Viel Bewegung hat es auf der Insel Sylt gegeben: Pastorin Annette Grünnagel hat die Pfarrstelle List übernommen und sich dafür aus Westerland zurückgezogen, Ingo Pohl ist jetzt Pastor für Morsum und Regionalentwicklung, Simon Ulrich wurde kürzlich in der Kirchengemeinde Westerland eingeführt. Weil alle flexibel und weitsichtig auf Veränderungen reagierten, konnten in kurzer Zeit eineinhalb Pfarrstellen eingespart werden.
Simon Ulrich ist seit Juli 2019 auf der Insel. „Ich habe mich sehr schnell sehr wohl gefühlt“, sagt der 38-Jährige im Gespräch. Nach dem Vikariat in Garding war er zunächst Pastor in Leck. Dann aber zog es die Familie nach Sylt, und das war alles in allem ein gute Entscheidung, wie der Seelsorger sagt. Die gut zwei Jahre seines Dienstes waren allerdings von Corona geprägt. Er hat zum Beispiel noch keinen Gottesdienst in der Musikmuschel an der Strandpromenade gestaltet, obwohl der in den Sommermonaten doch so wichtig für Gäste und Einheimische ist. Ansonsten aber steht er in der Fülle des Gemeindelebens. Kinder- und Jugendarbeit sind sein Schwerpunkt. Gerade hat sich ein Team um den Theologen gebildet, das den Kindergottesdienst gestalten wird. Seit November 2020 ist Simon Ulrich Vorsitzender des Kirchengemeinderats und steht damit in voller Verantwortung für die Kirchengemeinde und ihren Platz im Gefüge der beliebten Urlauberinsel.
Dass die Gemeinde im touristischen Gebiet liegt, empfindet er als Geschenk: Jeder Gottesdienst an jedem Sonntag ist mehr als gut besucht. Das ist einfach schön für einen Predigenden, sagt er. Für ihn ist es leicht und selbstverständlich, dass eine solche Gemeinde gastfreundlich sein muss. „Lächeln und zurücklächeln“, sagt er, „das ist doch so einfach und bewegt so viel.“ Das hob auch Pröpstin Annegret Wegner-Braun beim Einführungsgottesdienst hervor: „Bestechend ist Deine große Freundlichkeit und Offenheit. Du bist gerne im Kontakt, gehst mit Interesse auf andere Menschen zu.“ Mit der Wahl durch den Kirchengemeinderat für die nächsten zehn Jahre und der Einführung durch die Pröpstin ist Simon Ulrich nunmehr Pastor auf Lebenszeit. „Es fühlt sich gut und richtig an“, sagt er.
Im Oktober bereits wurde Pastor Ingo Pohl einerseits in Keitum verabschiedet und andererseits in Morsum willkommen geheißen. Der Wechsel ist bedeutender, als es scheint: Denn Keitum ist ein touristischer Zentralort auf Sylt, wohingegen Morsum eher dörflich geprägt ist. Für den gebürtigen Berliner ist das eine neue Erfahrung, gleichzeitig muss sich die Gemeinde darauf einstellen, jetzt nur noch über eine 50-Prozent-Pfarrstelle zu verfügen. Mit der anderen Hälfte seiner Arbeitszeit soll Ingo Pohl zukünftig die Regional-Entwicklung fördern. Die Notfall-, Krankenhaus- und Feuerwehrseelsorge liegt nun auch offiziell in seinen Händen, er entwickelt regionale Konfirmandenmodule und fördert den Verbund der drei kirchlichen Friedhöfe auf Sylt. „Kirche ist vielfältig“, sagt der Theologe. „Ich will mich nicht mit Klagen aufhalten, sondern sehe mich nach den Chancen um.“ So werfe die Pfarrstellen-Reduzierung ein neues Licht auf das Priestertum aller Gläubigen und die Eigenverantwortung der Gemeinde. „Die Kirche muss im Dorf bleiben, aber nicht unbedingt der Pastor.“ Das sagt er mit Blick auf das große Ganze. Er selbst fühlt sich sehr wohl im Morsumer Pastorat, wie er sagt, und liebevoll erzählt er von den schiefen Türen und krummen Wänden des uralten Gebäudes. „Es ist ein tolles, altes Haus mit Charme und Seele“, so der Seelsorger.