….. Karsten Wolff? Das ist schon eine interessante Frage in Corona-Zeiten. Denn Karsten Wolff ist Ökumene-Referent des Kirchenkreises und hat in seiner Funktion einen globalen Blick und globale Aufgaben. Wie geht das in der Pandemie?
Die Welt nach Nordfriesland tragen
„Mein Leitbild ist der konziliare Prozess“, erklärt der studierte Geograf und Agrarwissenschaftler. Unter dem konziliaren Prozess versteht man den gemeinsamen Lernweg christlicher Kirchen zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Und das ist eine gute Beschreibung für das, was er tut.
Dazu gehört sehr viel Bildungsarbeit in Schulen, Gemeinden und Konfirmandengruppen, aber auch der politische Einsatz zum Beispiel für das Lieferkettengesetz, den fairen Handel oder Nachhaltigkeitsthemen. „Ökumene bedeutet: Welterfahrung sichtbar zu machen“, erklärt er im Gespräch. „Ich möchte die Welt nach Nordfriesland tragen.“
Welt verbessern? Natürlich!
Und seine Arbeit fällt durchaus auf fruchtbaren Boden. In Nordfriesland existiert eine vielfältige Partnerschaftsarbeit auf Augenhöhe mit Kirchen in Brasilien, Tansania oder Indien. Die begleitet Karsten Wolff auch gerne, aber das ist keineswegs Schwerpunkt seiner Arbeit. Er sieht die großen Zusammenhänge, die zum Beispiel im Problem der Lieferkette sichtbar werden. Es ist nicht allein das billig gekaufte T-Shirt, das in Pakistan unter schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Es geht auch um die Baumwollplantagen, die anderen buchstäblich das Wasser abgraben, um Kinderarbeit in gefährlichen Rohstoff-Minen, um Bildungsgerechtigkeit für die Entwicklungsländer und um den Klimawandel, der von der westlichen Welt ausgehend die ärmeren Länder des Südens immer härter und deutlicher betrifft. Für all das ein Bewusstsein zu schaffen, das ist die Aufgabe von Karsten Wolff. Dafür vernetzt er sich mit vielen anderen, arbeitet in der Steuerungsgruppe zum Lieferkettengesetz in Schleswig-Holstein mit, spricht mit Politikern und bietet immer wieder Informationsveranstaltungen an. Und ja, gibt er zu, klar will er die Welt verbessern. „Dafür bin ich doch da“, sagt er nachdenklich.
Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.
Dazu gehört auch sein Einsatz für die zivile Seenotrettung und das von dem Bündnis „United4Rescue“ bereitgestellte Schiff, das die evangelische Kirche ins Mittelmeer geschickt hat. Die Probleme sind ihm sehr deutlich, und er findet es auch in Ordnung, dass das Thema kontrovers diskutiert wird. „Das Schiff ist nicht die Lösung des Flüchtlingsproblems“, weiß er. „Aber man lässt nun mal keine Menschen ertrinken. Punkt.“ Im Moment setzt er sich für Sportbälle aus dem fairen Handel ein und sucht dafür Kontakt zu Schulen und Vereinen. „Das finde ich noch mal spannend“, sagt er, „damit trete ich aus der kirchlichen Filterblase heraus in den Alltag der Menschen.“ Er arbeitet mit Kirchengemeinden, die das Siegel „Ökofaire Gemeinde“ begehren, und ist Mitglied im Bündnis gegen rechte Tendenzen im ländlichen Raum. Die Aufarbeitung des Kolonialismus und Gemeinwohl-Ökonomie sind weitere Themen, die er voranbringt. Corona hat seinen Alltag verändert: Er gibt jetzt zahlreiche Webinare, die auch überregional wahrgenommen werden, und vernetzt sich digital mit Kooperationspartnern innerhalb und außerhalb der Nordkirche.
Jenseits der Deiche ist Leben
Seit fast sechs Jahren ist er nun schon Ökumene-Referent des Kirchenkreises. Vorher hat er lange Zeit in Malaysia und Indien gearbeitet, er bereiste den ganzen asiatischen Raum. Karsten Wolff hat die Welt gesehen und sich trotzdem für Nordfriesland entschieden. „Wenn ich am Deich stehe und da grade die jungen Lämmer toben sehe, dann ist das pures Glück“, sagt er. Aber die große, weite Welt hat er nicht aus dem Blick verloren und auch nicht aus dem Herzen. Mit seiner Arbeit bringt er sie an die Westküste und öffnet Nordfriesen den Blick dafür, dass es jenseits der Deiche noch Leben gibt, das ebenfalls geschützt und bewahrt werden will.