Gerechtigkeit durch fairen Handel

Garding – Gerechtigkeit ist ein großes Wort und ein dickes Brett, das es zu bohren gilt. Das fängt auf dem Schulhof an und hört mit globalen Problematiken nicht auf. Teamer und Mitarbeitende des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros Nordfriesland (EKJB) setzten sich mit einem Jugendgottesdienst mit dem Thema auseinander. Dabei war ihnen wichtig, dass die Besucher selbst erlebten, wie sich Ungerechtigkeit anfühlt und so zu eigenen Schlüssen kommen konnten.

Fairer Handel für bessere Bedingungen
„Gleich am Eingang wurden die Besucher begrüßt und mussten Kiesel-Steine nach vorne tragen“, erzählt Anna Ihme, Mitarbeiterin am EKJB. Für diese „Arbeit“ wurden sie dann mit Schokolade „bezahlt“. Doch dabei ging es keineswegs gerecht zu. Plötzlich war zum Beispiel die Augenfarbe ein Kriterium für die Höhe des Lohnes. Und obwohl alle das Gleiche geleistet hatten, verdienten einige bis zu drei Schoko-Täfelchen, andere gingen leer aus.
„Wir allen kennen es, ungerecht behandelt zu werden“, erklärt Anna Ihme. Den sieben Jugendlichen, die den Gottesdienst erarbeitet hatten und ihn auch leiteten, war wichtig gewesen, auf die Situation der Kakaobauer im globalen Süden hinzuweisen: Sie haben keinen geregelten Zugang zum Exportmarkt, stark schwankende Weltmarktpreise für Kakao machen ihnen zu schaffen, auf den hohen Produktionskosten bleiben sie allzu leicht sitzen. „Fairer Handel bietet Chancen und setzt sich für bessere Bedingungen ein“, war das Credo des Gottesdienstes. „Kakaobauer sind Menschen, wie du und ich“, so die Jugendlichen. „Ihr könnt etwas tun, achtet auf das Fairtrade-Zeichen.“

Von Jugendlichen für Jugendliche
Der Gottesdienst in Garding war der letzte von dreien, vorher gab es schon Feiern in Bredstedt und Niebüll. Die Jugendlichen hatten ihn nicht nur vorbereitet, sie besorgten auch die Musik mit Bass, Gitarre, Cajon, Geige, Saxophon, Ukulele und E-Piano. Insgesamt nahmen etwa 150 Jugendliche und Konfirmanden an den Gottesdiensten teil und nutzten die Gelegenheit, sich vertieft zu informieren und eine eigene Position zu finden.
Jeder kennt Erfahrungen von Ungerechtigkeit und jeder versucht auf seine Weise, für Gerechtigkeit einzutreten. Und so geschah es auch in Garding. Am Ende der Predigt wurde die Schokolade gerecht verteilt, Äußerlichkeiten wie Hautfarbe oder Herkunft spielten keine Rolle mehr. So soll es sein in der Welt, war der Tenor. Und jeder und jede kann etwas dafür tun.

Elias: Große Emotionen in der Marienkirche

Husum – Gänsehaut-Momente gab es gestern in der Marienkirche: Vor vollem Haus führte die Husumer Stadtkantorei gemeinsam mit der Kantorei Büsum-Wesselburen das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy auf. Das Werk erzählt die Geschichte des alttestamentlichen Propheten, der im Ringen um den rechten Glauben in Israel an seine Grenzen gerät und am Ende von Gott mit „feurigen Rossen“ in den Himmel heimgeholt wird.

Scharfe Konflikte im alten Israel
Elia wirkt im Nordreich Israel um 870 bis 850 vor Christi. Als Prediger des wahren Gottes setzte er sich mit dem Baals-Kult auseinander, der von König Ahab protegiert wurde. Dabei kam es zu dramatischen Szenen zwischen dem Propheten und den Baals-Anhängern. Felix Mendelssohn-Bartholdy goss 1846 diesen Stoff in eine meisterliche, musikalische Erzählung.
In der Marienkirche gab Ulf Bästlein den Elias. „Rufet lauter!“, spornte er den Chor an, als dieser in der Position der Baals-Anhänger um Regen flehte. Bästlein verstand es, seinen Bass mit dem feinen Spott zu würzen, den Mendelssohn dem Elias angediehen hatte. Der Funke zwischen dem Solisten und dem Chor sprang über, vor den inneren Augen der Zuhörer entstand das Bild einer scharfen Auseinandersetzung auf dem Karmel, an deren Ende es der Gott Elias ist, der der Dürre ein Ende setzt und den so sehr erflehten Regen schenkt.

Zauberhafte Solisten
Besonders anrührend bei diesem Werk sind die Duette und Quartette, die Mendelssohn überaus sparsam orchestriert. Martina Möbius (Sopran) und Katharina Sternberg (Alt) intonierten gemeinsam mit Chorsängerin Ilse Bublitz das berühmte „Hebe deine Augen auf zu den Bergen“. Für das Doppelquartett „Denn er hat seinen Engeln“ kamen noch die Chorsänger Friedemann Magaard und Harald Meyenburg dazu. Michael Gehrke (Tenor) setzte sich als König Ahab stimmgewaltig mit dem streitbaren Propheten auseinander. Und als Knabe, der nach Regen Ausschau hält, stieg Hanna Leonora Hollesen sogar in die Kanzel.

Die musikalische Leitung lag bei Gunnar Sundebo und Kai Krakenberg
Die Lübecker Sinfonietta spielte kraftvoll und konzentriert. Die Aufführung des Elias war ein Gemeinschaftsprojekt der Kantoren Kai Krakenberg (Husum) und Gunnar Sundebo (Wesselburen). Die Kantoreien hatten sich fast ein Jahr lang mit ihren Chorleitern vorbereitet und führten das Stück am Freitag bereits in der Wesselburener St. Bartholomäus-Kirche unter Leitung von Gunnar Sundebo auf. In Husum dirigierte Kai Krakenberg und verhalf der gut zweistündigen Inszenierung zu großen Emotionen.

Ein Ansgarkreuz für den Ämterlotsen

Hans Schröder aus Achtrup erhielt heute das Ansgarkreuz der Nordkirche: Er ist seit zwölf Jahren ehrenamtlicher Ämterlotse. Pröpstin Annegret Wegner-Braun hielt die Laudatio auf den 82-Jährigen, der sich ein Aufhören noch nicht recht vorstellen kann. „Wenn jemand anruft, dann kann ich schlecht Nein sagen“, erklärte er.

Der Zufall half zum Ehrenamt
Zu dem verantwortungsvollen Ehrenamt war er eher zufällig gekommen: Eine Kollektenabkündigung in Achtrup verwies auf die Möglichkeit, sich zum Ämterlotsen ausbilden zu lassen. Und Hans Schröder, ehemals Eisenbahner und nun frisch im Ruhestand, fand darin eine Aufgabe, für die es sich zu leben lohnte: Täglich brauchen Menschen seinen Rat, die mit dem Amtsschimmel einfach nicht zurechtkommen. Hans Schröder übersetzt, vermittelt, berät und hilft zur Selbsthilfe. Denn das ist ja das Ziel: dass Menschen besser zurechtkommen, Selbstbewusstsein lernen und sich gestärkt und begleitet fühlen auf ihrem Weg.

Hohe Wertschätzung für Hans Schröder
Viele Wegbegleiter waren in die St.-Willehad-Kirche gekommen, um Hans Schröder zu gratulieren und ein bisschen mit ihm die hohe Auszeichnung zu feiern. Die Pastoren Peter Janke und Holger Asmussen leiteten den Gottesdienst, der Posaunenchor Achtrup ließ es sich nicht nehmen, den Anlass wertzuschätzen und den Pensionär zu ehren.
Hans Schröder war schon vordem im Ehrenamt. 20 Jahre lang hatte er der Gemeinde im Kirchengemeinderat vorgestanden und war damals schon im Diakonie-Ausschuss. „Ich habe Sie als ruhigen, sachlichen, anteilnehmenden und humorvollen Menschen kennengelernt“, sagte die Pröpstin und dankte ihm für sein vorbildliches Engagement und seinen Einsatz für den christlichen Glauben.

Zahlen, Daten und Fakten für 2019

Breklum – Kirchliche Finanzen sind konjunkturabhängig. Das machte Propst Jessen-Thiesen deutlich, als er der Kirchenkreis-Synode den Haushaltsplan 2019 vorstellte. Die Prognosen für das kommende Jahr sind – aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik – relativ positiv. Der Kirchenkreis rechnet mit Mehrzuweisungen von fast 600 000 Euro. Im kommenden Jahr könne darum erstmals seit 2013 ohne Rücklagen-Entnahmen gewirtschaftet werden. Ein Grund zum Ausruhen sei das allerdings nicht. Im kommenden Jahr gehe es darum, die Gelder gut zu verwalten und sie möglichst gerecht zu verteilen.

Die Altersversorung der Pastorinnen und Pastoren schlägt zu Buche
Die Gesamtzuweisungen von 15,1 Millionen werden nach einem festgesetzten Schlüssel verteilt. Aus dem sogenannten Vorwegabzug finanziert der Kirchenkreis die Pfarrgehälter. Aber nicht nur die Gehälter, aus diesem Geld müsse auch die Altersversorgung der Kirchenbeamten sichergestellt werden. Für diejenigen, die vor 2006 ihren Dienst angetreten haben, sorge zu 60 Prozent die Stiftung Altersversorgung der Nordkirche, für die jüngeren Seelsorger müsse aber vollumfänglich in einen Versicherungsfond eingezahlt werden. Das schlage sich in der Pfarrbesoldungsumlage nieder. Im Kirchenkreis Nordfriesland gibt es 61,5 Pfarrstellen, davon sind 55,75 Gemeindepfarrämter. Ebenfalls aus dem Vorwegabzug werden die Verwaltung, der Baufond, das Friedhofswerk und das Projekt Eiderstedter Kirchen finanziert. Für den Kitabereich wurden in diesem Jahr 817000 Euro bereitgestellt. Dieser Betrag werde in 2019 geringer ausfallen, weil die Kosten für die Geschäftsführung des Kitawerks sukzessive auf die angeschlossenen Kitahaushalte umgelegt werden, so der Propst.

Kleinstgemeinden im Fokus
Auch die Kirchengemeinden profitieren von der guten Konjunktur-Entwicklung: 3,7 Millionen Euro werden in 2019 für sie zur Verfügung stehen und nach Finanzsatzung verteilt. Das sind 3,6 Prozent mehr als in 2018. Die vier Kleinstgemeinden Aventoft (248 Gemeindeglieder), Karlum (309), Ockholm (210) und Rodenäs (245) beantragten, dass zukünftig auch Festlandsgemeinden mit weniger als 350 Gemeindegliedern unter die Härtefall-Regelung fallen sollten, die bereits für die Halligen gilt. Würde dem Antrag stattgegeben, gälte dies ebenfalls für Horsbüll (170), Dagebüll (226) und Welt/Vollerwiek (310). Der Antrag wurde an die Fachgremien weitergeleitet und damit vertagt, so dass die Synode, die mit 76 von 99 Mitgliedern beschlussfähig war, dem Haushaltsplan-Entwurf zustimmen konnte.

Globale Gerechtigkeit als Thema des Kirchenkreises
Für den geistlichen Rahmen sorgten die Jugenddelegierten Freya Harksen, Ann-Kathrein Gräning und Nils Andresen. Ökumene-Referent Carsten Wolff hielt als Auftakt zur Themensynode im nächsten Frühjahr einen Impulsvortrag zum Thema Nachhaltigkeit und berichtete von den Ideen, die im Kirchenkreis bereits im Zusammenhang mit dem Jahresthema 2018 „Guten Morgen – aufgeweckt die Schöpfung gestalten“ auf den Weg gebracht wurden. Wolff machte deutlich, dass es beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur um Umweltschutz vor Ort geht, sondern dass für den Klimaschutz auch die globalen Bezüge sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Lieferketten weltweit in den Blick genommen werden müssen. Dabei wurden komplexe Zusammenhänge sichtbar, die von den Synodalen angeregt diskutiert wurden.

Mahnung zum Maßhalten

Schwabstedt – Auch wenn die Evangelischen es mit den katholischen Heiligen sonst nicht so haben: Am Hubertustag ist die Kirche voll. So war es auch in Schwabstedt. Jägerinnen und Jäger versammelten sich in der St. Jacobi-Kirche, um die alte Legende zu hören, sich von ihr vermahnen zu lassen und um ihr „Erntedank“ zu feiern.

Nachdenkliche Töne
„Die Legende des Heiligen Hubertus ist eine Mahnung zum Maßhalten“, erklärte Thomas Meier vom Hegering Schwabstedt. Hubertus (656-727) war leidenschaftlicher Jäger, bis er eines Tages einem kapitalen, weißen Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz auf der Stirn begegnete, aus dem die Stimme Gottes zu ihm sprach. Aus dem rastlosen Jäger wurde fortan ein Priester und später ein Heiliger und ein Schutzpatron.
Für Überraschung sorgte Pastor Michael Goltz, der eine Flasche Jägermeister hochhielt und das auf dem Etikett abgedruckte Gedicht vorlas. „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, weidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“ Denn darum gehe es bei der Hubertus-Legende: Dem Heiligen begegnet Gott selbst im Tier, und diese Begegnung verändere nicht nur sein Leben, sondern auch sein Verhältnis zur Jagd. Im selbst sei daran gelegen, so Goltz, diesen Gedanken auszudehnen auf die Frage nach Herkunft und Konsum von Fleischprodukten und diesen kritisch zu hinterfragen.

Erntedank in Wald und Flur
Um Jagdethos ging es auch Hegeringleiter Thomas Carstensen, der für die Kreisjägerschaft Nordfriesland sprach. Es gehe um regulieren, nicht um ausradieren, sagte er, um jagen, nicht um ausrotten. Die Jagd sei eine spezielle Art der Ernte, das erlegte Wildbrett ein Geschenk der Natur und damit ein Geschenk Gottes. Waidgerechtes Jagen verstehe die Kunst, vom Leben zu nehmen, ohne ihm zu schaden. „Wir brauchen uns dessen nicht zu schämen“, sagte er. Die Freude an der Jagd sei der Lohn für viele achtsame Hege und Pflege in Wald und Flur.

Parforcehornbläser stimmten ein
Musikalisch wurde der Gottesdienst in der geschmückten St.-Jacobi-Kirche umrahmt von der Parforcehornbläsergruppe unter Leitung von Robert Platt, dem Bläsercorps Husum unter Leitung von Heinz Günther Hansen und Susanne Böhm an der Orgel. Die Gesamtorganisation lag beim Hegering Schwabstedt.

Verschieden und doch verbunden

Kann man sich in ein Land verlieben? Ja, man kann, sagt Susanne Kunsmann vom Evangelischen Kinder- und Jugendbüro Nordfriesland. Seit sie vor zehn Jahren zum ersten Mal in Tanzania war, ist sie von diesem Land, seinen Menschen und seiner Kultur erfüllt. Es habe ihre Sicht auf viele Dinge verändert, erklärt sie im Gespräch, immer noch sei sie eine Lernende. Um diese Erfahrung auch jungen Menschen zu ermöglichen, hat sie nun zum dritten Mal eine Begegnungsreise für Jugendliche und junge Erwachsene nach Ostafrika organisiert.

Mitbewohner statt Gäste
„Zum ersten Mal ist es gelungen, die jungen Menschen in Familien unterzubringen“, sagt Susanne Kunsmann. Dass das bisher schwierig war, hängt mit den großen, kulturellen Unterschieden zusammen. Denn der Pädagogin war es wichtig, dass die jungen Deutschen nicht zu Gast in den Familien sein sollten, sondern sie sollten richtig einsteigen in das wirkliche Leben einer Familie in Tanzania. Das stellt Einheimische und Besucher vor große Herausforderungen. Denn den Tanzaniern ist Gastfreundschaft eines der höchsten Werte, sie hätten normalerweise Stein und Bein in Bewegung gesetzt, um es ihren Besuchern so angenehm wie möglich zu machen. Das sollten sie aber gerade nicht. Und so erlebten die jungen Deutschen zum Beispiel hautnah, dass Frauen und Mädchen in der tanzanischen Gesellschaft keineswegs gleichberechtigt sind.

Menschenrechte als Thema
„Unser Thema waren die Menschenrechte mit dem Fokus auf Gleichberechtigung unterschiedlicher Menschengruppen wie Alt und Jung, Behinderte und Nichtbehinderte, Männer und Frauen“, sagt Susanne Kunsmann. Dabei war ihr wichtig, die Unterschiedlichkeit der Kulturen einfach erst einmal wahrzunehmen und zu spüren, was das mit einem macht. „Als ich das erste Mal nach Tanzania fuhr, da hatte ich auch noch die Haltung, den ‚armen‘ Menschen da helfen zu wollen“, erinnert sie sich. „Das ist aber die falsche Einstellung. Wir sind nur ein kleiner Teil dieser Welt und haben nicht die Wahrheit gepachtet.“ Und nicht jede westeuropäische Errungenschaft sei ohne Schaden nach Zentralafrika übertragbar.

Lernende sollten sie sein
Lernende sollten sie sein, die acht Teilnehmer der Jugendbegegung, zwischen 16 und 26 Jahren waren sie alt. Das Projekt dauerte drei Wochen. „Die Reise wird mich definitiv ein Leben lang prägen“, sagt Timo Jacobsen (26), der von Beruf Erzieher ist. „Die unterschiedliche Kultur, die fantastische Landschaft, die tansanische Lebensfreude; alle Erfahrungen und auch alle Kulturschocks sind wirklich eine Bereicherung.“ Von „Erinnerungen fürs Leben“ spricht die 19jährige Lilian Geiger. Und auf der anderen Seite freut sich Pastor Lusanjano Sanga, Director youthdepartment der Konde-Diözese, für seine jungen Leute. „Sie waren glücklich, mehr über die Menschenrechte zu erfahren“, sagt er.
„Auf die kulturellen Unterschiede kommt es mir an“, sagt Susanne Kunsmann. „Wenn junge Menschen das verstanden haben, dann gehen sie mit offenen Augen und offenen Herzen durch das Land und sehen viel mehr als bei einer touristischen Pauschalreise.“

Eine Bank ist kein Zuhause

Leck – Ein Zuhause, das ist mehr als ein Dach über dem Kopf. Ein Zuhause ist ein sicherer Rückzugsort. Zuhause, das ist da, wo die Angst nicht hin darf. Darum ist es schlimm, wohnungslos zu sein oder mit der Angst vor dem Wohnungsverlust zu leben. Harald Thomsen vom Diakonischen Werk Südtondern weiß das. Und er hilft, so gut er kann.

Es kann jedem passieren
„Ich kümmere mich um Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind und um die, die aktuell keine Wohnung haben“, sagt er. Harald Thomsen hat seit Mai 2017 im Diakonischen Werk Südtondern den Bereich der Wohnungslosenhilfe -Mien Tohus- übernommen, er kennt die Nöte, die zum Wohnungsverlust führen können. „Das kann jedem passieren“, sagt er. Eine plötzliche Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes oder auch eine schwerwiegende Erkrankung – auf einmal reicht das Geld nicht mehr für die eigenen vier Wände. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp, und wenn dann die Räumungsklage erst einmal vorliegt, ist es manchmal schon zu spät.

Oft kann Harald Thomsen helfen
Er weiß natürlich auch dies: Manche der Betroffenen können sich nicht gut organisieren, sind überfordert vom Alltag und kommen mit den nötigen Anträgen und Formularen nur schlecht zurecht. Psychische- oder Suchtproblematiken haben nicht selten den Verlust der Wohnung zur Folge. Manche lassen es einfach schleifen und hoffen bis zuletzt, dass es sich schon irgendwie fügen wird. „Viele kommen zu spät“, sagt der Diakon und Erzieher. Dann nutzt es nichts mehr, dass er Kontakte zum Ämterlotsen vermittelt oder mit dem Vermieter spricht. Dann kann er nur noch mit der Unterbringung in einer der Unterkünfte helfen, und das bleibt eine Notlösung und sollte nicht für länger sein. Oft dauert es dann erstmal, bis ein neues Zuhause gefunden werden kann. Hilfe zur Selbsthilfe – das ist dem Pädagogen wichtig. Dem Klienten ist nicht gut gedient, wenn Thomsen alles regelt. Er muss es selber können und beim nächsten Mal besser machen. „Oft können wir wirklich etwas tun“, sagt Harald Thomsen, „sonst könnte ich diese Arbeit gar nicht machen.“

Niemand sollte ohne Obdach sein
„Mien Tohus“ begann vor zehn Jahren als Projekt, jetzt ist es zu einer Dauereinrichtung geworden. Die Problematiken werden mehr, nicht nur Migranten haben es schwer, eine Wohnung zu finden, Vermieter sind vorsichtig und ängstlich geworden. „Dabei ist die Miete von Hartz IV-Empfängern sehr sicher“, weiß Harald Thomsen. Gleichzeitig ist der Markt nicht für die Anforderungen von SGBII aufgestellt – es gibt schlicht zu wenig Wohnungen, die dem so entsprechen, dass das Sozialzentrum die Kosten übernehmen kann. Die Zusammenarbeit mit dem Amt Südtondern ist gut. Man vertraut einander, gemeinsam kann man vieles bewegen. Denn das wollen alle. Eine Bank ist kein Zuhause, niemand sollte ohne Obdach sein.

Ein buntes Reformationsfest

Der Thesenanschlag an die Schlosskirche zu Wittenberg am 31. Oktober 1517 ist für die evangelischen Christen schon seit dem 17. Jahrhundert ein besonderer Tag, und seit Februar diesen Jahres ist er wieder gesetzlicher Feiertag in Schleswig-Holstein. Im Kirchenkreis Nordfriesland finden zahlreiche Gottesdienste und Veranstaltungen im Rahmen des Reformationsgedenkens statt.

Refo on Road
„Refo on Road“, so nennt sich die Kirchen-Entdecker-Tour, die von Husum bis Neugalmsbüll unterwegs ist und dabei sechs Gotteshäuser besucht, die ein wenig abseits liegen, darum aber nicht weniger eindrucksvoll sind. Die Ortspastoren haben sich jeweils Impulse zur Reformation oder kleine Kirchenführungen überlegt, mit denen sie die Teilnehmenden begrüßen.

Ökumene in Husum
Die sechs Husumer Kirchengemeinden haben sich mit ihren ökumenischen Partnern von der Baptistengemeinde, der dänischen Kirche sowie der katholischen Kirche zusammengetan und stellen gemeinsam ein buntes Programm auf die Beine. Am Reformationstag findet um 11 Uhr in Schobüll ein Gottesdienst statt, der von den Pfadfindern und dem Projektchor Schobüll mitgestaltet wird. Die Predigt halten – ganz im reformatorischen Sinne des Priestertums aller Gläubigen – zwei Gemeindeglieder. Um 18.30 Uhr lädt dann die Marienkirche zu einem musikalischen Gottesdienst mit drei Gospelchören ein.

Was es sonst noch so gibt
In der St. Christophorus-Kirche Friedrichstadt beginnt um 18 Uhr eine Andacht, anschließend gibt es einen Empfang und einen Kurzvortrag über den in Friedrichstadt geborenen Künstler Jürgen Ovens, der zum Rembrandt-Kreis gezählt wird. In Ostenfeld treten im Gottesdienst, der um 17 Uhr beginnt, die Church Bizkits auf. In St. Peter-Ording predigt ab 10 Uhr Pastor Martin Rosenau über Martin Luther und Frauen der Renaissance. Die Sylter feiern ab 11 Uhr in Westerland, St. Nicolai, einen ökumenischen Inselgottesdienst. Das Kindermusical „Petrus“ wird in Breklum im Gottesdienst ab 10 Uhr aufgeführt. Die Kirchengemeinde Ladelund hat einen ExpertInnengottesdienst mit dem Thema „Wer möchte ich sein?“ organisiert.

Ein buntes Reformationsfest
Insgesamt sind es 40 Veranstaltungen im Kirchenkreis. Es gibt neben vielen Gottesdiensten Konzerten, Vorträgen und gemeinsamen Mahlzeiten sogar ein Laternelaufen in Osterhever. „Wir freuen uns auf ein buntes Reformationsfest“, sagt dazu Jürgen Jessen-Thiesen, Propst im Kirchenkreis Nordfriesland. „Was Martin Luther in Kirche und Gesellschaft bewegt hat, ist es wert, bedacht und nicht vergessen zu werden.“

Schokolade fair und lecker

Bredstedt – Einen krönenden Abschluss ihrer Reihe „Machs mit, machs nach, machs nachhaltig“ gönnt Anna Lena Ihme vom Kirchenkreis Nordfriesland sich und ihrem Team am Dienstag, 13. November. Dann nämlich lädt sie in die Gemeinschaftsschule Bredstedt zu einem Abend im „Schokoladen-Paradies“. Und dabei geht es nicht nur um die paradiesischen Leckereien, sondern auch um den Traum von globaler Gerechtigkeit, um Fair-Trade und darum, dass nicht alles, was süß schmeckt auch wirklich süß ist.

Produktionsbedingungen sind oft nicht wirklich süß
„Alles ist lecker, alles ist fair“, verspricht Anna Lena Ihme. Gemeinsam mit dem Weltladen Niebüll stellt sie Produkte aus dem Fair-Trade-Handel vor. Dabei ist zum Beispiel sichergestellt, dass im Kakao-Anbau keine Kinder arbeiten müssen. Der Kakao kommt von genossenschaftlichen Kleinbauern. Sie erhalten für ihre Arbeit einen fairen Preis, so dass sie ihre Familien ernähren können. Auf Palmöl wird weitestgehend verzichtet: Um diesen Rohstoff zu gewinnen, werden weltweit Regenwälder abgeholzt und die Existenzgrundlagen Einheimischer zerstört.

Schmecken und selber machen
„Wenn man weiß, wie Schokolade und Nuss-Nougat-Creme entstehen, könnte es einem fast den Appetit verderben“, sagt Anna Lena Ihme. Das aber wäre das Allerschlimmste für die Pädagogin, ohne „Schoki“ gehe bei ihr gar nichts, verrät sie mit einem Augenzwinkern. „Es ist ganz einfach, etwas für mehr Gerechtigkeit in der Welt zu tun“, sagt sie. In Bredstedt wird darum nicht nur Schokolade verkostet, die Teilnehmenden stellen auch selbst Pralinen und Brotaufstrich aus fairer Schokolade her.
Beginn ist am Dienstag, 13. November, um 18 Uhr in der Küche der Gemeinschaftsschule Bredstedt. Anmeldungen sind möglich bei Christine Wauer im Evangelischen Regionalzentrum Westküste per Email unter sekretariat@erw-breklum.de. Der Kostenbeitrag beträgt zehn Euro.

Ein Schatz geht ins Archiv

Niebüll – Der Umschlag aus grau-blauem Papier ist fast 240 Jahre alt, die dünnen Notenlinien sind von Hand gezogen. An den Notenköpfen kann man die Entwicklung erkennen: Anfangs schrieb der Komponist noch mit einem billigen Gänsekiel, mit der etwas teureren Stahlfeder gerieten die Noten sauberer und dünner. Es ist ein besonderes Fundstück, ein wertvoller Schatz. Heute wurde in der Niebüller Christuskirche ein handschriftliches Original mit Orgelstücken von Ulrich Anton Clausen Fehr (1752-1812)aus Privatbesitz in die Hände des Landesarchivs der Nordkirche übergeben.

Ein Stück Familiengeschichte und ein kleines Wunder
„Das Heft ist vor über 30 Jahren in den Besitz meiner Familie gekommen“, erinnert sich der emeritierte Lehrer Hinrich Paul. Seine inzwischen verstorbene Mutter habe ihm und seiner Schwester die Wurzeln der Familie erklären wollen, so war das Trio ins dänische Sonderburg gereist, den Spuren seines Urgroßvaters mütterlicherseits zu folgen. In der Oksbüller Kirche sei der Urgroßvater Organist gewesen, erzählte Pauls. Und wie der Zufall manchmal spielt, war an eben jenem Tag Großreinemachen angesagt, und die junge, aktuelle Organistin wollte soeben drei alte Handschriften in den Papiermüll geben, unter ihnen eben jenes Heftlein von Fehr, in dem er Stücke für den Gottesdienst in der Niebüller Christkirche niedergeschrieben hatte.
Musikwissenschaftler Konrad Küster erkannte schnell den Wert dieser Handschrift, beschäftigt er sich doch schon seit langem mit der Musikgeschichte des Nordens. „Die Nordseeküste ist die älteste Orgellandschaft der Welt“, erklärte er, „ohne Orgel kann man die nordfriesische Kultur nicht verstehen.“ Mit Fehr sei ein weiterer, bedeutender Komponist dieser Orgellandschaft bekannt geworden.

Präludien und Vorspiele
Im Gottesdienst verdeutlichte Kirchenmusiker Volker Scheibe die Arbeitsweise Fehrs: Vor dem zu begleitenden Choral setzte Fehr zur Einstimmung ein kleines Präludium in der Tonart des zu singenden Stückes. Darauf folgte das Vorspielen der Melodie, mal mehr und mal weniger filigran untermalt. Für die eigentliche Choralbegleitung konnte er sich auf das gedruckt vorliegende Choralbuch von Johann Balthasar Rein von 1755 stützen. Konrad Küster erklärte, dass das vorliegende Heft aus verschiedenen Heften zusammengefügt worden sein muss. Fehr selber hatte die Stücke nach Tonart sortiert, so dass er schnell auf die verschiedenen Anforderungen reagieren konnte.

Konzipiert für die Gemeinde
„Fehrs Ambitionen lagen nicht dabei, exemplarische Kunstmuster vorzulegen, sondern seinen sonntäglichen Dienstpflichten nachkommen zu können“, erklärt Konrad Küster in seinem Vorwort zum Heft 44 „Musik zwischen Nord- und Ostsee“. Im Gottesdienst wurde sehr schön deutlich, wie Fehr sanft zum Gemeindegesang führt und diesen sensibel stützt.

Eine besondere Freude
Zur Feier des Tages war auch Landeskirchenmusikdirektor Hans-Jürgen Wulf gekommen und gestaltete die Musik bei der kleinen Feier im Anschluss. „Es ist eine besondere Freude, dieses kostbare Stück entgegen nehmen zu dürfen“, sagte Ulrich Stenzel vom Archiv der Nordkirche. Behutsam nahm er das Manuskript aus den Händen von Hinrich Paul entgegen. „Es ist bei uns gut aufgehoben und wird noch Generationen von Forschern und Musikern zur Verfügung stehen.“