Vor 400 Jahren gründeten Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden Friedrichstadt, das heute den Beinamen „Stadt der Toleranz“ trägt. Im Rahmen der großen Jubiläumsfeierlichkeiten luden die verschiedenen Gemeinden der Stadt zu einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Marktplatz ein. Es ging um die Brunnen Isaaks, eine eher unbekannte Erzählung aus dem 1. Buch Mose. Drei Brunnen ließ Isaak freilegen, die ersten beiden benannte er nach den schweren Konflikten, die um sie entbrannten „Streit“ und „Zank“. Der dritte aber brachte Frieden und erhielt den Namen „Weiter Raum“.
Um weiten Raum ging es auch thematisch. Severin Baumann von den Remonstranten erinnerte an den Glaubenskonflikt in den Niederlanden. Die Einladung Herzog Friedrichs hier in Schlewsig-Holstein eine Stadt zu bauen, und das Angebot der Religionsfreiheit war den Flüchtlingen wie ein weiter Raum erschienen. Und andere schlossen sich an: So kamen auch Mennoniten nach Friedrichstadt, es gründete sich eine jüdische Gemeinde, dänische, katholische und lutherische Christen bauten sich hier ihre Gotteshäuser und lebten über Jahrhunderte miteinander in Frieden. Friedrichstadt, auch das Holländerstädtchen genannt, zählt mit seinen Gassen und Grachten zu den hochrangigen Kulturdenkmälern.
Dass das Miteinander auch dunkle Seiten erlebte, daran der evangelisch-lutherische Pastor Christoph Sassenhagen aus Friedrichstadt. So gibt es seit dem Holocaust keine jüdische Gemeinde mehr in Friedrichstadt, die Synagoge wird nicht mehr für Gottesdienste genutzt, mehr als 30 Stolpersteine erinnern an Bürgerinnen und Bürger, die Opfer nationalsozialistischer Gewalttaten wurde. „Früher wusste jeder in Friedrichstadt, wann Sukkoth ist und wie lange es dauert“, sagte Adriana Stern von der jüdischen Gemeinde in Kiel. Dann nämlich bauten die jüdischen Mitbürger in den Straßen und auf den Balkonen ihre Laubhütten auf. Der ökumenische Gottesdienst fiel in den Sukkoth, der in diesem Jahr vom 20. bis 27. September ging. Es war ein stimmungsvoller Gottesdienst unter freiem Himmel, es war ein Gottesdienst unter weitem Raum. Christoph Sassenhagen begleitete musikalisch am Klavier und an der Gitarre, und der Lobpreis des Ewigen erklang aus vielen Stimmen.