Einander Würde geben

Es gibt so schöne Weihnachtslieder, und jedes ist mir lieb und wert. Ohne „O du fröhliche“ kann ich mir Weihnachten nicht denken, und auch „Stille Nacht, heilige Nacht“ gehört irgendwie dazu. Aber gefragt nach meinem liebsten Weihnachtslied fällt die Antwort mir leicht: Es ist „Ich steh an deiner Krippen hier“ von Paul Gerhard.

Es ist so schön sinnlich – wie Weihnachten! „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen. Und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen“ – das Lied versetzt mich mit meinen Sinnen und Gedanken in den Stall von Bethlehem. Ich kann mit Paul Gerhard an der Krippe stehen, und alles, was mein Leben ausmacht, alles, was mich bewegt, alles, was mich sorgt, das bringe ich mit.

So bin ich da – mitten im Stall an der Krippe bei Maria und Josef. An der Seite der Hirten und der heiligen drei Könige beuge ich mich über die Krippe – sehend, staunend, anbetend. Erfüllt von „siehe, ich verkündige euch große Freude“.

Diese Szene im Stall ist für mich das Urbild der Zuwendung und des Hinsehens, der Anbetung und der Ehrfurcht, des Staunens und der Freude. Nichts brauchen wir dringender als das.

Denn stellen Sie sich vor, wir würden einander so begegnen: voller Ehrfurcht und Respekt, voll des Staunens und der Freude aneinander. Dann gäbe es keine niederträchtigen Herablassungen und keine Gleichgültigkeit, keine menschenverachtende Abgrenzung und kein „was gehen mich die anderen an?“.
Maria und Josef, die Hirten und die heiligen drei Könige bestaunten das Kind, klein und schwach, aber voller Lebendigkeit. Ein Haufen Elend, doch auch ein Bündel Hoffnung.
Stellen sie sich vor, wir würden allem Elenden und Schwachen, allem Kleinen und Zerbrechlichen in unserem Leben so begegnen: staunend, wertschätzend, erwartungsvoll, verheißungsvoll. Wir würden etwas erfahren von dem „Frieden auf Erden“ und dem Frieden mit uns selbst.

Es ist ein sehr würdiger Moment, der in dem Lied von Paul-Gerhard beschrieben wird. Er gibt dem Leben Würde. Dem Leben des kleinen Kindes und derer, die „sonst keine Herberge“ haben. Dem Leben der Hirten, die arm und verachtet sind genauso wie dem Leben der Könige und Menschen, die auf der Suche sind.

Er gibt meinem Leben Würde. Denn Paul Gerhard schreibt: „So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“ – wie schön!
Ich wünsche Ihnen zu Weihnachten Momente der Stille, des Staunens und der Anbetung. Und dass Sie dann weiter und ins kommende Jahr gehen können mit neuer Kraft und Inspiration.

Ihr Propst
Jürgen Jessen-Thiesen

Eka von Kalben und Kirchenkreisarchitekt Pieter Dubbeldam

Mitreißendes Engagement für Eiderstedt

Eiderstedt – Das Problem ist nicht ein bisschen abblätternde Farbe oder ein zugiges Fenster. Bei den Eiderstedter Kirchen geht es um 18 Gotteshäuser, die teilweise einsturzgefährdet sind. Auf dem Spiel steht eine ganze Landschaft, die ohne ihre Kirchen nicht mehr so wäre wie sie ist. Es geht um die Sorge, dass unwiederbringlich verloren sein könnte, was Menschen über Jahrhunderte prägte und begleitete. Das deutlich zu machen war Ziel einer Bereisung, zu der der Kirchenkreis Nordfriesland Eka von Kalben, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag, und MdL Andreas Tietze ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen eingeladen hatte.

Kirchen sind auf Eiderstedt landschaftsprägend
„Es geht um sehr viel mehr als um die Sanierung von Kirchen“, betonte Propst Jürgen Jessen-Thiesen bei der Begrüßung. „Eiderstedt ist ein Anziehungspunkt für Touristen mit wachsender Bedeutung, es ist geprägt durch die vielen Kirchen, das Ensemble ist bundesweit einzigartig.“
Von der touristischen Bedeutung der Kirchen erzählte zum Beispiel Pastorin Inke Thomsen-Krüger in Oldenswort. Sie berichtete von ihrer Arbeit mit Pilgerinnen und Pilgern: Im Gemeindehaus hat die Kirchengemeinde eine schlichte Herberge eingerichtet, und von Oldenswort aus bietet die Seelsorgerin geistlichen Touren zu den Nachbarkirchen oder auch mal ins Wattenmeer an. „Das ist Slow-Tourism“, merkte Andreas Tietze nachdenklich an. „Das ist genau das, was wir wollen.“

Kummer machen die Sanierungsversuche früherer Generationen
Sechs Kirchen standen auf dem Reiseplan für die beiden Abgeordneten. An jeder erklärte Kirchenkreis-Architekt Pieter Dubbeldam die Probleme: Mal sind es Warften, die sich absenken, mal ist es ein Gewölbe, das einzustürzen droht. Kummer machen vor allem die Sanierungsversuche früherer Generation. So hat man mit Zement oder neueren, härten Steinen versucht, Schäden zu kitten und damit auf lange Sicht das Problem vergrößert: Denn Zement lässt die Feuchtigkeit nicht durch, die Steine saugen sich voll wie ein Schwamm und sprengen schließlich bei Frost die Zementverfugungen weg. In Tönning sind Eisennägel für die Befestigung der Schiefertafeln verwendet worden, und die rosten natürlich. „Wir versuchen, möglichst originale Baustoffe bei der Sanierung zu verwenden – die haben immerhin Jahrhunderte gehalten.

Zuschuss vom Land – wie geht das?

Andreas Tietze, Eka von Kalben, Jürgen Jessen-Thiesen und Pieter Dubbeldam vor der Kirche in Kotzenbüll.

Das „Projekt zum Erhalt der Kirchenlandschaft Eiderstedt“ ist auf acht Jahre angelegt, mit der Fundraising-Aktion „Eiderstedter Schutzengel“ wirbt der Kirchenkreis Spendengelder ein. Mehr als 18 Millionen Euro wird die Sanierung kosten. Der Bund hat eine Zusage über die Hälfte gegeben, jetzt bemüht sich der Kirchenkreis um weitere Zusagen für den anderen Teil, den er nicht alleine tragen kann. Ralf Pehmöller, Gesamtkoordinator des Projekts, führt gemeinsam mit dem Propst Gespräche mit Politikern vieler Fraktionen im schleswig-holsteinischen Landtag. „18 Millionen Euro – das ist ja auch in Konjunkturpaket“, sagte er. „Wir wollen die Bundesmittel hier in der Region investieren.“
Eine Zusage konnte Eka von Kalben bei der Bereisung nicht geben, aber sie gab wertvolle Hinweise, was die nächsten Schritte sein könnten. „Diese verborgenen Schätze auf Eiderstedt haben mich zutiefst beeindruckt“, sagte sie. „Mitreißend, wie begeistert die Eiderstedter sich für ihr besonderes Kulturgut einsetzen. Was so viele Jahrhunderte überlebt hat, darf jetzt nicht zerfallen.“

Halleluja! Händels Messias in Husum

Husum – „Halleluja! Denn Gott der Herr regieret allmächtig!“ – mit Pauken und Trompeten schließt Händel den zweiten Teil seines Oratoriums „Der Messias“. In der voll besetzten Marienkirche gaben gestern Chor und Orchester dieses Stück als Zugabe bei weit geöffneter Tür, so dass der Lobpreis über den Weihnachtsmarkt in die Welt schallte.

Im Unterschied zu anderen Oratorien hat der Messias keine Handlung, sondern besteht ausschließlich aus Bibelstellen. Im ersten Teil sammelte Charles Jennens 1741 Texte über Verheißung und Geburt des Heilands, im zweiten Teil geht es um Passion und Auferstehung, im dritten schließlich um Erlösung. So umfasst der Messias die ganze Heilsgeschichte und deutet theologisch das Leben Jesu als Rettungshandeln Gottes durch sein Leben, Sterben und Auferstehen. Jennens bat Georg Friedrich Händel, diese Texte zu vertonen. Im April 1742 wurde das Werk schließlich mit großem Erfolg in Dublin uraufgeführt.

In nur sechs Proben hatte die Husumer Stadtkantorei sich auf dieses Projekt vorbereitet und dazu Gastsänger aus dem ganzen Kreisgebiet eingeladen. Insgesamt standen gut 70 Sängerinnen und Sänger auf der Tribüne im Altarraum der Marienkirche. Kai Krakenberg führte sie und das Orchester aus Mitgliedern norddeutscher Sinfonie-Orchester mit klarer, musikalischer Linie – überaus akzentuiert – durch 33 Partituren.

Überzeugend waren die Solisten: mit warmen Timbre Altistin Susanna Frank, ausdrucksstark der Tenor von Victor Schiering und kraftvoll Hongyu Chen als Bass, der für Ulf Bästlein eingesprungen war. Herausragend gestaltete die Sopranistin Frøya Gildberg die anspruchsvollen Koloraturen. „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet“ sang sie hingebungsvoll mit klarer und doch warmer Stimme und zog so das Publikum in ihren Bann. Auch die Bass-Arien mit Hongyu Chen, die Händel teilweise so komponiert, dass das Orchester die Melodien parallel spielt, waren eindrucksvoll dicht und sauber abgestimmt. Kai Krakenberg hatte zu jedem Zeitpunkt guten Kontakt zu Musikern und Sängern, er leitete konzentriert und führte die musikalische Gemeinschaft durch kniffelige Stellen hindurch. So ist das berühmte Halleluja, das so leichtfüßig und fröhlich wirkt, ein schwieriges Stück mit wechselnden Klangfarben und Rhythmen, bei dem Händel die Stimmen kunstvoll fugisch miteinander verwebt, so dass es von den Sängerinnen und Sängern viel Konzentration erfordert. Bei der Zugabe stimmte dann alles, und das Publikum bedankte sich mit herzlichem Applaus.

Foto: Herbert Müllerchen

Hinsehen, wo andere wegsehen

Husum – Christa Graunke ist „Mensch des Jahres 2017“. Leserinnen und Leser der Husumer Nachrichten wählten die 73-Jährige, die seit 25 Jahren ehrenamtlich in der Suppenküche des Diakonischen Werks (DW) Dienst tut, für diese besondere Auszeichnung. Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (shz) rief diese Aktion 2002 ins Leben, um das Ehrenamt in der Gesellschaft zu würdigen.

Lobende Worte von Kreispräsident Heinz Maurus
Kreispräsident Heinz Maurus fand wertschätzende Worte für alle vier Kandidaten: Daniela Dorn (39) setzt sich in besonderer Weise für den Tierschutz ein. „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandeln“, zitierte er den indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi. „Tiere sind Geschöpfe Gottes wie wir“, sagte Maurus, „sie haben Gefühle, Bedürfnisse und Würde.“ Nominiert war auch der 17jährige Gunnar Jensen, der sich in vielfältiger Weise in die Kommunal- und Schulpolitik einbringt. „Wir brauchen Sie“, sagte Maurus, das jugendliche Engagement in Norstedt sei vorbildlich und zeichne die Gemeinde vor anderen aus. Mit einer ganz spontanen Initiative kam Kathrin Lutz zu Ehren. Die 31jährige Eiderstedterin organisiert via Facebook einen Fahrdienst, der täglich eine ältere Dame zu ihrem Ehemann ins Pflegeheim fährt. „Sie geben ein Gegenbeispiel gegen die zunehmende Entsolidarisierung“, lobte Maurus.

Arme sind nicht sozialschwach, sie sind ökonomisch schwach
Nachdenkliche Töne schlug der Kreispräsident bei der Würdigung von Christa Graunke an. „Wo andere wegsehen, sehen Sie hin“, sagte er. In der Suppenküche der Bahnhofsmission gibt es jeden Tag für wenig Geld eine warme Mahlzeit. Waren es früher überwiegend Obdachlose, die dieses Angebot nutzten, sind es jetzt zunehmend auch Rentner, die alleine kaum mehr auskömmlich leben können. „Sozialschwach, das sagte man früher“, so Maurus, „das ist aber Unsinn.“ Arme Menschen seien nicht sozial schwach, sie seien ökonomisch schwach. Sozial schwach seien eher die, die viel hätten, aber nichts gäben. Christa Graunke habe trotz ihrer vier Kinder und mehrere Pflegekinder sowie der Betreuung einer behinderten Nachbarin immer Zeit fürs Ehrenamt gefunden. „Das ist gelebte Nächstenliebe, wie sie im Buche steht, das heißt in diesem Fall im Buch der Bücher, der Bibel.“

Viele Gäste begleiteten die Würdigung Der Fortunasaal des Husumer Schlosses war gut gefüllt: Die gesamte Husumer Redaktion hatte sich für die Ehrung Zeit genommen, Bürgervorsteher Peter Empen, Propst Jürgen Jessen-Thiesen, Volker Schümann, Geschäftsführer des DW und Mitarbeitende der Bahnhofsmission waren der Einladung des shz gefolgt. „Für uns sind Sie alle Gewinner“, sagte Redaktionsleitung Friederike Reußner mit Blick auf die vier Kandidaten, „für mich und meine Kollegen ist dieser Tag eine Gelegenheit, Ihnen Dank zu sagen für Ihr Engagement.“

Herzlich Willkommen, Katja Kretschmar!

Husum – Mit großer Herzlichkeit begrüßte am 2. Advent die Kirchengemeinde Versöhnungskirche ihre neue Pastorin: Sie heißt Katja Kretschmar und ist 38 Jahre alt. Seit einigen Wochen wohnt sie schon mit ihrem Mann Joachim und ihren drei Kindern im Pastorat, jetzt wurde sie offiziell der Gemeinde durch Propst Jürgen Jessen-Thiesen vorgestellt.

Wir freuen uns, dass du da bist
„Wir freuen uns so, dass du da bist“, sagte Arndt Schultz, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, und sprach damit für viele. Der Kirchengemeinderat habe die sympathische Theologin sofort ins Herz geschlossen, und die ersten Wochen der Zusammenarbeit hätten diesen positiven ersten Eindruck noch bestärkt.
Für die Kirchengemeinde enden damit unruhige Jahre. Seit Pastor Hajo Stark 2011 in den Ruhestand ging, gab es immer wieder Vakanzen und krankheitsbedingte Vertretungen, die den Kirchengemeinderat und die Nachbar-Pastoren in Atem hielten. Ihnen dankte der Propst sehr herzlich für all ihren Einsatz.

Die frohe Botschaft in die Gemeinde tragen
Katja Kretschmar indessen fühlt sich sichtlich wohl in der Gemeinde: Fröhlich und souverän gestaltete sie ihren Gottesdienst in der Versöhnungs-Kirche, die eigens dafür ein paar Tage lang vorgeheizt wurde – ein Luxus, den sich die Gemeinde im Winter nur zu besonderen Anlässen gönnt. Die „normalen“ gottesdienstlichen Feiern finden in den kalten Monaten im Gemeindehaus statt. Eine „Eselin“ wäre sie gerne für die Gemeinde, so die Theologin, die in Rom und Heidelberg studiert und fünf Jahre an der Schleiermacher-Forschungsstelle in Kiel gearbeitet hat. Damit erinnerte sie an den Einzug Jesu in Jerusalem: Eine Eselin hatte ihn getragen und damit die frohe Botschaft in die Stadt gebracht. Joachim Kretschmar ist übrigens auch Theologe und ist als Studienleiter der Evangelischen Akademie in Breklum tätig. Katja Kretschmar hat auf eigenen Wunsch nur eine halbe Stelle in der Gemeinde. Ab März, so ist es geplant, wird Christian Raap aus Schobüll die andere Hälfte besetzen. Das gab der Propst im Gottesdienst bekannt.

Wenn Sie auf das Bild klicken, öffnet sich das Flickr-Album.
Vorstellung Katja Kretschmar

600 Schutzengel spendeten über 80000 Euro

Seit Anfang des Jahres wird in Eiderstedt kräftig für die Kirchen gesammelt. Die großen Banner an den alten Kirchenmauern machen es für jeden sichtbar. „Eiderstedter Schutzengel“ heißt das Projekt, mit dem der Kirchenkreis Nordfriesland die 18 Eiderstedter evangelischen Kirchen vor dem Verfall retten möchte.
„Jeder, der für die Eiderstedter Kirchen spendet, wird zum Schutzengel für eine Kirche, weil er – wie ein Engel – hilft, etwas zu schützen und bewahren, nämlich wunderschöne, alte Kirchen“, sagt Pastor Michael Goltz, der die Spendenaktion organisiert. „Man kann bei der Spende wählen, ob das Geld für eine bestimmte Kirche verwendet werden soll, oder für die gesamte Aktion, also den Erhalt der Eiderstedter Kirchenlandschaft.“

Wind und Wetter gefährden die Kirchen
Dass die Eiderstedter Kirchen baufällig sind, ist schon länger bekannt. Der Zahn der Zeit nagt an den zum Teil über 900 Jahre alten Gebäuden. Steine fallen aus dem Mauerwerk und gefährden die Besucher. Viele Dächer sind undicht oder nur noch notdürftig gedeckt, so dass Wind und Nordseewetter die wertvollen Kunstwerke im Innern angreifen. Zwei Kirchen sind sogar einsturzgefährdet. In der Oldensworter Kirche wurden bereits erste Sicherungsmaßnahmen durchgeführt, um die Kirche zu retten. Dennoch darf ein Teil des schönen, alten Gebäudes nicht mehr betreten werden.

Gesamtkosten: 18 Millionen Euro
Die Kosten, die auf den Kirchenkreis Nordfriesland zukommen, sind enorm, insgesamt 18,65 Millionen Euro wird die Sanierung der Eiderstedter Kirchen kosten. Der Haushaltsausschuss des Bundes hat jedoch Hilfe zugesagt, indem er die Hälfte der Kosten übernimmt. Dafür musste der Kirchenkreis Nordfriesland die Finanzierung der anderen Hälfte zusichern. Die fehlenden Mittel sollen hauptsächlich über Eigenmittel, Zuschüsse und Kredite aufgebracht werden. Ein Teil – 1,3 Millionen Euro, also sieben Prozent der Gesamtsumme – soll innerhalb von acht Jahren durch Spenden erreicht werden. In jedem Fall werden alle Kirchen saniert, das sei die Bedingung für die Finanzierung durch den Bund gewesen.

Spenden anstelle von Geschenken
Im ersten Jahr sind über 80000 Euro an Spenden zusammengekommen, bilanziert Pastor Michael Goltz. Fast 600 Menschen haben zwischen zehn und 10000 Euro gespendet. Einige haben sogar ihre Geburstagsfeier zum „Schutzengel-Geburtstag“ gemacht und statt um Spenden für die Kirchen anstelle von Geschenke gebeten. „Die Kirchengemeinden und der Kirchenkreis Nordfriesland sind sehr dankbar für die großartige Unterstützung“, sagt Propst Jürgen Jessen-Thiesen.
Und vielleicht kommt ja noch die eine oder andere Spende vor Weihnachten dazu, hofft Pastor Michael Goltz. „Schließlich sind Engel zu Weihnachten besonders aktiv.“

Info:
Die 18 historischen Kirchen auf Eiderstedt sind vom Verfall bedroht! Die fachgerechte Sanierung wird viel Zeit und Mittel in Anspruch nehmen. Darum braucht der Kirchenkreis Nordfriesland „Schutzengel“, die sich für den Erhalt dieser einzigartigen Kulturlandschaft einsetzen. Jede Spende hilft und wird dringend gebraucht.
Machen Sie mit – werden auch Sie zum Eiderstedter Schutzengel!

Spendenkonto
Kirchenkreis Nordfriesland
IBAN: DE80 5206 0410 0206 4028 28
BIC: GENODEF1EK1

Aufgeweckt die Schöpfung gestalten

Breklum – Der Kirchenkreis Nordfriesland hat ein neues Jahresthema: „Guten Morgen – aufgeweckt die Schöpfung gestalten“ lautet es. Mit den Partnern vor Ort und weltweit will sich der Kirchenkreis für einen nachhaltigen Umgang mit der Schöpfung einsetzen. Auf dem traditionellen Jahresempfang im Festsaal des Christian-Jensen-Kollegs in Breklum stellte er das Thema vor. Das Jahresthema ist ein inhaltlicher Schwerpunkt für das neue Kirchenjahr, das am 1. Advent begonnen hat.

Gemeinsam für ein besseres Klima
Gemeinsam mit Landrat Dieter Harrsen und einem Team von Mitarbeitenden stellte Propst Jürgen Jessen-Thiesen den Gästen vor, was es in Nordfriesland bereits gibt und was noch geplant ist, um zur CO2-Einsparung beizutragen. Der Kirchenkreis zum Beispiel kauft gebündelt Ökostrom für seine Gemeinden und Einrichtungen, der Kreis will, so Landrat Harrsen, klimafreundlichster Kreis der Bundesrepublik werden. Eine Mitfahr-App und ein Online-Portal für ökofairen Einkauf gehören zu den Zielen, die sich der Kirchenkreis setzt, mehr E-Mobilität und die Förderung von E-Bikes – eine Fülle von Ideen und Plänen sind in den Arbeitsgruppen zum Jahresthema zusammengekommen. Und auch auf Kommunal- und Kreisebene ist schon viel in Bewegung, so ist zum Beispiel Niebüll bereits Fair-Trade-Town und Husum will es werden, in Klixbüll gibt es ein elektrisches Dörpsmobil und der Kreis beschäftigt sich mit dem Thema Gemeinwohl-Ökonomie.

Viele Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kirche
250 Gäste waren nach Breklum gekommen, darunter MdB Astrid Damerow (CDU) und Staatssekretär Ingbert Liebig (CDU), MdL Lars Harms (SSW), Uwe Schmitz, Bürgermeister der Stadt Husum und stellvertretende Kreispräsidentin Margarethe Ehler. Musikalisch begeisterten Gerd Beliaeff (Posaune) und Martin Sanders (Gitarre, Loops). Der Kirchenkreis lädt seit einigen Jahren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kirche zu diesem Jahresempfang nach Breklum ein.

Hinsehen, wahrnehmen, halten

Husum – Sympathisch, warmherzig und klug, dabei humorvoll und zugleich diskret – wer Gesa Kratzmann kennt, wird sie so beschreiben. 27 Jahre lang war sie Seelsorgerin in der Klinik Husum, saß an unzähligen Betten, hörte unzählige Geschichten, begegnete unzähligen Menschen und trug manches Leid mit bis zum Ende. Jetzt entband Propst Jürgen Jessen-Thiesen sie von ihren Aufgaben, Kollegen und Wegbegleitende dankten ihr herzlich für ihr Wirken und wünschten ihr Segen für den Ruhestand.

Der Dreierschritt der Seelsorge
Seelsorge geschehe in einem Dreischritt, erklärte Gesa Kratzmann in ihrer Abschiedspredigt, und dieser Dreischritt vollziehe sich oft im Schweigen und Zuhören. Er bestehe aus Hinsehen, Wahrnehmen und Halten. Genaues Hinsehen sei nötig, um zu verstehen, was Krankheit, Schmerzen und tragische Diagnosen in einem Menschen auslösen. Die Wahrnehmung geht noch einen Schritt tiefer, sie geht dem Schmerz hinter dem Schmerz nach, sucht die Person hinter der Krankheit, nähert sich der Seele des anderen unaufdringlich und unendlich vorsichtig. Und dann gilt es, zu halten und auszuhalten, was nicht änderbar ist. Nicht wegzusehen, nicht wegzugehen, sondern bleiben, wo andere sich abwenden.
„Manchmal habe ich euch beneidet, weil ihr etwas tun konntet“, sagte die Seelsorgerin mit Blick auf Ärzte und Pflegende. „Aber ich weiß, dass ihr auch manchmal mich beneidet habt, weil ich Zeit hatte zum Zuhören und zum Bleiben.“ Und sie äußerte ihren größten Respekt all denen gegenüber, die trotz großen Zeitdrucks immer wieder Zwischenräume für Zuwendung und Beistand fänden. Während sie sich anfangs noch eher auf Gynäkologie und die Onkologie spezialisiert hatte, besuchte sie später auch täglich die Intensivstation. „Wenn zum Beispiel jemand vier Wochen lang um das Leben seines Liebsten bangt, dann ist es gut und wichtig, dieses Bangen zu begleiten“, sagt sie.

Wahlheimat Nordfriesland
Einen Großteil ihres Berufslebens war die Theologin hauptberufliche Seelsorgerin und Supervisorin. Nach dem Studium in Kiel und dem Vikariat Hamburg war sie einige Jahre Pastorin in Flintbek und Bramfeld. Seelsorge war schon im Studium ihr Schwerpunkt; in den ersten Amtsjahren ließ sie sich dann zur Pastoralpsychologin ausbilden. 1990 wurde sie ans Predigerseminar Breklum gerufen. Diese Stelle war verbunden mit der Krankenhausseelsorge in Husum. „Ich bin total gerne nach Nordfriesland gezogen“, erinnert sie sich. Und die Ausbildung junger Theologinnen und Theologen habe ihr sehr viel Freude gemacht.

Seelsorge im Klinikum muss es auch in Zukunft geben
Der Dank beim Gottesdienst und beim anschließenden Empfang war groß: Propst Jessen-Thiesen lobte die 65-Jährige als einfühlsame und engagierte Pastorin, der die Begleitung von Patientinnen und Patienten ebenso wichtig war wie die Stärkung der Mitarbeitenden. Christian von der Becke, Geschäftsführer des Klinikums Nordfriesland, hob hervor, dass durch ihr Wirken die Seelsorge im Klinikum einen festen Platz habe und für die Zukunft unbedingt gesichert werden sollte.

Dr. Nils-Lennart Saß, Chefarzt der Inneren Medizin und Gastroenterologie, erinnerte an wichtige Stationen wie die Einweihung vom „Raum der Stille“ und die Gründung des Ethikkomitees, eines interdisziplinären Gremiums, das berät, wenn es Unklarheiten in Bezug auf die weitere Behandlung gibt. Dr. Andrea Magaard, Leitende Oberärztin in der Intensivmedizin und Anästhesie ist Vorsitzende des Komitees und fand sehr persönliche Worte des Dankes. „Es hat mir so gut getan, dich bei intensivmedizinischen Entscheidungen an meiner Seite zu wissen“, sagte sie.

Ein vierbeiniger Partner für den Ruhestand
Die Pastorin selbst trat – wie eigentlich immer – auch an diesem Tag eher in den Hintergrund, hörte zu, lächelte manchmal und wirkte im großen Ganzen eher nachdenklich. Zum Ruhestand will sie sich wieder einen Hund anschaffen, und die Mitarbeitenden schenkten ihr zum Abschied ein großes Hundekissen. Da lachte sie dann doch von Herzen: „Das Tier ist noch nicht einmal gezeugt, aber es hat schon einen Namen – und jetzt auch schon ein Kissen.“ Sein Name wird Selma sein.