann dabei, dem das Elektor-Mobil sichtlich Spaß macht und der die Gäste souverän durch den Verkehr lenkt. „Das muss ein bisschen üben“, erklärt Manfred Hansen, der die Radstation leitet, „das ist in Länge und Breite doch deutlich anders als ein normales Fahrrad.“ Zum Selberfahren eignet sich das Velo-Bike darum nicht. Aber in der Radstation kann man alles andere mieten, was mit zwei Rädern zu tun hat: E-Bikes und Kinderräder, Anhänger, Rad- und Wanderkarten und sogar die beliebten E-Scooter gibt es hier.

Ganz neu ist nun die Idee, das Velo-Bike als Hochzeitskutsche anzubieten. Antje Leßmann vom Galanthus stellte für die Vorführung den Blumenschmuck bereit. Und plötzlich überschlagen sich im Team die Ideen: „Wir könnten eine ganze Hochzeitsgesellschaft mit Fahrrädern ausstatten“, sagt Manfred Hansen. „Da böte sich doch eine Zusammenarbeit mit dem Christian Jensen Kolleg (CJK) in Breklum an“, spinnt Adelheit Marcinczyk den Faden weiter: Man könnte mit der ganzen Familie von der Kirche in das bekannte Tagungshaus radeln, dort feiern und schick übernachten. Warum denn nicht? Und in Gedanken sehen sie es schon vor sich: das fröhliche Brautpaar im geschmückten, weißen Velo-Bike vorweg, dahinter laut klingelnde Verwandte und Freunde, die sich das gute Essen dann auch redlich verdient haben. „Nachhaltig heiraten“ könnte das doppelsinnige Motto dieses Pauschalangebots lauten.

Aber zum Ernst: Die Velo-Bikes der Radstation sind ein Beispiel dafür, wie sich soziales Engagement, Klimaschutz und Tourismus verbinden lassen: In der Radstation arbeiten Langzeit-Arbeitslose, die sich nach einem geregelten Tag sehnen und gerne zurück in den Arbeitsmarkt finden möchten. Sie lernen unter Anleitung von Martin Hansen Fahrradtechnik und mehr. Die Velo-Bikes sind für sie interessante Objekte. Der Elektro-Antrieb ist zukunftsorientiert und emissionsfrei, nicht ohne Grund fährt das Velo-Bike unter dem Jahresmotto des Kirchenkreises Nordfriesland „Zeit, dass sich was dreht“. Denn bis 2031 klimaneutral zu werden, das hat sich der Kirchenkreis vorgenommen. Immer mehr Menschen unterstützen den Mobilitätswandel, und Gäste lassen sich sehr gerne auf diese Form des Slow-Tourism ein.

„Uns liegt der Klimaschutz sehr am Herzen“, ließ Propst Jürgen Jessen-Thiesen mitteilen. „Wir freuen uns ganz besonders über kreative Ideen, die das Thema nach vorne bringen und trotzdem Spaß machen.“ Auch Thorsten Hensel von der Evangelischen Darlehensgenossenschaft, die immer wieder Projekte des DW unterstützt, lobte die Idee: „Wir unterstützen sehr gerne nachhaltige Projekte“, sagte er.

Geistliche Begleitung

Die meisten Menschen haben einen Sensor dafür, dass es zwischen Himmel und Erde noch etwas gibt, was sich nicht in die Grenzen von Naturwissenschaft und kognitiver Erkenntnis fügen will. Nicht jeder nennt es Gott, Allah oder Jesus, und viele haben aufgehört, es in den Kirchen oder Gottesdiensten zu suchen. „Geistliche Begleitung öffnet Räume zum Nachdenken und Nachspüren“, sagt Claudia Hansen, Referentin für Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland. Sie hat sich drei Jahre lang zur Geistlichen Begleiterin ausbilden lassen und  lässt nun ihre Erfahrungen in die Arbeit einfließen. Sie hat für all diese Nuancen, für die Fragen und Zweifel, für die Sehnsucht und die Suche nach Sinn ein feines Gespür.

„Geistliche Begleitung bietet einen geschützten Raum und Klärungshilfe für die persönliche Suchbewegung,“ heißt es auf dem Flyer der Nordkirche. Und so praktiziert sie auch Claudia Hansen als Referentin für Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland. „Ich stelle den Raum zur Verfügung, in dem spirituelle Erfahrungen gemacht werden können“, erzählt sie. Das kann Tanz sein oder Meditation, das kann ein Gebärdengebet oder auch eine Bibelarbeit sein, das kann im Gespräch geschehen oder auch während der gemeinsamen Arbeit im Perlen-des-Glaubens-Garten, den sie initiiert hat.

Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Geistlichen Begleiterin. Drei Jahre mit viel Kontemplation und Stille, mit Körperarbeit und mit Arbeit an biblischen Texten. Zur Ausbildung gehören Kurswochen in Präsenz und Treffen in Regionalgruppen, aber auch Begegnungen mit einer schon zertifizierten Begleiterin. Immer geht es darum, die eigenen Erfahrungen zu vertiefen und zu reflektieren, Fragen und Zweifel zuzulassen, sich selbst in der Begegnung mit Gott zu entdecken. Geistliche Begleitung ist eine Form der Seelsorge, die das Gespräch in den Horizont des Glaubens stellt. Sie ist keine Therapie, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum und mehrere Einzelgespräche erstrecken kann.

„Menschen suchen heute nach Tiefe“, sagt Claudia Hansen, die viel Erfahrung in Supervision und Biografie-Arbeit hat. Ihr hat sich mit der Ausbildung zur Geistlichen Begleiterin eine Dimension eröffnet. „Der lange Zeitraum der Ausbildung, ganz besonders die 10 Tage Stille nur mit Gottesdiensten, Bibeltexten und mir selbst, das Erleben der sehr unterschiedlichen Ausbilder und ihrer Wege, haben bei mir zur Vertiefung beigetragen und auch für mich selbst neue Räume eröffnet“, erzählt sie. Viele Methoden, die sie gelernt hat, kann sie auch in ihrer Arbeit als Frauenreferentin anwenden. Immer mal wieder lädt sie, wenn es passt, im Rahmen ihrer Veranstaltungen zum Beispiel zu einer Tanzmeditation oder einer Reise nach innen ein. Besonders berührt sie das „Gebet zu zweit“: Dann tun sich Zwei zusammen, eine erzählt und die andere formuliert aus dem, was sie hört, ein Gebet. Und dann wechseln sie. „Das ist eine so schöne Erfahrung“, sagt Claudia Hansen, „das tut so gut, wenn jemand für dich betet.“

Der Mann mit Hut geht in den Ruhestand

Leck – Der Hut ist sein „Markenzeichen“, und eine „Marke“ ist Holger Asmussen ganz gewiss: Unverkennbar in seinem freundlichen Humor, zugewandt und ausgleichend, gerne an- und zupackend, erkennbar fromm und doch nie missionarisch übergriffig. Gestern wurde der Seelsorger in der St.-Willehad-Kirche Leck feierlich von seinen dienstlichen Pflichten entbunden und in den Ruhestand verabschiedet.

„Urlaub für immer“ stehe nun in seinem Kalender, sagte Inke Thomsen-Krüger, die als stellvertretende Pröpstin die Entpflichtung vornahm, und zeichnete die Stationen seines Dienstlebens nach: Er war Pastor in Seretz, auf Föhr, in Leck und für übergemeindliche Vertretungen in der Propstei Nord gewesen. Auf Kirchenkreis-Ebene war er viele Jahre als Synodaler, im Kirchenkreis-Rat und als stellvertretender Propst tätig. Er habe sich in der Notfallseelsorge engagiert, Konfirmandenarbeit und Musik geliebt und sei ein echter Teamplayer. Seit 2012, so erzählte sie, habe er auch das Pilgern für sich entdeckt und begleite seitdem gerne auch Gemeindegruppen auf verschlungenen Pfaden durch Nordfriesland oder in seinem Lieblingsland Schweden.

Im Gottesdienst sorgten Kantorei und Flötenkreis für festliche Stimmung, vor der Kirche spielte ein großer Posaunenchor mit BläserInnen von Föhr, aus Achtrup und Fahretoft-Dagebüll. Grußworte sprachen beim anschließenden Empfang Henning Möller für den Kirchenkreis-Rat, Andreas Deidert für die Stadt Leck und Inke Petersen für die dänische Gemeinde. Herzlich bedankten sich Mitarbeitende und Kollegen für die gute Zusammenarbeit. Anrührend sprach auch Antje Iser-Asmussen, Ehefrau und Kollegin in einem, und erzählte von der vielen praktischen Unterstützung, die sie erfahren habe, egal ob es um Stühleschleppen oder die Gestaltung eines Liedblatts ging. Er sei „ein praktisches Genie“ und habe sich nicht nur als Pastor, sondern auch als Küster und Gemeindesekretärin verdient gemacht.

Der Neu-Rentner strahlte angesichts der vielen guten Worte, aber sicher auch in Vorfreude auf den immerwährenden Urlaub. „Ich bin sehr glücklich mit den vergangenen zehn Jahren in Leck“, sagte er, „ich war sehr gerne hier.“

Abschied Holger Asmussen

Veuve Noire: unterwegs für Respekt und Toleranz

Ihre Heimat ist St. Pauli, ihr Familie heißt Olivia Jones. Sie ist ein Mann und zugleich weiblicher als manche Frau. Veuve Noire ist eine Dragqueen, schillernd und schrill, schlagfertig und wortgewandt, witzig und krass. Sie kann Comedy und Gesang, und begeistert mit ihren Kult-Kiez-Tour in Hamburg viele Menschen. Ihr Name bedeutet „Schwarze Witwe“, das ist eine Spinnenart, deren Weibchen die Männchen nach dem Paarungsakt verspeisen. Aber so weit würde sie nicht gehen: „Männer zum Frühstück, Mittag, Abendessen? Gerne!“, verrät sie auf der Webseite von Olivia Jones. „Aber töten? Ich mache doch mein Spielzeug nicht kaputt!“ Sie kam auf Einladung des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros (EKJB) nach Nordfriesland und traf in Leck und Viöl Schülerinnen und Schüler der dortigen Gemeinschaftsschulen.

Veuve Noire (sprich: Wöff No-ar) ist offizielle Botschafterin der Olivia-Jones-Familie und Aushängeschild der Initiative „Olivia macht Schule“. Anna Ihme vom EKJB hatte die Veranstaltungen organisiert und freute sich sehr, dass mit der 38-Jährigen ein prominentes Gesicht der LGBTQ-Bewegung (siehe Info) nach Nordfriesland kam. Gewohnt im Umgang mit großem Publikum kam die Dragqueen schnell mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt. Und diese hatten überhaupt keine Berührungsängste, sondern stellten viele interessierte Fragen. Passend zu ihrem Namen kleidet sie sich ausschließlich schwarz und braucht, so erfuhren die Jugendlichen, volle drei Stunden, um sich fertigzumachen. Dennoch sei ihr Outfit keine Verkleidung, sondern Teil ihrer Identität, die sie als die eines „homosexuellen Mannes im Körper einer heterosexuellen Frau“ beschreibt.

„Be more rainbow“ (sei mehr Regenbogen!) – unter diesem Titel hatte das EKJB ein Projekt für mehrere Zielgruppen ins Leben gerufen. Für Sechs- bis Zehnjährige schafften sie das Bilderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“ an und gaben es an Grundschulen und Kirchengemeinden mit Anregungen für die pädagogische Arbeit weiter. Pastorinnen und Pastoren setzten sich in einem Konvent mit dem Thema auseinander, und auf Kreisebene gibt es einen Fachtag für die pädagogisch Mitarbeitenden. Für Kinder und Jugendliche außerhalb der Schulen gab es außerdem eine Postkartenaktion und die Aufforderung, Nordfriesland mit Straßenkreide bunt zu machen als Zeichen gegen Rassismus und Intoleranz.

Die Begegnung mit Veuve Noire war einer der Höhepunkte des Projekts. Knapp 350 junge Menschen hörten gespannt zu, als die Dragqueen von ihrem Leben und den zahlreichen Repressalien erzählte, die sie erlitten hatte. Richtig glücklich sei sie erst, seit sie Mitglied der Olivia-Jones-Familie sei und in deren Auftrag in Schulen und Kindergärten Aufklärungsarbeit für ein Leben in Vielfalt, Gleichberechtigung, Respekt und Freiheit mache. Das EKJB will mit diesem Projekt geschlechtliche Vielfalt sichtbar machen und LGBTQ in die Mitte der Gesellschaft holen. „Wir als EKJB glauben, dass Gott jeden von uns wunderbar gemacht hat“, sagt Anna Ihme. „Es ist egal, wen du liebst. Hauptsache, du liebst.“

Info: LGBTQ ist die Abkürzung für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen. Etwa 7,5 Prozent der Deutschen identifizieren sich als LGBTQ, das sind rund sechs Millionen Menschen. Statistisch gesehen sind also in jeder Schulklasse, jeder Kindergarten – oder Konfirmandengruppe Persönlichkeiten, die sich mit den heterosexuellen Normen nicht identifizieren können. Die Regenbogenflagge gilt als Symbol für ihren Kampf gegen Diskriminierung, Unterdrückung, Gewalt und Ausgrenzung.

Dem Klimawandel begegnen

Dem Klimawandel entschieden zu begegnen hat sich der Kirchenkreis Nordfriesland vorgenommen: Schon auf der Sitzung im November des vergangenen Jahres hatte die Synode beschlossen, dass der Kirchenkreis – und zwar mit allen Gemeinden, Gebäuden und Einrichtungen – bis zum Jahr 2031 klimaneutral sein wolle. Eine Steuerungsgruppe beschäftigt sich seitdem mit den dafür nötigen Maßnahmen. In kleinen „World-Café“-Runden diskutierten die Synodalen nun über konkrete Schritte und brachten so ihre Ideen in den Prozess mit ein.

Matthias Marx, Klimaschutz-Manager des Kirchenkreises, brachte gemeinsam mit Pastorin Inke Thomsen-Krüger die Diskussionsgrundlage ein: Den Klimawandel jetzt noch zu stoppen sei sehr schwierig, aber nicht unmöglich, machte er deutlich und unterschied zwischen Klimaneutralität, CO2-Neutralität und Treibhausgasneutralität. CO2-Neutralität kann vornehmlich erreicht werden durch die Verminderung fossilen Brennstoff-Verbrauchs. Treibhausgasneutralität erfordert auch die Reduzierung von Methangas-Emissionen, die vornehmlich in der Tierhaltung entstehen, und Lachgas, das in Düngemitteln enthalten ist. Klimaneutralität als höchstes Ziel erfasst alle vom Menschen verursachten Umwelteinflüsse. Wie komplex das Ganze ist, wurde schon in der Themenbeschreibung für die World-Cafés deutlich: Es geht um den Energieverbrauch kirchlicher Gebäude, um Mobilität und Gremienstruktur, um die nachhaltige Beschaffung von Verbrauchsgütern, um die Bewirtschaftung kirchlicher Ländereien, um Windkraft und Photovoltaik. Und schlussendlich geht es darum, in der Kommunikation um Verständnis zu werben und eine Bewegung zu initiieren, die nicht von Angst und Druck geprägt ist, sondern von Freude, Gemeinschaft und Hoffnung.

„Hoffnung ist unsere Kernkompetenz als Kirche“, das hatte Pastorin Gesche Schaar aus Rödemis schon bei der Andacht zu Beginn gesagt. Und diese Hoffnung war auch an anderen Punkten der synodalen Tagesordnung zu spüren. Die Eiderstedter Kirchen zum Beispiel: Propst Jürgen Jessen-Thiesen berichtete vom Stand der Dinge. Die Sanierung habe begonnen. Und obwohl mit einer 30prozentigen Baukostensteigerung zu rechnen sei, werden die meisten Projekte gut und zügig abgewickelt werden können. Für die St.-Nikolaikirche Kotzenbüll erhofft der Kirchenkreis aufgrund ihres sehr hohen Sanierungsbedarfs dringlich, dass der Bund sich an den gestiegenen Kosten beteiligt.

Aus der Mitte der Synodalen setzte er weitere Hoffnungszeichen: Die Kirchengemeinde Husum erzählte von ihrer Zusammenarbeit mit der Orthodoxen Gemeinde, die jetzt, wo so viele Ukrainer hier Schutz suchen, besondere Bedeutung habe. Pastor Christian Raap aus Schobüll berichtete von den ökumenischen Andachten mit viel Musik, die verschiedene Gemeinden und Gruppen im Kongresscentrum anbieten, wo die Geflüchteten zunächst unterkommen. Das Pastorat in Oldenswort, das zurzeit leer steht, diente einer ukrainischen Familie als Unterkunft. Hoffnungszeichen gab es auch aus fusionierten Gemeinden, aus Regionen, die aufeinander zugingen, aus der Diakonie, die die Tafelarbeit stärkte, und von den Husumer Horizonten, die ihren Neubau im Heckenweg beziehen konnte.

Die Krieg in der Ukraine war mehrfach Thema: Carsten Sörensen fand in seinem Grußwort als stellvertretender Landrat sehr scharfe Worte gegen die russische Invasion. Pastor Friedemann Magaard und die Synodale Finja Belusa berichteten von der Nordkirchensynode, die sich sehr intensiv damit befasst hatte und zu einer umsichtigen und doch klaren Stellungnahme gefunden hatte.

Mit 49 von 99 Synodalen war die Synode, die in Präsenz stattfand, nicht beschlussfähig. Einer der Gründe mag die Pandemie-Entwicklung sein: Sowohl Pröpstin Annegret Wegner-Braun als auch Präses Dr. Jürgen Kolk fielen wegen einer Corona-Erkrankung aus. „Bitte geben Sie das weiter: Bei der nächsten Synode im November sind wichtige Entscheidungen zu treffen, die zum einen die Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung, zum anderen aber auch die Synode und ihre Zukunft betreffen“, bat stellvertretender Präses Andreas Raabe die Anwesenden eindringlich.

Juni-Synode 2022