Fußball und Menschenrechte

„Die beste WM aller Zeiten“ soll sie werden, meint FIFA-Präsident Gianni Infantino, die Fußballweltmeisterschaft der Männer, die in wenigen Wochen in Katar beginnt. Doch die Kritik an der Vergabe wird immer lauter: Der Golfstaat wird von einer absoluten Monarchie regiert. Gestern diskutierten in Breklum Expertinnen und Experten über Menschenrechtsverletzungen in Katar und wie darauf reagiert werden kann.

Auf dem Podium waren Marc Fahrenkrog und Jonas Kaiser vom Fanprojekt Kiel zu Gast. Sie warben für einen Boykott der WM, auch wenn es ihnen als eingefleischten Fußball-Fans schwer fallen wird. Regina Spöttl von Amnestie International hielt dagegen, dass den 2,3 Millionen Arbeitsmigrantinnen und -Migranten damit nicht geholfen sei, sinnvoller sei es, mit öffentlichem Druck auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu drängen. Jürgen Muhl, ehemaliger Chef- und Sportredakteur des shz übte zwar scharfe Kritik an der FIFA und der Vergabe-Struktur, hob aber die Freude und das vereinende Moment am Fußball hervor. „Nach zwei Jahren Pandemie brauchen wir das einfach“, sagte er. Dietrich Schulze-Marmeling, Co-Autor des Buchs „Boykott Katar 2022!“ erinnerte an den Bestechungsskandal der FIFA, der bereits 2011 aufflog, ein Jahr nach der Bekanntgabe des Austragungsortes. „Das ist eine kriminelle Vereinigung gewesen, die das beschlossen hat. Man hätte schon damals die Vergabe zurückziehen müssen.“ Via Zoom war Ewald Lienen, ehemaliger Bundesligaspieler für Bielefeld und Gladbach, zugeschaltet, der immer wieder die globale Perspektive der Klimakatastrophe einbrachte. „Katar ist nur ein Symptom von dem, was wir in der ganzen Welt haben: Es geht nur ums Geld. Und wir sind als Konsumenten mitverantwortlich, wir haben nichts dagegen getan. Was da passiert, ist unsäglich.“ Lienen hatte sich bereits 1978 kritisch zur Fußball-WM in Argentinien geäußert, das damals von einer Militärjunta regiert wurde.

Lösungen gab es nicht, aber viele Denkanstöße. Wenn auch die WM in Katar nicht mehr zu verhindern sei, so könne man doch die Sponsoren boykottieren, die nur zu einem geringen Teil auf die Anfragen und Forderungen von Menschenrechtsorganisationen reagiert hatten. Man müsse auf die FIFA Einfluss nehmen, dass die bei der Vergabe auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten habe. Marc Fahrenkrog schlug vor, bewusst Alternativ-Veranstaltungen zu den Spielen zu organisieren, und Jürgen Muhl warf die Frage auf, ob denn überhaupt Fußball-Weltmeisterschaften in Nicht-Fußball-Ländern ausgetragen werden sollten.

Organisiert wurde der Abend von Karsten Wolff, Ökumenereferent im Evangelischen Regionalzentrums Westküste (ERW), in Zusammenarbeit mit Nora Steen vom Christian Jensen Kolleg (CJK). Friedemann Magaard, Pastor in Husum, moderierte gemeinsam mit Karsten Wolff die Veranstaltung, die hybrid angeboten wurde: Etwa 40 Teilnehmer trafen sich in Präsenz, am Bildschirm kamen noch einmal 20 hinzu. Die Präsenz-Teilnehmer hatten den klaren Vorteil, dass sie sich am Torwandschießen messen konnten. Bier und Bratwurst gab es auch, so dass zwischen „Anpfiff“ und „Abpfiff“ einem schönen Abend trotz des ernsten Themas nichts im Wege stand.

Info: In Katar arbeiten zurzeit 2,3 Millionen Menschen aus anderen Ländern an Stadien und Infrastruktur für die WM 2022. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, Überstunden werden oft nicht bezahlt, Löhne einbehalten und die Unterkünfte sind katastrophal. Teilweise werden Pässe einbehalten, Ausreisewillige müssen hohe Gebühren entrichten. Nach Schätzungen von Amnestie International sind mehr als 15000 Arbeiter an unklaren Ursachen gestorben. In Katar haben Frauen stark eingeschränkte Rechte, Homosexualität gilt als Straftat. Das Land gilt aufgrund seiner Gasvorkommen als eines der reichsten der Welt.

Präzisionsarbeit in luftiger Höhe

Präzisionsarbeit leisteten die Handwerker, als an der Tönninger St.-Laurentiuskirche Wetterhahn und Kugel herabgenommen wurden. In luftiger Höhe von fast 70 Metern galt es, den Hebehaken des Krans genau in die Mitte des Gerüsts zu versenken, wo schon Mitarbeitende bereitstanden, um die kostbaren Schätze gut zu verzurren. Große Überraschung dann bei den vielen Schaulustigen: Was von unten wie Gold ausgesehen hatte, erwies sich als gelber Lack. Nur an wenigen Stellen schimmerte die ursprüngliche Vergoldung durch. Erwartungsgemäß befand sich in der Kugel auch eine Kartusche mit Zeitungen aus dem Jahr 1961, dazu ein paar Münzen. Leider war Wasser eingedrungen, so dass ein Vorgängerdokument fast vollständig zerstört wurde.

Große Risse im Mauerwerk deuteten schon lange darauf hin, dass der Turm sich bewegt und nicht mehr sicher steht. Außen zersetzten sich die Fugen, und die Mauersteine drohten auf die Besucher herabzufallen. Das Kirchendach aus englischem Schiefer löste sich vom Dachstuhl, so dass einzelne, messerscharfe Schieferplatten bei Sturm auf den Marktplatz flogen. Die Turmhaube musste abgenommen werden, weil das tragende Gebälk marode ist. Die St. Laurentius-Kirche Tönning gehört wegen der Dringlichkeit der Maßnahmen zu den ersten Gotteshäusern, die im Rahmen des Sanierungsprogramms Eiderstedter Kirchenlandschaft saniert werden.

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Es wächst zusammen, was zusammengehört

Husum – Da wächst zusammen, was zusammen gehört: In die Husumer Friedenskirche zieht die Diakonie ein, und gleichzeitig bleibt die Kirchengemeinde vor Ort. Im Kirchraum findet unter der Woche die Tafelausgabe statt, am Sonntag zurzeit etwa 14tägig ein Gottesdienst. Das Amtszimmer und Büro von Pastor Andreas Raabe ist und bleibt in der Schobüller Straße 10. Landespastor Heiko Nass besuchte das Projekt und packte auch gleich mit an.

„Kirchengemeinde und Diakonie – wir sind ja Geschwister“, sagte Volker Schümann, Leiter des Diakonischen Werks (DW) Husum. Die Tafelausgabe war während der Pandemie in die Friedenskirche verlegt worden, weil die Räume in der Theodor-Storm-Straße zu klein waren, um die gebotenen Abstände zu realisieren. Inzwischen mag sich das niemand mehr anders vorstellen. Im Keller lagern Lebensmittel, im Garten steht ein Kühlhaus, und auch für die Fahrzeuge ist auf dem Gelände genug Platz.

Aber die Gemeinsamkeit DW und Kirchengemeinde beschränkt sich ja nicht auf die Lebensmittelausgabe, so Schümann: Auch das Mehrgenerationenhaus, die Bahnhofsmission und andere Einrichtungen arbeiten schon längst eng mit der Kirchengemeinde zusammen. Jetzt soll der Gebäudekomplex in der Schobüller Straße in die Trägerschaft der Diakonie übergehen. Die Kirche bleibt Gotteshaus für besondere Anlässe, der Pastor bleibt vor Ort, auch die Versammlungsräume können weiterhin von der Kirchengemeinde genutzt werden. „Hier ist etwas Beispielhaftes entwickelt worden“, sagte Schümann.

Zum Hintergrund erklärte Pastor Andreas Raabe, dass nach dem neuen Pfarrstellenplan auf lange Sicht nur noch zwei Pastorinnen oder Pastoren Dienst in der Kirchengemeinde tun werden. Vier Kirchen und vier Gemeindehäuser seien einfach zu viel für die weniger werdenden Mitglieder,  schon lange suche man nach guten Lösungen. Und die ist mit der Diakonie gefunden: So bleibt das Gebäude Kirche und wird doch von vielen genutzt. „Wir haben uns überlegt: Was können wir zusammen besser machen?“, sagt er. So sei die Idee entstanden. Künftig werden im Pastorat die Migrations- und die Suchtberatung unterkommen. Der Seniorennachmittag findet nun im nahe gelegenen Liette-Eller-Haus statt, die Helferinnen könnten sich weiter im Gemeindehaus treffen.

Zugleich diskutierten die Vertreter von Diakonie und Kirchengemeinde mit dem Landespastor die Situation der Tafeln. „Die Tafeln sind für viele Menschen der letzte Anker“, sagte Heiko Nass und hob das große ehrenamtliche Engagement hervor. Gleichzeitig betonte er die politische Dimension: „Wir brauchen eine bessere Grundlage für die Existenzsicherung“, sagte er und plädierte für neue Berechnungsmodelle. „Es ist eigentlich ein Skandal, dass es Tafeln geben muss.“ Karl-Heinz Häuber berichtete von neuen Entwicklungen. So soll in Zukunft die Teilnahme digitalisiert werden, um das lange Schlangestehen der Kunden zu minimieren. Adelheit Marcinczyk als Leiterin des Geschäftsbereichs Soziales und Arbeit, bedankte sich bei allen Spendern und insbesondere bei den Service-Clubs, die wertvolle Unterstützung leisten.

Info: Das Diakonische Werk ist Trägerin von vier Tafeln in Nordfriesland: Bredstedt, Husum, Tönning und die Mobile Tafel. Mehr als 100 Menschen aus ganz verschiedenen gesellschaftlichen Zusammenhängen engagieren sich ehrenamtlich. Deutschlandweit gibt es 960 Tafeln mit sozial-ökologischer Mission: Lebensmittel retten und armutsbetroffenen Menschen helfen. Die Tafeln retten Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können und geben sie an Menschen in Armut weiter, die sich eine ausgewogene Ernährung nicht leisten können.

Die (Wieder-)Einführung in Ostenfeld

Ostenfeld – „Endlich bist du wieder da!“, freute sich Bürgermeisterin Eva-Maria Kühl über die Einführung von Ralf Pehmöller zum Pastor der Kirchengemeinde Ostenfeld. Mit dieser Einführung schließt sich für den Seelsorger ein Kreis: Hier hatte er vor fast 30 Jahren seine erste Pfarrstelle angetreten und war dann 20 Jahre auf verschiedenen übergemeindlichen Stellen tätig. „Ich bin Nordfriese geworden“, sagte er, „hier gehöre ich hin.“

Der 57-Jährige hat in seinem Berufsleben viele verantwortungsvolle Positionen innegehabt: Nach knapp zehn Jahren in der Kirchengemeinde Ostenfeld schloss er eine Zusatzausbildung als Fachwirt im Gesundheitswesen ab. Neuneinhalb Jahre war er Geschäftsführer der Diakoniestation Barmstedt, parallel dazu sechseinhalb Jahre Geschäftsführer des Kirchengemeindeverbandes Elmshorn. Schließlich baute er das neugegründete Kindertagesstättenwerk in Dithmarschen auf, bevor es ihn 2016 zurück nach Nordfriesland zog. Als Referent der Pröpste unterstützte er diese in allen Fragen und war seit 2019 mit der anderen Hälfte seines Dienstauftrags Pastor der Kirchengemeinde Olderup. „Du weißt, wie Kirche tickt“, sagte Propst Jürgen Jessen-Thiesen im Einführungsgottesdienst. „Du hast einerseits eine tiefe Kenntnis der kirchlichen Strukturen und andererseits eine tiefe Kenntnis von kommunalen Ordnungen, von Zahlen und Haushaltsplänen. Du kennst rechtliche und finanzielle Grundlagen und Rahmenbedingungen, weißt um Grenzen und Möglichkeiten.“ Seit 2005 wohnt die Familie Pehmöller schon in der Gemeinde, und ehrenamtlich engagiert sich der Theologe seit 2013 in der Gemeindevertretung. „Kirche und Kommune, das gehört zusammen“, sagte er. „Gemeinsam können wir etwas bewegen.“

Der feierliche Gottesdienst in der St.-Petri-Kirche war gut besucht, auch der Posaunenchor ließ es sich nicht nehmen, den neuen alten Pastor zu begrüßen. „Ich freue mich über den heutigen Tag“, sagte Ralf Pehmöller in seiner Predigt. „Ich freue mich über diese Kirchengemeinde. Ich freue mich über jede und jeden einzelnen von Euch.“

Ich mach das jetzt!

Husum – „Ich mach das jetzt.“ – unter diesem Motto hatte die Evangelische Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland ins Albert-Schweitzer-Haus zum Frauenmahl eingeladen. Mehr als 80 Teilnehmerinnen trafen sich an festlich gedeckten Tischen und hörten Lebensgeschichten, die genau dieses Motto für sich und gegen innere oder äußere Widerstände umgesetzt hatten.

Dabei war es die Verschiedenheit der Erzählungen, die anrührte und begeisterte. Birgit Hansen-Annus lebt in Westerrhönfeld und hat ein schwerst-mehrfachbehindertes Kind, das inzwischen 25 Jahre alt ist. Ohne Schnörkel und Umschweife erzählte sich von Freude und Leid, davon wie schwer es anfangs war, sich Hilfe zu holen, wie kummervoll die Erfahrung der begrenzten eigenen physischen und psychischen Belastbarkeit war. „Ich mach das jetzt!“ – so entschied sie sich zu einer Umschulung, zum Engagement in der Kirchengemeinde, zum Muttersein mit Hingabe und Grenzen. Denise Loop ist Mitglied des Bundestags für Bündnis90/Die Grünen und bekannte offen, dass ihre politische Karriere als „Quotenfrau“ begonnen habe. Dann aber habe sie Mut gewonnen und sich mehr zugetraut. „Man braucht Verbündete, mit denen man sich auf ein gemeinsames Handeln verständigt“, so beschreibt sie ihre politische Arbeit. Erika Fischer ist Heilerzieherin und Mitglied der Schwesternschaft Ordo Pacis, eine Gemeinschaft von Frauen in verschiedenen Lebensformen, die das Gebet in den Mittelpunkt stellt. Lange habe sie sich nicht getraut, um Aufnahme zu bitten, erzählte sie. Aber dann stand fest: „Ich mach das jetzt. Denn ich werde die Antwort nicht kennen, wenn ich die Frage nicht stelle.“ Von ihrem aufregenden Leben als Erzieherin, Trabrennfahrerin, Heilpädagogin und schließlich als Hotelierin erzählte Bärbel Finn aus Bokel. Die 60-Jährige kündigte vor zwei Jahren ihren sicheren Job und machte sich selbständig mit dem Projekt Ulliwood. Gemeinsam mit ihrem Mann arbeitete sie Zirkuswagen zu Ferienwohnungen um und findet nun ihre Erfüllung darin, Gastgeberin für Erholung-Suchende zu sein. „Es erfüllt mich richtig“, sagte sie, „das war schon immer mein Herzenswunsch.“

Organisiert und geleitet wurde der Abend vom Team der Evangelischen Frauenarbeit um Frauenreferentin Claudia Hansen. Für ein wahrhaft fürstliches, vegetarisches 4-Gänge-Mahl sorgte Alex Kitchen, und am Cello begeisterte Julia Polziehn. „Wir brauchen einen Sinn in dem, was wir tun“, sagte Claudia Hansen, „ich brauche eine Vision von mir, von meinem Land, von der Welt, um ins Handeln zu kommen.“ Sie freute sich sehr über den guten Zuspruch und kündigte eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe in zwei Jahren an. „Wir können Großes bewegen in der Gemeinschaft“, sagte sie.

Frauenmahl

Info: Das Format Frauenmahl gibt es seit einigen Jahren bundesweit. Es nimmt Bezug auf Luthers Tischreden: „Luther gelang es in seinen Tischreden, Theologie und Alltag überzeugend zusammen zu bringen“, so Ulrike Wagner-Rau, Professorin für Praktische Theologie und Mitorganisatorin des Marburger Frauenmahls, „dieses Redeformat möchten wir für heute neu entdecken.“

Vom Kater lernen

Leck – Sein großes Vorbild ist ein relativ kleines Tier: Dr. Lars Emersleben liebt es, seinem Kater zuzusehen, der tagsüber schnurrend in der Sonne liegt und nachts mit Heldenmut Mäuse jagt. „Beides, das Feiern im Hellen und Licht ins Dunkel zu bringen gehört zusammen in meinem Beruf“, verrät der 55-Jährige im Gemeindebrief. Seit dem 1. September ist er Pastor der Kirchengemeinde Leck

Mit einer halben Stelle tut er Dienst in Leck-Süd, Klintum und Osterschnatebüll, mit der anderen versorgt er Vertretungsdienste im nördlichen Nordfriesland und tritt damit die Nachfolge von Pastor Holger Asmussen an. „Das hat sich so gefügt“, erzählt er. Seine Frau Karin war 2020 in Leck gewählt worden, er war damals theologischer Referent der Nordkirche in Kiel. „Es ist eine schöne Gemeinde mit tollen Kollegen“, sagt er. Das Team arbeitet gut und verlässlich zusammen, und Lars Emersleben freut sich auf das vielfältige Gemeindeleben mit den Amtshandlungen, dem Konfirmandenunterricht und den Gottesdiensten. „Dem Gottesdienst ist nichts vorzuziehen“, zitiert er den alten Benedict von Nursia. Da schlägt sein Herz. Er versteht sich als Theologe, seine Aufgabe ist es, das Wort Gottes so zur Sprache zu bringen, dass es die Menschen hören können.

Dabei bleibt er ganz Mensch, humorvoll und „ein bisschen schräg“, wie er selber sagt. Er liebt es, seinen alten Landrover Defender zu fahren und auch mal daran rumzuschrauben. Er mag Filme am liebsten, „wenn da was durch die Luft fliegt“, und ihm fallen sehr spontan Witze ein, die wirklich witzig sind. Er liebt es, den Blumen im Garten beim Wachsen und den Katzen beim Spielen zuzusehen. Seine größte Schwäche sei, so der Pastor, dass er den Mund nicht halten könne, wenn ihm etwas nicht passt. Und gefragt nach dem Buchtitel, der über seinem Lebensbuch stehen müsse, antwortet er: „Ene, mene, meck – nun bin ich weg. Man muss ja vom Ende her denken.“

Fast vier Jahrzehnte Engagement

Enge-Sande – Der Kirchengemeinderat (KGR) lenkt die Geschicke der Gemeinde. Hier wird alles beraten und entschieden, was von Bedeutung ist. Er verantwortet den Gottesdienst, wählt den Pastor, die Pastorin, kümmert sich um das Personal, die Gebäude und die Liegenschaften. Seine Mitglieder sind  „Vorbilder in der Kirchengemeinde und prägen das Bild von Kirche in der Öffentlichkeit“, wie es in der Gemeindeordnung der Nordkirche heißt. Andreas Paulsen hat diese große, ehrenamtliche Verantwortung 37 Jahre lang getragen. Dafür wurde er nun von Pröpstin Annegret Wegner-Braun mit dem Ansgarkreuz der Nordkirche geehrt.

„Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten“, so zitierte die Pröpstin aus der Bibel. Das sei Aufgabe und Berufung für alle Christinnen und Christen. Andreas Paulsen habe das besonders gelebt: Von den 37 Jahren im KGR habe er 31 Jahre lang den stellvertretenden Vorsitz innegehabt. „Sie haben die Kirchengemeinde durch viele Phasen begleitet“, sagte sie. Andreas Paulsen sei ein guter Ratgeber gewesen, habe oft auch praktisch mit angepackt, war treu und zuverlässig über viele Jahre. Er habe anderen Menschen Raum gegeben, war immer um Dialog bemüht gewesen, ein guter Zuhörer und ein Vorbild für viele. „Danke für alles, was Sie in diesen Jahren für die Kirchengemeinde gewesen sind.“

Andreas Paulsen selbst blickt zufrieden auf die Zeit zurück. „Wir hatten immer ein gutes Miteinander“, sagt er. Zwölf Jahre hat er mit Pastor Werner Stümke zusammengearbeitet, seit 1996 ist Anja Nickelsen-Reimers Pastorin in Enge, und ihr Mann Thomas Reimers ist ebenfalls Pastor und in der Gemeinde engagiert. Die Zeit des Wechsels war ein bisschen aufregend, erinnert er sich. In der Vakanz-Zeit hatte er den Vorsitz und kümmerte sich unter anderem um die Renovierung des Pastorats. Er war Mitglied des Bau- und des Friedhofsausschuss, und ihm als Landwirt lagen besonders die Ländereien der Gemeinde am Herzen. „Da muss man sich ja ein bisschen mit auskennen“, sagt er, „die liegen ja weit verstreut.“

Zur Verleihung des Ansgarkreuzes wurde auch seine Frau Annegret mit einem Blumenstrauß geehrt, die ihn über die Jahre oft hat entbehren müssen. Bei der nächsten Kirchengemeinderatswahl wird der heute 77-Jährige aber nicht mehr kandidieren. „Da können jetzt auch mal Jüngere ran“, sagt er. „Ich bin guter Dinge, dass es jetzt auch gut weitergeht.“

Kirchenwahl: Lust zu kandidieren?

Ende November ist Kirchenwahl. Dann sind die evangelischen Christinnen und Christen der Nordkirche aufgerufen, neue Kirchengemeinderäte für ihre Gemeinden zu wählen. In den nächsten Wochen werden die Wahlbenachrichtigungen per Post versandt. Annegret Wegner-Braun und Jürgen Jessen-Thiesen sind Pröpste im Kirchenkreis Nordfriesland. Sie erzählen im Interview, was die Kirchenwahl bedeutet.

Frau Wegner-Braun, Sie sind Pröpstin für den Nordbezirk. Wie weit sind die Kirchengemeinden, was sind die nächsten Schritte?

Annegret Wegner-Braun: Die Kirchengemeinden haben bereits im Februar den sogenannten Wahlbeschluss gefasst und damit festgelegt, wie groß der künftige Kirchengemeinderat (KGR) sein soll. Jetzt suchen sie Menschen, die sich in den kommenden sechs Jahren in diesem Leitungsgremium engagieren mögen. Dafür haben sie noch bis zum 2. Oktober Zeit.

Die Pröpste haben ja viel mit den ehrenamtlichen Kirchengemeinderäten zu tun. Was sind nach Ihrer Einschätzung die schönsten, was die schwierigsten Aufgaben?

Jürgen Jessen-Thiesen: Der Kirchengemeinderat entscheidet über die Angelegenheiten der Kirchengemeinde. Er entscheidet zum Beispiel über Anstellungsverhältnisse, Pachtverträge, Sanierungsmaßnahmen und über den Umgang mit Geldern, die irgendwie immer knapp sind. Das sind oft komplexe Aufgaben, in die man sich erst ein bisschen hineindenken muss. Aber man hat auch großen Gestaltungsspielraum. Und man trägt die Verantwortung nicht allein, sondern gestaltet das kirchliche Leben gemeinsam. Jede und jeder mit den eigenen besonderen Fähigkeiten. Das macht Sinn und macht auch Spaß.

Die Kirchengemeinden im Kirchenkreis sind ja sehr unterschiedlich: Da gibt die Inseln Föhr und Sylt mit ihren großen Aufgaben für Einheimische und Gäste, daneben gibt es sehr kleine Gemeinden. Macht eigentlich die Gemeindegröße einen Unterschied für die Arbeit im KGR?

Annegret Wegner-Braun: Die größte Kirchengemeinde ist derzeit Husum mit 8000 Gemeindegliedern und vier Pastorinnen und Pastoren, die kleinsten sind Oland mit 20 und Gröde mit 8 Mitgliedern, die sich ihren Pastor mit der Kirchengemeinde Langeness teilen. Große Gemeinden haben oft mehrere Gebäude, die viel Arbeit machen, der Verwaltungsaufwand ist vielleicht ein bisschen höher als bei Kleinstgemeinden, dafür haben sie oft auch hauptamtlich Mitarbeitende, die einfach ein Segen sind. Bei den kleineren Gemeinden wird oft jede Hand gebraucht und Arbeit kann nicht so leicht delegiert werden.

Zu Ihrem Bezirk gehören unter anderem  Inseln und Halligen. Sind die Voraussetzungen auf den Inseln und Halligen anders als auf dem Festland?

Jürgen Jessen-Thiesen: Ein KGR besteht aus mindestens fünf gewählten Mitgliedern. Wo es hauptamtlich Mitarbeitende gibt, kann sich auch eine oder einer von ihnen zur Wahl stellen. Die Pastorinnen und Pastoren gehören qua Amt dazu und müssen nicht gewählt werden. Man könnte vermuten, dass das in kleinen Gemeinden wie Hooge eine größere Herausforderung ist als auf dem Festland. Aber wir machen die Erfahrung, dass die Menschen auf Inseln und Halligen sich gerne engagieren und ein großes Herz für ihre Kirche haben.

Was muss ich eigentlich tun, wenn ich gewählt werden möchte? Muss ich zum Beispiel Kirchenmitglied sein?

Jürgen Jessen-Thiesen: Ja, Sie müssen Mitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland sein. Sie brauchen fünf Menschen, die Ihre Aufstellung befürworten und Sie zur Wahl vorschlagen, ein entsprechendes Formular und auch Unterstützung dafür bekommen Sie in Ihrer Kirchengemeinde. Gewählt werden können alle volljährigen Kirchenmitglieder, wahlberechtigt sind alle Getauften ab 14 Jahren.

Muss man bestimmte Qualifikationen mitbringen?

Annegret Wegner-Braun: Nein, wir freuen uns über jede und jeden, der seine Kompetenzen miteinbringt. Toll sind Menschen, die etwas von Verwaltung, Finanzen oder Bau verstehen, aber genauso gerne sind die gesehen, die Lust an der Verkündigung des Evangeliums haben oder einfach gerne anpacken und helfen. Besonders junge Menschen sind eingeladen, sich aufstellen zu lassen. Wir freuen uns auf ihre Impulse und Anregungen.

Eine Frage an Sie beide: Was macht Ihnen besonders viel Freude an der Zusammenarbeit mit Kirchengemeinderäten?

Annegret Wegner-Braun: Ich besuche derzeit viele Kirchengemeinden und freue mich ungemein über das Engagement der Kirchengemeinderäte und anderer Menschen, die sich ehrenamtlich beteiligen. Was für einen Schatz wir da haben! So viele kluge Köpfe! Manchmal komme ich aus dem Staunen gar nicht heraus!

Jürgen Jessen-Thiesen: Die Mitglieder der Kirchengemeinderäte kennen die Menschen vor Ort und können gut einschätzen, was gebraucht und ersehnt wird. Sie setzen sich dafür ein, dass Kirche für die Menschen da ist. Das ist gut so und unverzichtbar.   

Sommer, Sonne, Eiscreme

Endlich wieder unterwegs: Die Erleichterung und die Freude ist im Evangelischen Kinder- und Jugendbüro (EKJB) zu spüren. Nach der langen Corona-Zeit konnten nun wieder die Sommerfreizeiten stattfinden. Mehr als 100 junge Menschen trafen sich in Zeltlagern, auf der Treene oder bei der Klimasail auf der Artemis. „Es ist wie ein Aufatmen“, sagt Susanne Kunsmann vom EKJB.

Insgesamt gab es vier Kinderfreizeiten im dänischen Skovmose, an denen insgesamt 60 Kinder teilnahmen. 30 Jugendliche im Alter von zwölf bis 14 Jahren machten sich mit dem Kanu auf den Weg oder zelteten an der Ostsee. Auf Klima-Sail begaben sich zwölf Jugendliche, und zur Jugendbegegnung nach Lettland machten sich sieben junge Menschen auf. „Es gab keinen einzigen Corona-Fall und auch keine anderen Katastrophen, es gab viel gutes Wetter und viel Eis, und alle Freizeiten waren voll belegt,“ freut sich Susanne Kunsmann. Durch viele Fördermittel war es möglich, die Aktivitäten sehr günstig anzubieten und als „Dankeschön-Bonschi“ sogar mit einer großen Gruppe Ehrenamtlicher nach Disney-Land Paris zu fahren.

Besonders dankbar ist die Pädagogin für die ehrenamtliche Unterstützung, ohne die ein solches Angebot gar nicht möglich wäre: Mehr als 20 Teamer und Teamerinnen begleiteten die Freizeiten, leiteten sie teilweise sogar in eigener Verantwortung. „Es war eine super tolle Möglichkeit viele Erfahrungen zu sammeln und eine gute Zeit mit den anderen Leitenden und Kindern zu verbringen. Niemand wird ausgeschlossen, und im Team wird Zusammenarbeit großgeschrieben“, schreibt zum Beispiel Aline Schmidt, die eine der Kinderfreizeiten in Skovby geleitet hat. „Wir unterstützten uns gegenseitig bei kleinen Hürden und hatten auch eine Menge Spaß und Freude an dem, was wir tun.“

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Anna Ihme und ihrem Kollegen Sebastian Hurst bildet Susanne Kunsmann das hauptamtliche Team des EKJB: „Wir sind hochmotiviert, für Kinder, Jugendlichen und junge Erwachsene Erlebnisse zu schaffen, damit wir auch in Zukunft eine Generation heranwachsen sehen, die etwas von Gemeinschaft, Empathie und Frieden versteht“, so die Pädagogin.

Foto: Lasse Eggers