Von Veränderungen und Solidarität

Husum/Schobüll – Pastorinnen und Pastoren werden knapp. Es fehlt – trotz vieler Bemühungen – der theologische Nachwuchs, und die starke Generation der Baby-Boomer geht langsam in den Ruhestand. Um auch in Zukunft die seelsorgerliche Versorgung flächendeckend zu gewährleisten, hat die Nordkirche ein Gesetz erlassen, das die Verteilung regelt, und der Kirchenkreis Nordfriesland beschloss 2021einen Schlüssel, der die Reduzierung durch Regionenbildung gleichmäßig auffängt: Bis 2030 werden statt der bisher 63 Pfarrpersonen nur noch 41 übrig bleiben. In der Region Husum, zu der auch Rödemis, Nordstrand und Schobüll gehören, wird das nun umgesetzt. Anlass ist, dass Pastorin Gesche Schaar zum 1. Oktober nach Schwansen wechselt. Sie wurde am Wochenende im Albert-Schweitzer-Haus verabschiedet. Für sie geht Christian Raap mit seiner halben Stelle, die rein rechnerisch in Schobüll zu viel war, nach Rödemis. Auch er wurde mit einem Gottesdienst verabschiedet. Die Region Husum hat also nunmehr eine Pfarrstelle weniger und den Auftrag, dies solidarisch aufzufangen.

„Wir wussten immer, dass dieser Tag kommen würde“, sagte Christian Raap bei seiner Verabschiedung. 25 Jahre lang hat er mit seiner Frau Silke Raap gemeinsam die Kirchengemeinde Schobüll geleitet, und das Ehepaar hat den „Luxus“ gut genutzt: Eine lebendige, sangesfreudige Gemeinde ist es geworden, die Pfadfinderarbeit ist ein fester Bestandteil und hat jetzt schon regionale Strahlkraft. Schobüll muss jetzt mit weniger „Manpower“ auskommen. In Rödemis wird Raap jetzt als Pastor zuständig sein für Gottesdienste, Amtshandlungen und die Arbeit im Kirchengemeinderat. Die Husumer Kollegen werden ebenfalls Arbeitsbereiche in Rödemis versorgen.

Gesche Schaar war fünf Jahre lang Pastorin in Rödemis. In dieser Zeit hat sie den sehr erfolgreichen Chor ImPuls gegründet, neue Gottesdienstformate ausprobiert und guten Kontakt mit Schulen und dem Kindergarten gehalten. Mit großer Wertschätzung nahm die Gemeinde Abschied und würdigte ihre authentische, lebensnahe und vielfältige Arbeit.

„Wir können nicht mehr nur unsere eigene Gemeinde sehen“, das hatte Propst Jürgen Jessen-Thiesen 2021 auf der Synode gesagt, die die Voraussetzungen für diese Regelung geschaffen hatte. Der Prozess sei für alle Beteiligten schmerzhaft. Und das war bei beiden Gottesdiensten deutlich spürbar. Beim Abschied von Christian Raap in Schobüll erzählte Thomas Holtz vom Kirchengemeinderat von seiner Mühe, die richtigen Worte zu finden. „Es klang alles wie eine Trauerrede“, sagte er und hob die geordnete und wegweisende Art des Seelsorgers hervor. „Wir wissen zu schätzen, was du für uns getan hast.“ Und Christian Raap sagte der scheidenden Kollegin in Rödemis: „Du hinterlässt große Fußstapfen.“ Sie wird – auch aufgrund ihrer prägenden Persönlichkeit – nicht zu 100 Prozent ersetzbar sein.

Beide, Pastorin Schaar und Pastor Christian Raap, wurden von Propst Jessen-Thiesen formal entpflichtet, aber auch für ihren neuen Weg gesegnet. Im Geleitwort für den Gemeindebrief in Rödemis hatte Christian Raap mit einem biblischen Bild dazu ermutigt, die „Netze“ auch mal auf der anderen Seite auszuwerfen und darauf zu vertrauen, dass sie sich mit neuen Möglichkeiten und neuen Erfahrungen füllen werden.

Es gibt wieder Suppe in St. Marien

„Heute bin ich aus Neugier gekommen, einfach, um zu gucken, was hier los ist“, lächelt Maren Peters, ehemalige Vorsitzende der leider nicht mehr bestehenden niederdeutschen Bühne Husum. Und „ganz nebenbei“ gibt es dann auch noch einen Teller appetitlich duftender Gemüsesuppe mit anschließendem Nachtisch, bestehend aus Milchreis mit Zimt und Zucker…


So wie Maren Peters kommen viele Menschen montags zur Mittagssuppe ins Gemeindehaus neben der Husumer Marienkirche – denn es ist freilich nicht zu leugnen, dass das Essen in netter Runde bei einem angeregten Schnack viel besser schmeckt, als allein zu Hause.


Der Suppentag ist ein Gemeinschaftsprojekt aus vier Akteuren: Die Bahnhofsmission – eine Einrichtung des Diakonischen Werks Husum -, der Lions Club Husum-Uthlande, die Kirchengemeinde Husum und der Förderverein Begegnungsstätte Husum e.V. hatten vor einiger Zeit die Köpfe zusammengesteckt, um einmal wöchentlich ein gemeinsames Mittagessen für jedermann zu organisieren. „In der montäglichen Klönschnackrunde wurde die Idee geboren“, erzählt Frigga Kamper, Vorsitzende des Fördervereins. „Wir haben hier viele ältere Personen, die sich fragten, warum man nicht auch gemeinsam Mittag essen könnte.“ So startete das Projekt im Spätherbst des vergangenen Jahres und lief zunächst bis zum April 2023. In dieser Zeit wurden nach ihren Worten 560 Suppenportionen ausgegeben. Zunächst ist das „Vorhaben Suppentag“ zeitlich begrenzt bis zu diesem Jahresende. „Wir werden dann entscheiden, wie es weitergeht. Es hängt von unserer finanziellen Lage und von den Helfenden ab“, so Frigga Kamper.
Von Anfang an zogen – und ziehen – alle Beteiligten an einem Strang: „Der Lions Club Husum-Uthlande ist finanziell beteiligt und speist das Vorhaben durch eigene Aktivitäten, beispielsweise durch den Wandertag. In der Bahnhofsmission wird jedes Mal eine nahr- und schmackhafte Suppe gekocht. Die Kirchengemeinde stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung, deren Hausmeister holt die Warmhalte-Behälter von der Bahnhofsmission ab. Der Förderverein ist ebenfalls sowohl finanziell als auch personell beteiligt.“   


Nach der soeben beendeten Sommerpause geht es jetzt weiter – und, so Frigga Kamper, „jedes Mal werden es mehr Gäste“. Bei der Aufstellung des Einsatzplans kann sie auf einen Pool aus über 20 Helfenden zurückgreifen: „Wir treffen uns und sprechen uns ab.“ Ein Teller Suppe ist erschwinglich: Er kostet 1,50 Euro. Doch wer kein Geld oder einen Gutschein hat, wird natürlich auch versorgt. Denn, so Jens Frank, Abteilungsleiter „niedrigschwellige Hilfen“ beim Diakonischen Werk Husum, „es sind auch Gäste dabei, die sonst in die Bahnhofsmission kommen.“ Außerdem sei für manche Ältere der Suppentag im Gemeindehaus ein Gewinn, weil, laut Frigga Kamper, „viele nicht mehr für sich selbst kochen können“. Ein Gewinn ist auch, dass sich diese Mittagseinrichtung „mitten in der Stadt“ befindet.


Was es allerdings zum Essen gibt, ist jedes Mal ein „Überraschungspaket“ und immer das kleine Geheimnis der Wirtschafterin und Köchin der Bahnhofsmission, Frauke Tramm aber, so Frigga Kamper, „die Hauptsache ist, dass alle, ohne Unterschiede zu machen, friedlich miteinander am Tisch sitzen und sich beim Essen entspannt unterhalten.“ Lions-Präsidentin Simona Fleskes und Lions-Mitglied Monika Steensen haben zur heutigen Suppenausgabe „Dienst“. Sie sind mit ganzem Herzen bei ihrer Aufgabe. „Es bereitet uns große Freude, die Suppenküche zu unterstützen. Zu sehen, wie die Menschen miteinander ins Gespräch kommen und es genießen, sich verwöhnen zu lassen, tut uns gut.“ Der Suppentag im Gemeindehaus Sankt Marien findet immer montags in der Zeit von 11:30 bis 13:00 Uhr statt.

Text: Sonja Wenzel, Foto: pixabay

Gedenken für die, an die keiner denkt…

Auf dem Husumer Ostfriedhof ist heute ein Ort der Erinnerung für verstorbene wohnungslose, geflüchtete oder vereinsamte Menschen eingeweiht worden. Da sie oft anonym beigesetzt werden und somit in Vergessenheit geraten, sollen ihre Namen künftig auf dem Gedenkstein erscheinen. Es handelt sich um eine Initiative der Diakonischen Werke Husum und Schleswig-Holstein, der Diakonie Stiftung sowie der Kirchengemeinde Husum. Den Gedenkstein hat ein Steinmetz in Wilster gestaltet.

Friedemann Magaard, Gemeindepastor in Husum erzählte: „Uns hatte der Tod von Willy Wallner tief getroffen. Als der stadtbekannte Verkäufer des Straßenmagazins HEMPELS verstarb, wurde er auf Veranlassung des örtlichen Ordnungsamtes anonym auf See beigesetzt. Die Kollegen und Freunde von der Bahnhofsmission und aus der Community der Wohnungslosen hatten keinen Ort für die Trauer. Für Diakonie und Kirchengemeinde in Husum wurde offenkundig, wie dringlich ein Gedenkort ist. Deshalb haben wir nach der Pandemie mit der Stadt Husum, mit Bestattern, der Diakonie Stiftung und der Lotterie Glücksspirale ein Unterstützungsnetzwerk geknüpft, mit dem Ergebnis, dass nun der Gedenkstein an Menschen wie Willy Wallner erinnern wird. Wir werden für sie beten und ihr Andenken ehren. So verdient es jeder Mensch, unabhängig von Einkommen und Herkunft.“

Zahlreiche Menschen in Schleswig-Holstein erhalten nach ihrem Tod keinen Grabstein, weil sie kein Geld für eine Grabstelle hinterlassen oder keine Angehörige haben, die sich darum kümmern. Oft handelt es sich dabei um wohnungslose, einsame oder geflüchtete Menschen. Sie werden auf Kosten der Kommunen auf anonymen Grabfeldern oder auf See bestattet. Es gibt bislang kaum Orte, an denen ihre Namen in Erinnerung gehalten werden. Weggefährten, Familienangehörige oder Freunde haben keinen Ort des Gedenkens.

„Der neu gestaltete Gedenkort erinnert an Menschen aus Husum und Umgebung, die ohne eigene Zustimmung anonym beigesetzt worden sind“, so Volker Schümann, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Husum. „Für sie wird jeweils eine Namensplakette auf der Stele angebracht. Und: Die Kirchengemeinde lädt regelmäßig zu Gedenkfeiern ein, in denen Weggefährten von den Verstorbenen Abschied nehmen können.“ Die Kirchengemeinde Husum ist Trägerin des Gedenkortes, in enger Kooperation mit dem Diakonischen Werk Husum.

Der Ort der Erinnerung wurde von Steinmetz Michael Leißner aus Wilster gestaltet. Als er von der Idee eines Gedenksteins für anonym beigesetzte Menschen erfuhr, war er davon nach eigner Aussage sofort sehr angetan. Aus alten Grabsteinen von aufgelösten Grabstätten schuf er in den vergangenen Monaten einen neuen Gedenkstein, der einem Mosaik gleicht. Dieser wurde nun an einer gut sichtbaren Stelle auf dem Husumer Ostfriedhof gesetzt und von Landespastor Heiko Naß und Gemeindepastor Friedemann Magaard bei einer Zeremonie eingeweiht. Erste Namen von verstorbenen wohnungslosen Menschen sind darauf schon zu lesen, weitere werden folgen.    

Info: Das Projekt wird von der Lotterie Glücksspirale und der Diakonie Stiftung Schleswig-Holstein mit insgesamt 50.000 Euro gefördert. Die Summe beinhaltet neben der Planung und den Steinmetzarbeiten die Pflege des Gedenksteins in den kommenden zehn Jahren sowie das Anbringen weiterer Namenszüge. Darüber hinaus plant die Diakonie, künftig auch an anderen Orten solche Gedenksteine aufzustellen. In Schleswig-Holstein sind Tausende Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen, Hunderte leben auf der Straße. Im vergangenen Jahr nahmen 8.844 Menschen allein die Angebote der diakonischen Wohnungslosenhilfe in Anspruch, in Husum waren es 225.

Frauenkirchentag in Leck

In der Nordsee-Akademie Leck findet der diesjährige Frauenkirchentag statt. Teilnehmende erwartet ein abwechslungsreiches Programm mit Musik, Vortrag, Workshops und Zeit für Gespräche. Beginn ist um 10 Uhr. Anmeldung erbittet Claudia Hansen, Referentin für Frauenarbeit, bis 8. September an eketariat@erw-breklum.de. Die Unkostenbeteiligung beträgt 20 Euro inklusive Mittag, Getränke und aller Programmpunkte. Das Ende der Veranstaltung ist für 17 Uhr vorgesehen.

Hauptrednerin: Christina Brudereck

Workshops:
Pastorin Christina Brudereck: Sisterhood leben
Kunsttherapeutin Stefanie Chilla: Zwischen Eiskönigin und Superwoman
Musikerin Carola Schlageter: Spirituelle Lieder aus aller Welt
Anneke Wilken- Bober: Altern? Ängste? Meine Zukunft will ich gestalten
Frauenwerk der Nordkirche, Delphine Takwi: Rassism Awareness- Eigene unbewusste Vorurteile aufspüren

Kosten: 20 Euro, Anmeldung bis 8. September an sekretariat@erw-breklum.de