„Ohne Geld bis ans Ende der Nordkirche“ – das hatten sich fünf junge Menschen vorgenommen. Mit dem Fahrrad wollten sie unterwegs sein von Kirche zu Kirche, von Gemeindehaus zu Gemeindehaus. Und ganz bewusst machten sie sich dabei abhängig von der Freundlichkeit und der Nächstenliebe ihrer Mitmenschen. Gestartet sind sie in Niebüll, gelandet sind sie in Rostock. 400 Kilometer haben sie geschafft – und sie wurden reich beschenkt.
„Es war ein krasses Abenteuer“, erzählt Anna Ihme, die das Projekt als pädagogische Mitarbeiterin des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros Nordfriesland geplant und organisiert hat. „Was braucht man wirklich?“, war die Leitfrage, und ein bisschen mulmig war ihr schon, als die Tour startete. Jeder Teilnehmer hatte eine Notration dabei, sie selbst als Leiterin hatte auch an ein Erste-Hilfe-Set und etwas Reparaturmaterial gedacht. Schlafsäcke und Isomatten, die Trinkflaschen mit Leitungswasser gefüllt – auf Luxus und Konsum verzichteten die jungen Menschen ganz bewusst.
Schlafplätze waren meist leicht zu finden, aber um die lebensnotwendige Nahrung zu beschaffen, mussten sie sich etwas einfallen lassen. Die Kirchengemeinde Leck ließ die jungen Leute sich am Erntealtar bedienen. So gabs dann Kartoffeln, Blumenkohl und Kohlrabi satt. In Eckernförde stellten sie auf dem Wochenmarkt ihr Projekt vor, und die Standbeschicker gaben ihnen gern. Ein absoluter Höhepunkt war, als sie am Abend ein paar Donuts abstauben konnten.
In Grevesmühlen halfen sie mit der Bitte um einen kleinen Obolus auf einer Baustelle der Kirchengemeinde – dafür bekamen sie Geld für die Rückfahrkarte. In Lübeck lud eine Familie sie zum Couch-Surfen ein. Eine bekannte Imbiss-Kette schenkte ihnen drei Portionen Pommes, ein Pastor kaufte ihnen ein frisches Brot, ein Naturkost-Laden stiftete Joghurt und Frischkäse. Durch einen Zufall landeten sie in Rostock im Haus des Propstes Wulf Schönemann, der die ganze Gruppe freundliche bekochte. „Es war immer wieder eine Überwindung zu fragen“, gibt Anna Ihme zu. Aber sie wurden immer satt und waren immer fröhlich.
Befragt nach schwierigen Erfahrungen, erzählt Clara Brandt (19): „Einmal habe ich eine ganze Stunde herumtelefonieren müssen, bis wir eine Unterkunft fanden. Das war schwierig.“ Aber es gab immer ein Happy End, und das gemeinsame Kochen am Ende des Tages war jedes Mal ein kleines Fest, so erzählt es Lona Jessen (18). Der 15jährige Boi Nielsen hatte am meisten sein eigenes Bett vermisst. „Ich hab gelernt, dass man gar nicht so viel braucht, wie man denkt. Man kommt mit viel weniger klar“, sagt Lewe Clasen (15).
Für Anna Ihme war das Projekt ein Erfolg. „Wir haben gemerkt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, sagt sie. Freundlichkeit und Ehrlichkeit hätten ihnen Türen geöffnet und Teller gefüllt. Die Jugendlichen haben Selbstvertrauen gewonnen, sind selber auch offener geworden. „Wir haben viel Nächstenliebe erfahren, dafür sind wir von Herzen dankbar“, so die Pädagogin.