Geistliche Begleitung

Die meisten Menschen haben einen Sensor dafür, dass es zwischen Himmel und Erde noch etwas gibt, was sich nicht in die Grenzen von Naturwissenschaft und kognitiver Erkenntnis fügen will. Nicht jeder nennt es Gott, Allah oder Jesus, und viele haben aufgehört, es in den Kirchen oder Gottesdiensten zu suchen. „Geistliche Begleitung öffnet Räume zum Nachdenken und Nachspüren“, sagt Claudia Hansen, Referentin für Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland. Sie hat sich drei Jahre lang zur Geistlichen Begleiterin ausbilden lassen und  lässt nun ihre Erfahrungen in die Arbeit einfließen. Sie hat für all diese Nuancen, für die Fragen und Zweifel, für die Sehnsucht und die Suche nach Sinn ein feines Gespür.

„Geistliche Begleitung bietet einen geschützten Raum und Klärungshilfe für die persönliche Suchbewegung,“ heißt es auf dem Flyer der Nordkirche. Und so praktiziert sie auch Claudia Hansen als Referentin für Frauenarbeit im Kirchenkreis Nordfriesland. „Ich stelle den Raum zur Verfügung, in dem spirituelle Erfahrungen gemacht werden können“, erzählt sie. Das kann Tanz sein oder Meditation, das kann ein Gebärdengebet oder auch eine Bibelarbeit sein, das kann im Gespräch geschehen oder auch während der gemeinsamen Arbeit im Perlen-des-Glaubens-Garten, den sie initiiert hat.

Drei Jahre dauert die Ausbildung zur Geistlichen Begleiterin. Drei Jahre mit viel Kontemplation und Stille, mit Körperarbeit und mit Arbeit an biblischen Texten. Zur Ausbildung gehören Kurswochen in Präsenz und Treffen in Regionalgruppen, aber auch Begegnungen mit einer schon zertifizierten Begleiterin. Immer geht es darum, die eigenen Erfahrungen zu vertiefen und zu reflektieren, Fragen und Zweifel zuzulassen, sich selbst in der Begegnung mit Gott zu entdecken. Geistliche Begleitung ist eine Form der Seelsorge, die das Gespräch in den Horizont des Glaubens stellt. Sie ist keine Therapie, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum und mehrere Einzelgespräche erstrecken kann.

„Menschen suchen heute nach Tiefe“, sagt Claudia Hansen, die viel Erfahrung in Supervision und Biografie-Arbeit hat. Ihr hat sich mit der Ausbildung zur Geistlichen Begleiterin eine Dimension eröffnet. „Der lange Zeitraum der Ausbildung, ganz besonders die 10 Tage Stille nur mit Gottesdiensten, Bibeltexten und mir selbst, das Erleben der sehr unterschiedlichen Ausbilder und ihrer Wege, haben bei mir zur Vertiefung beigetragen und auch für mich selbst neue Räume eröffnet“, erzählt sie. Viele Methoden, die sie gelernt hat, kann sie auch in ihrer Arbeit als Frauenreferentin anwenden. Immer mal wieder lädt sie, wenn es passt, im Rahmen ihrer Veranstaltungen zum Beispiel zu einer Tanzmeditation oder einer Reise nach innen ein. Besonders berührt sie das „Gebet zu zweit“: Dann tun sich Zwei zusammen, eine erzählt und die andere formuliert aus dem, was sie hört, ein Gebet. Und dann wechseln sie. „Das ist eine so schöne Erfahrung“, sagt Claudia Hansen, „das tut so gut, wenn jemand für dich betet.“

Der Mann mit Hut geht in den Ruhestand

Leck – Der Hut ist sein „Markenzeichen“, und eine „Marke“ ist Holger Asmussen ganz gewiss: Unverkennbar in seinem freundlichen Humor, zugewandt und ausgleichend, gerne an- und zupackend, erkennbar fromm und doch nie missionarisch übergriffig. Gestern wurde der Seelsorger in der St.-Willehad-Kirche Leck feierlich von seinen dienstlichen Pflichten entbunden und in den Ruhestand verabschiedet.

„Urlaub für immer“ stehe nun in seinem Kalender, sagte Inke Thomsen-Krüger, die als stellvertretende Pröpstin die Entpflichtung vornahm, und zeichnete die Stationen seines Dienstlebens nach: Er war Pastor in Seretz, auf Föhr, in Leck und für übergemeindliche Vertretungen in der Propstei Nord gewesen. Auf Kirchenkreis-Ebene war er viele Jahre als Synodaler, im Kirchenkreis-Rat und als stellvertretender Propst tätig. Er habe sich in der Notfallseelsorge engagiert, Konfirmandenarbeit und Musik geliebt und sei ein echter Teamplayer. Seit 2012, so erzählte sie, habe er auch das Pilgern für sich entdeckt und begleite seitdem gerne auch Gemeindegruppen auf verschlungenen Pfaden durch Nordfriesland oder in seinem Lieblingsland Schweden.

Im Gottesdienst sorgten Kantorei und Flötenkreis für festliche Stimmung, vor der Kirche spielte ein großer Posaunenchor mit BläserInnen von Föhr, aus Achtrup und Fahretoft-Dagebüll. Grußworte sprachen beim anschließenden Empfang Henning Möller für den Kirchenkreis-Rat, Andreas Deidert für die Stadt Leck und Inke Petersen für die dänische Gemeinde. Herzlich bedankten sich Mitarbeitende und Kollegen für die gute Zusammenarbeit. Anrührend sprach auch Antje Iser-Asmussen, Ehefrau und Kollegin in einem, und erzählte von der vielen praktischen Unterstützung, die sie erfahren habe, egal ob es um Stühleschleppen oder die Gestaltung eines Liedblatts ging. Er sei „ein praktisches Genie“ und habe sich nicht nur als Pastor, sondern auch als Küster und Gemeindesekretärin verdient gemacht.

Der Neu-Rentner strahlte angesichts der vielen guten Worte, aber sicher auch in Vorfreude auf den immerwährenden Urlaub. „Ich bin sehr glücklich mit den vergangenen zehn Jahren in Leck“, sagte er, „ich war sehr gerne hier.“

Abschied Holger Asmussen

Veuve Noire: unterwegs für Respekt und Toleranz

Ihre Heimat ist St. Pauli, ihr Familie heißt Olivia Jones. Sie ist ein Mann und zugleich weiblicher als manche Frau. Veuve Noire ist eine Dragqueen, schillernd und schrill, schlagfertig und wortgewandt, witzig und krass. Sie kann Comedy und Gesang, und begeistert mit ihren Kult-Kiez-Tour in Hamburg viele Menschen. Ihr Name bedeutet „Schwarze Witwe“, das ist eine Spinnenart, deren Weibchen die Männchen nach dem Paarungsakt verspeisen. Aber so weit würde sie nicht gehen: „Männer zum Frühstück, Mittag, Abendessen? Gerne!“, verrät sie auf der Webseite von Olivia Jones. „Aber töten? Ich mache doch mein Spielzeug nicht kaputt!“ Sie kam auf Einladung des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros (EKJB) nach Nordfriesland und traf in Leck und Viöl Schülerinnen und Schüler der dortigen Gemeinschaftsschulen.

Veuve Noire (sprich: Wöff No-ar) ist offizielle Botschafterin der Olivia-Jones-Familie und Aushängeschild der Initiative „Olivia macht Schule“. Anna Ihme vom EKJB hatte die Veranstaltungen organisiert und freute sich sehr, dass mit der 38-Jährigen ein prominentes Gesicht der LGBTQ-Bewegung (siehe Info) nach Nordfriesland kam. Gewohnt im Umgang mit großem Publikum kam die Dragqueen schnell mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt. Und diese hatten überhaupt keine Berührungsängste, sondern stellten viele interessierte Fragen. Passend zu ihrem Namen kleidet sie sich ausschließlich schwarz und braucht, so erfuhren die Jugendlichen, volle drei Stunden, um sich fertigzumachen. Dennoch sei ihr Outfit keine Verkleidung, sondern Teil ihrer Identität, die sie als die eines „homosexuellen Mannes im Körper einer heterosexuellen Frau“ beschreibt.

„Be more rainbow“ (sei mehr Regenbogen!) – unter diesem Titel hatte das EKJB ein Projekt für mehrere Zielgruppen ins Leben gerufen. Für Sechs- bis Zehnjährige schafften sie das Bilderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“ an und gaben es an Grundschulen und Kirchengemeinden mit Anregungen für die pädagogische Arbeit weiter. Pastorinnen und Pastoren setzten sich in einem Konvent mit dem Thema auseinander, und auf Kreisebene gibt es einen Fachtag für die pädagogisch Mitarbeitenden. Für Kinder und Jugendliche außerhalb der Schulen gab es außerdem eine Postkartenaktion und die Aufforderung, Nordfriesland mit Straßenkreide bunt zu machen als Zeichen gegen Rassismus und Intoleranz.

Die Begegnung mit Veuve Noire war einer der Höhepunkte des Projekts. Knapp 350 junge Menschen hörten gespannt zu, als die Dragqueen von ihrem Leben und den zahlreichen Repressalien erzählte, die sie erlitten hatte. Richtig glücklich sei sie erst, seit sie Mitglied der Olivia-Jones-Familie sei und in deren Auftrag in Schulen und Kindergärten Aufklärungsarbeit für ein Leben in Vielfalt, Gleichberechtigung, Respekt und Freiheit mache. Das EKJB will mit diesem Projekt geschlechtliche Vielfalt sichtbar machen und LGBTQ in die Mitte der Gesellschaft holen. „Wir als EKJB glauben, dass Gott jeden von uns wunderbar gemacht hat“, sagt Anna Ihme. „Es ist egal, wen du liebst. Hauptsache, du liebst.“

Info: LGBTQ ist die Abkürzung für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen. Etwa 7,5 Prozent der Deutschen identifizieren sich als LGBTQ, das sind rund sechs Millionen Menschen. Statistisch gesehen sind also in jeder Schulklasse, jeder Kindergarten – oder Konfirmandengruppe Persönlichkeiten, die sich mit den heterosexuellen Normen nicht identifizieren können. Die Regenbogenflagge gilt als Symbol für ihren Kampf gegen Diskriminierung, Unterdrückung, Gewalt und Ausgrenzung.

Dem Klimawandel begegnen

Dem Klimawandel entschieden zu begegnen hat sich der Kirchenkreis Nordfriesland vorgenommen: Schon auf der Sitzung im November des vergangenen Jahres hatte die Synode beschlossen, dass der Kirchenkreis – und zwar mit allen Gemeinden, Gebäuden und Einrichtungen – bis zum Jahr 2031 klimaneutral sein wolle. Eine Steuerungsgruppe beschäftigt sich seitdem mit den dafür nötigen Maßnahmen. In kleinen „World-Café“-Runden diskutierten die Synodalen nun über konkrete Schritte und brachten so ihre Ideen in den Prozess mit ein.

Matthias Marx, Klimaschutz-Manager des Kirchenkreises, brachte gemeinsam mit Pastorin Inke Thomsen-Krüger die Diskussionsgrundlage ein: Den Klimawandel jetzt noch zu stoppen sei sehr schwierig, aber nicht unmöglich, machte er deutlich und unterschied zwischen Klimaneutralität, CO2-Neutralität und Treibhausgasneutralität. CO2-Neutralität kann vornehmlich erreicht werden durch die Verminderung fossilen Brennstoff-Verbrauchs. Treibhausgasneutralität erfordert auch die Reduzierung von Methangas-Emissionen, die vornehmlich in der Tierhaltung entstehen, und Lachgas, das in Düngemitteln enthalten ist. Klimaneutralität als höchstes Ziel erfasst alle vom Menschen verursachten Umwelteinflüsse. Wie komplex das Ganze ist, wurde schon in der Themenbeschreibung für die World-Cafés deutlich: Es geht um den Energieverbrauch kirchlicher Gebäude, um Mobilität und Gremienstruktur, um die nachhaltige Beschaffung von Verbrauchsgütern, um die Bewirtschaftung kirchlicher Ländereien, um Windkraft und Photovoltaik. Und schlussendlich geht es darum, in der Kommunikation um Verständnis zu werben und eine Bewegung zu initiieren, die nicht von Angst und Druck geprägt ist, sondern von Freude, Gemeinschaft und Hoffnung.

„Hoffnung ist unsere Kernkompetenz als Kirche“, das hatte Pastorin Gesche Schaar aus Rödemis schon bei der Andacht zu Beginn gesagt. Und diese Hoffnung war auch an anderen Punkten der synodalen Tagesordnung zu spüren. Die Eiderstedter Kirchen zum Beispiel: Propst Jürgen Jessen-Thiesen berichtete vom Stand der Dinge. Die Sanierung habe begonnen. Und obwohl mit einer 30prozentigen Baukostensteigerung zu rechnen sei, werden die meisten Projekte gut und zügig abgewickelt werden können. Für die St.-Nikolaikirche Kotzenbüll erhofft der Kirchenkreis aufgrund ihres sehr hohen Sanierungsbedarfs dringlich, dass der Bund sich an den gestiegenen Kosten beteiligt.

Aus der Mitte der Synodalen setzte er weitere Hoffnungszeichen: Die Kirchengemeinde Husum erzählte von ihrer Zusammenarbeit mit der Orthodoxen Gemeinde, die jetzt, wo so viele Ukrainer hier Schutz suchen, besondere Bedeutung habe. Pastor Christian Raap aus Schobüll berichtete von den ökumenischen Andachten mit viel Musik, die verschiedene Gemeinden und Gruppen im Kongresscentrum anbieten, wo die Geflüchteten zunächst unterkommen. Das Pastorat in Oldenswort, das zurzeit leer steht, diente einer ukrainischen Familie als Unterkunft. Hoffnungszeichen gab es auch aus fusionierten Gemeinden, aus Regionen, die aufeinander zugingen, aus der Diakonie, die die Tafelarbeit stärkte, und von den Husumer Horizonten, die ihren Neubau im Heckenweg beziehen konnte.

Die Krieg in der Ukraine war mehrfach Thema: Carsten Sörensen fand in seinem Grußwort als stellvertretender Landrat sehr scharfe Worte gegen die russische Invasion. Pastor Friedemann Magaard und die Synodale Finja Belusa berichteten von der Nordkirchensynode, die sich sehr intensiv damit befasst hatte und zu einer umsichtigen und doch klaren Stellungnahme gefunden hatte.

Mit 49 von 99 Synodalen war die Synode, die in Präsenz stattfand, nicht beschlussfähig. Einer der Gründe mag die Pandemie-Entwicklung sein: Sowohl Pröpstin Annegret Wegner-Braun als auch Präses Dr. Jürgen Kolk fielen wegen einer Corona-Erkrankung aus. „Bitte geben Sie das weiter: Bei der nächsten Synode im November sind wichtige Entscheidungen zu treffen, die zum einen die Maßnahmen zur Treibhausgasreduzierung, zum anderen aber auch die Synode und ihre Zukunft betreffen“, bat stellvertretender Präses Andreas Raabe die Anwesenden eindringlich.

Juni-Synode 2022

Christoph von Stritzky geht in den Ruhestand

Husum – Die Kirche ist einerseits ein großes Unternehmen, andererseits aber auch ein soziales Gefüge von Menschen, die sich ehren-, haupt- und nebenamtlich für die Sache des Glaubens begeistern und engagieren. Die Strukturen sind straff, aber die Hierarchien sind flach. Das bedeutet: Alle dürfen mitreden, mitentscheiden und mitgestalten. Das klingt gut und ist es auch. Aber es ist manchmal auch kompliziert. Schwierige Prozesse zu begleiten, in Krisen zu unterstützen, Teamarbeit zu stärken und dabei die Entwicklung der Organisation als Ganzer im Blick zu behalten, ist Aufgabe von Personal- und Organisationsentwicklung (POE). Einer der ersten in dieser Fachdisziplin ist Christoph von Stritzky. Nach 27 Jahren POE im Kirchenkreis Nordfriesland wurde er nun in den Ruhestand verabschiedet.

Dabei begleiteten ihn Freunde und Weggefährten, so zum Beispiel Dr. Kay-Ulrich Bronk, der mit von Stritzky im ehemaligen Kirchenkreis Südtondern und bei der Fusion der Kirchenkreise eng zusammenarbeitete, und Friedemann Magaard, der elf Jahre lang als Leiter des Christian Jensen Kollegs das von Bronk und von Stritzky auf den Weg gebrachte Format „Mitarbeiter qualifiziert führen“ (MQF) weiterentwickelte und mit von Stritzky durchführte. Gekommen waren auch Vertreter der Gesellschaft für Gemeindeberatung und Organisationsentwicklung (GfGO) auf Nordkirchenebene, deren Vorsitzender von Stritzky zehn Jahre lang war, sowie der Gesellschaft für Gemeindeberatung/Organsiationsentwicklung (GBOE) der Evangelischen Kirche in Deutschland. Pröpstin Annegret Wegner-Braun sprach ihn feierlich von seinen Pflichten frei und segnete ihn.

Christoph von Stritzky begleitete in seiner Dienstzeit zahlreiche Einzelpersonen, Gruppen, Teams und Gremien Nordfrieslands in deren Entwicklungsprozessen. Zuletzt lag ein Schwerpunkt auf der  Konfliktberatung und Organisationsentwicklung in den Kindertagesstätten. Die Jahresfortbildung MQF, an der bisher mehr als 350 Menschen teilnahmen entwickelte sich zu einem Format, dass im ganzen Bereich der Nordkirche Anerkennung und Nachfrage fand und sogar vom  Partnerkirchenkreis Santa Katarina in Brasilien übernommen wurde.

Als Pastorin eingeführt: Katja Kretschmar

Husum – Es ist ein langer Weg, bis eine Pastorin, ein Pastor endlich fest angestellt ist: Da ist das Studium mit mindestens zehn Semestern, dann das Vikariat und schließlich die Probezeit, die bei Kirchens dreieinhalb Jahre dauert. Für Katja Kretschmar war der Weg noch ein bisschen länger: Vom Dienstantritt in Husum bis zu ihrer feierlichen Einführung gestern in der Versöhnungskirche dauerte es fast fünf Jahre. Drei Mal war das Fest wegen Corona verschoben worden, um so schöner und fröhlicher wurde es dann aber schlussendlich. Zahlreiche Menschen waren gekommen, die ihre Pastorin schätzen und gern haben, viele von ihnen blieben, um anschließend im Pastoratsgarten beim Gemeindefest noch ein wenig zusammenzubleiben.

Dies sei ein Tag, der für 1000 andere stehe, sagte Propst Jürgen Jessen-Thiesen in seiner Ansprache. Er erinnerte an den Beginn ihrer Dienstzeit, da war gerade das Reformationsjubiliäum groß gefeiert worden, und das war wie ein Auftakt für die kommenden Jahre gewesen. Seitdem habe sich viel geändert: Die Kirchengemeinde Husum entstand und Katja Kretschmar wurde Teil eines gut funktionierenden Pfarrteams. Im Zusammenhang mit der Pandemie entstanden digitale Formate, und die Pastorin entwickelte einen digitalen Adventskalender. Besonders am Herzen liegen ihr die Konfirmanden der Rungholtschule und die Andachten in den Husumer Werkstätten. Kinder- und Familienarbeit gehört zu ihren Schwerpunkten. Für den Valentinstag etablierte sie einen Gottesdienst in der Versöhnungskirche für Verliebte. „Wir freuen uns, dass Sie da sind“, sagte der Propst. „Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie, dass Sie sich weiterhin in Husum wohlfühlen.“ Der Chor Cantabile begleitete den Gottesdienst musikalisch, die Orgel spielte Dr. Jan Christoph Hadenfeld, ein Schwager der Pastorin.

Bei strahlendem Sonnenschein ging das Fest draußen weiter. Bürgervorsteher Martin Kindle ließ es sich nicht nehmen, der Pastorin die Glückwünsche der Stadt zu überbringen, und auch der Gemischte Chor Husum brachte ein Ständchen. Viele Kinder tobten in der Hüpfburg und mit den Riesenbällen, die das Evangelische Kinder- und Jugendbüro zur Verfügung gestellt hatte. Ehrenamtliche hatten Kuchen gebacken und sorgten dafür, dass alles reibungslos lief. „Das war ganz großartig, weil auch ganz viele Hände mitgeholfen haben“, schrieb Katja Kretschmar am Abend bei Facebook. „Vielen Dank dafür!“

Soll ich dir das mal zeigen?

Endlich wieder auf Fahrt gehen! Endlich wieder in Zelten schlafen, am Feuer sitzen und singen mit vielen anderen Pfadfinderinnen und Pfadfindern! – Voller Freude und Dankbarkeit trafen sich mehr als 230 junge Leute aus acht nordfriesischen Stämmen zum Pfingstlager am Ratzeburger See, das schon lange Tradition in der Nordkirche hat, aber wegen Corona zwei Mal hintereinander ausgefallen war. So erlebten viele das große Treffen zum ersten Mal, und so mancher Handgriff musste neu gelernt werden. Dabei half jede jedem, oft eingeleitet mit der Frage: „Soll ich dir das mal zeigen?“

Insgesamt trafen sich in Ratzeburg rund 1100 junge Menschen aus über 75 evangelischen Pfadfinderstämmen der Nordkirche. Sie feierten Gottesdienst, bastelten, werkelten und veranstalteten kleine Wettkämpfe. So viele unterschiedliche Menschen verbunden in einem Geist – das Pfingstwunder auf pfadfinderisch. „Allzeit bereit!“ ist das Motto der Pfadfinder – und so blieben viele bis zum Pfingstmontag und halfen bei den Jubiläumsfeierlichkeiten der Nordkirche, die sich vor zehn Jahren gegründet hatte.

Frischer Wind zu Pfingsten

Ein ordentlich frischer Wind wehte am Pfingstmontag in Dagebüll am Deichtorplatz. Das schreckte aber die sturmerprobten Nordfriesen nicht ab: 125 Menschen besuchten den Open-Air-Gottesdienst der Region IV, der zugleich Abschlussgottesdienst der Visitationswoche mit Pröpstin Annegret Wegner-Braun war.

„Die Visitation ist Ausdruck der Gemeinschaft und der Einheit der Kirche in der Gesamtheit
ihrer Lebensäußerungen“, heißt es im Visitationsgesetz der Nordkirche. „Sie soll helfen, den Auftrag der Kirche in Gottesdienst, Sakramentsverwaltung, Amtshandlungen, Seelsorge und Unterweisung zu erfüllen.“ – In diesem Sinne war die Pröpstin in der Region unterwegs, zu der die Kirchengemeinden Langeneß, Oland und Gröde, Dagebüll und Fahretoft, Enge, Stedesand, Risum-Lindholm, Leck, Ladelund und Karlum gehören. Sie traf sich mit den Mitarbeitenden und besuchte Kindergärten, nahm am Konfirmandenunterricht teil und begegnete vielen Bürgermeistern und Kirchengemeinderäten. „Ich habe die Liebe gespürt, mit der Sie sich für Ihre Gemeinden und den Glauben engagieren“, sagte sie in ihrer Predigt, die sich um Mose und die Berufung der 70 Ältesten drehte. „Keiner kann alles, und keiner kann alles alleine“, sagte sie und wies auf die Kirchenwahl am 1. Advent und die Möglichkeit, sich im Kirchengemeinderat zu engagieren, hin.

Ein großer Posaunenchor aus mehreren Gemeinden unterstützte den Gesang, auch wenn der Wind immer mal wieder die Notenblätter von den Ständern blies. Zahlreiche Ehrenamtliche gestalteten den Gottesdienst mit.

Digitale Kunst in St. Magnus Tating

Die großen Fenster sind mit schwarzen Tüchern verhängt. Im Gang ein weißes Segel, auf dem bunte Farben flackern. Am Altar bewegen sich Bilder, helle Flügel und ein überdimensionales Auge, das wachsam nach unten blickt. Monitore in der Apsis zeigen grellbunte Szenen, in den Fenstern des ehemaligen Beichstuhls dreht sich Dreidimensionales, im Gewölbebogen wandeln sich Bilder von Heiligen ineinander – es ist eine besondere Ausstellung, die im Rahmen von „Kunst in der Kirche“ in diesem Jahr in St. Magnus in Tating zu sehen ist. Sie zeigt digitale Kunst, und das ist Kunst in Bewegung.

„Wir wollen ein bisschen provozieren und zwei Welten zusammenbringen“, erklärt Kuratorin Kasia Kohl im Interview mit dem NDR. Sie hat die Ausstellung organisiert und dafür ganz unterschiedliche Künstler und Kunstwerke gewinnen können. Der Kontrast könnte größer nicht sein: Die altehrwürdige St.-Magnus-Kirche, die seit 1104 fest in Tating gegründet ist, und für Tradition und Beständigkeit steht, füllt sich mit Bildmaterial des 21. Jahrhunderts, das den beständigen Wandel repräsentiert. Der Betrachter kann sich dem kaum entziehen, wird mit hineingenommen, verharrt im Schauen und versteht im Erleben.

Das ist durchaus provokant. „Was ist Wahrheit“, fragte dann auch Michael Goltz in seiner Predigt beim Eröffnungsgottesdienst. Und dabei ging es auch um die Frage, was denn erlaubt ist in einer Kirche. „Es gibt nicht die eine, unumstößliche Wahrheit“, sagte der Pastor, „und ich freue mich, wenn wir ins Gespräch kommen.“ Und auch Kasia Kohl betont: „Wir freuen uns sehr, wenn da Kommunikation entsteht.“

Die Ausstellung ist noch bis Oktober 2022 zu sehen, die Kirche ist geöffnet von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Mehr Info unter www.kirche-spot.de