Als „New Mom“ fing es an

Breklum – Dieses „Internetz“ ist nicht jedem geheuer. Es prägt inzwischen alle Lebensbereiche, und seit der Corona-Pandemie hat wohl auch der letzte die Hoffnung aufgegeben, dass es irgendwann wieder weggehen könnte. Da passte es gut in diese Zeit, dass Claudia Hansen von der Evangelischen Frauenarbeit die Bloggerin Julia Nissen, alias Deichdeern, ins Christian Jensen Kolleg eingeladen hatte. Die referierte launig über die Anfänge und die Hintergründe ihrer digitalen Prominenz.

Networking auf dem flachen Land

„Netzwerken bedeutet nicht nur Nehmen, sondern auch Geben“, so fasste die 33-Jährige Mutter zweier Kinder ihre Einstellung zusammen. Alles begann mit ihrer Elternzeit und damit, dass sie den Blog www.deichdeern.com einrichtete. Die studierte Agraringenieurin  aus Kellinghusen hatte zuvor beim Bauernblatt viel Erfahrung in Online-Arbeit und Social-Media gesammelt, und ihre erste Motivation war, dass sie an der Entwicklung der Medien dranbleiben wollte. Sie ist mit einem Landwirt verheiratet und lebt auf einem Hof in Bargum.

Tinder for Rinder

Sie ging gleich zu Beginn sehr professionell ans Werk. Sie überlegte sich ein Thema: Stadt und Land wollte sie zusammenbringen. Sie entschied sich für eine Zielgruppe: Sie wollte vor allem Frauen zwischen 25 und 45 erreichen. Und sie machte eine Medienanalyse, entschied sich, die Netzwerke Facebook, Pinterest und Instagram zu nutzen. Dass ihre Posts vom Landleben schon bald durch die Decke gehen sollten, hätte sie nie erwartet: Im Mai 2016 berichtete sie von ihrem ersten Besuch als „New Mom“ in einem Stillcafé des Nachbarorts und traf damit den Nerv. Der Beitrag wurde 456 Mal geteilt und erhielt mehr als 4000 Likes. Schon bald schlugen der NDR und RSH bei ihr auf und wollten über sie berichten. Seitdem wächst ihr kleines Unternehmen deichdeern.de immer weiter. Unter dem Titel „Tinder for Rinder“ schrieb sie über Besamungstechnik auf dem Bauernhof, sie organisierte eine Treckermitfahrzentrale, damit Stadtkinder ihren Traum vom Treckerfahren verwirklichen können. Sie gründete die Jungen Landfrauen als Partnerorganisation der bestehenden Vereine. Ihr nächstes großes Projekt ist die „App aufs Land“: Mithilfe von Stiftungs- und Fördergeldern sowie Crowd-Founding-Zuwendungen stemmt sie das 100000 Euro schwere Unterfangen, dass eine Plattform für Unternehmungen und Aktivitäten auf dem Land werden will. „Ich kenn halt sehr viele Leute“, sagte sie ein bisschen nachdenklich auf die erstaunte Nachfrage, wie denn das funktioniere. Sie beschreibt sich selbst als überaus kommunikativ, aber sie erinnerte sich auch an ihre Jahre im kirchlichen Ehrenamt. „Das verbindet einfach, da findet man unheimlich schnell Kontakt.“

Die Veranstaltung war ausverkauft: Knapp 40 Frauen hatten Platz im Festsaal des Christian Jensen Kollegs. Es gab feine Tappas und sogar ein Glas Wein. Die 18jährige Schülerin Alina Jacobs umrahmte den Vortrag mit nachdenklichen Poetry-Slam-Texten.